Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auszeichnung für lebendige Ökumene
Kirchengemeinden Biberach und Ochsenhausen erhalten Preis der Unità Dei Cristiani
OCHSENHAUSEN - Die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden der Stadt Biberach sowie die katholische Seelsorgeeinheit und die evangelische Kirchengemeinde der Stadt Ochsenhausen haben am Samstag im Bibliotheksaal des Klosters Ochsenhausen den siebten Ökumene-Preis der Unità Dei Cristiani erhalten. Der Preis ist dotiert mit 10 000 Euro.
„Bisher haben wir sechs Ökumene-Preise vergeben, die im zweijährigen Turnus ausgelobt werden“, sagte Max Semler, Präsident der Unità Dei Cristiani (Einheit der Christen-Ökumene) bei seiner Begrüßung. Mit diesem Preis werden Menschen und Institutionen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für die Ökumene und für die Zusammenarbeit zwischen den christlichen Konfessionen einsetzen und sie in ihrer praktischen Arbeit umsetzen. „Wir haben uns davon überzeugt, dass die ausgewählten Preisträger seit vielen Jahren im ökumenischen Geist zusammenarbeiten“, sagte Semler.
„Wo Gott verstanden wird, da ist immer Freude“, zitierte Lutz Keil als ehrenamtlicher Vertreter des Biberacher Oberbürgermeisters Norbert Zeidler den Schweizer Pfarrer Karl Barth. Das Erinnern an die Reformation sei im vergangenen Jahr in Biberach auch außerhalb der Kirchenmauern zu spüren gewesen.
Im Miteinander von Pfarrer und engagierten Mitarbeitern wachse eine Ökumene des Handelns und nicht der großen Worte, sagte Kurt Frey, stellvertretender Präsident der Unità Dei Cristiani, in seiner Laudatio. Es sei eine Ökumene ohne konfessionelle Trennung, die sich menschlich und religiös äußert. Die katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in Biberach und Ochsenhausen seien ausgewählt worden, weil sie sich in besonderer Weise der ökumenischen Arbeit verschrieben hätten. „Wir wollen ihnen als Zeichen der Wertschätzung den Ökumene-Preis verleihen“, sagte Frey.
Seit fast 500 Jahren teilen sich evangelische und katholische Christen die St.-Martins-Kirche in Biberach. „Diese verordnete Ökumene war nicht immer problemlos“, wusste Frey. Man müsse sich auseinandersetzen und sich arrangieren, „bevor man sich zusammensetzen kann“.
Die Aktivitäten der beiden Kirchengemeinden in Ochsenhausen zeigte Frey an Beispielen auf, wie etwa der ökumenischen Sozialstation Rottum-Rot-Iller-Ochsenhausen, dem Kleidertreff in Kooperation mit der Diakonie oder dem Bildungswerk in Kooperation mit der Stadt Ochsenhausen. „Es bedarf nur zweier vernünftiger Menschen, die als Pfarrer an den Schalthebeln der lokalen Christenheit sitzen, und schon beginnt Ökumene zu leben“, sagte Frey unter dem Beifall der Festgäste.
Bischof Gebhard Fürst und der evangelische Landesbischof Frank Otfried July nahmen mit Max Semler und Kurt Frey die Preisverleihung vor. Mit virtuosen und schwungvollen Klängen umrahmte das Klarinettenduo Christina Klampfl und Natalie Ott den Festakt.
Der evangelische Dekan Hellger Koepff dankte für die Auszeichnung und die damit verbundene Unterstützung. Dankbar sei er seinen Kollegen und dem bisherigen katholischen Pfarrer Baumgärtner. „Sie haben die Ökumene lebendig gehalten und durch schwierige Zeiten getragen.“
Ökumenische Ehen als Beispiel
„Wir sind dankbar für die Preisverleihung“, die ein Zeichen der Wertschätzung des ökumenischen Bemühens sei, sagte der katholische Dekan Sigmund Schänzle. Zur Ökumene zählten auch die konfessionsverbindenden Ehen, „die Ökumene nicht nur eventbezogen leben, sondern ein gemeinsames Leben ökumenisch ausgestalten“.
Dass die Geistlichkeit auch Humor hat, zeigte Sigmund Schänzle anhand zweier amüsanter Anekdoten: Der evangelische Pfarrer und Schänzle wohnen nebeneinander. Beide Häuser verbinde ein mit Steinplatten belegter Grasweg – „das ist unser ökumenischer Verbindungsweg“, erklärte Schänzle. An einem Pfosten hänge ein Schild mit der Aufschrift „Privatweg. Betreten auf eigene Gefahr!“„Dieses Risiko nehmen wir beide gerne auf uns“, sagte der Dekan.
Wie berichtet, haben bei einem Podiumsgespräch nach der Verleihung des 7. Ökumene-Preises der Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“, Hendrik Groth, der evangelische Landesbischof Frank-Otfried July und der katholische Bischof Gebhard Fürst über die Ökumene der Zukunft diskutiert. Unter anderem fragte Groth, warum der Papst nicht zur 500-Jahr-Feier der Reformation nach Deutschland gekommen sei. Die Reformation gehöre nicht den Deutschen allein, sagte Bischof July, und Gebhard Fürst merkte an, dass der Besuch eines Papstes in Deutschland mit einer großen Erwartung befrachtet sei. In manchen Themen seien beide Kirchen eng beieinander, „und bei der Sterbehilfe sollten wir mit einer Stimme sprechen“, meinte FrankOtfried July. Die Digitalisierung sei eine Herausforderung und führe zu Verwerfungen, führte Bischof Fürst an. Und: „Es darf nicht sein, dass die Menschenwürde der Technologie zum Opfer fällt.“