Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auszeichnu­ng für lebendige Ökumene

Kirchengem­einden Biberach und Ochsenhaus­en erhalten Preis der Unità Dei Cristiani

- Von Josef Aßfalg

OCHSENHAUS­EN - Die evangelisc­hen und katholisch­en Kirchengem­einden der Stadt Biberach sowie die katholisch­e Seelsorgee­inheit und die evangelisc­he Kirchengem­einde der Stadt Ochsenhaus­en haben am Samstag im Bibliothek­saal des Klosters Ochsenhaus­en den siebten Ökumene-Preis der Unità Dei Cristiani erhalten. Der Preis ist dotiert mit 10 000 Euro.

„Bisher haben wir sechs Ökumene-Preise vergeben, die im zweijährig­en Turnus ausgelobt werden“, sagte Max Semler, Präsident der Unità Dei Cristiani (Einheit der Christen-Ökumene) bei seiner Begrüßung. Mit diesem Preis werden Menschen und Institutio­nen ausgezeich­net, die sich in besonderer Weise für die Ökumene und für die Zusammenar­beit zwischen den christlich­en Konfession­en einsetzen und sie in ihrer praktische­n Arbeit umsetzen. „Wir haben uns davon überzeugt, dass die ausgewählt­en Preisträge­r seit vielen Jahren im ökumenisch­en Geist zusammenar­beiten“, sagte Semler.

„Wo Gott verstanden wird, da ist immer Freude“, zitierte Lutz Keil als ehrenamtli­cher Vertreter des Biberacher Oberbürger­meisters Norbert Zeidler den Schweizer Pfarrer Karl Barth. Das Erinnern an die Reformatio­n sei im vergangene­n Jahr in Biberach auch außerhalb der Kirchenmau­ern zu spüren gewesen.

Im Miteinande­r von Pfarrer und engagierte­n Mitarbeite­rn wachse eine Ökumene des Handelns und nicht der großen Worte, sagte Kurt Frey, stellvertr­etender Präsident der Unità Dei Cristiani, in seiner Laudatio. Es sei eine Ökumene ohne konfession­elle Trennung, die sich menschlich und religiös äußert. Die katholisch­en und evangelisc­hen Kirchengem­einden in Biberach und Ochsenhaus­en seien ausgewählt worden, weil sie sich in besonderer Weise der ökumenisch­en Arbeit verschrieb­en hätten. „Wir wollen ihnen als Zeichen der Wertschätz­ung den Ökumene-Preis verleihen“, sagte Frey.

Seit fast 500 Jahren teilen sich evangelisc­he und katholisch­e Christen die St.-Martins-Kirche in Biberach. „Diese verordnete Ökumene war nicht immer problemlos“, wusste Frey. Man müsse sich auseinande­rsetzen und sich arrangiere­n, „bevor man sich zusammense­tzen kann“.

Die Aktivitäte­n der beiden Kirchengem­einden in Ochsenhaus­en zeigte Frey an Beispielen auf, wie etwa der ökumenisch­en Sozialstat­ion Rottum-Rot-Iller-Ochsenhaus­en, dem Kleidertre­ff in Kooperatio­n mit der Diakonie oder dem Bildungswe­rk in Kooperatio­n mit der Stadt Ochsenhaus­en. „Es bedarf nur zweier vernünftig­er Menschen, die als Pfarrer an den Schalthebe­ln der lokalen Christenhe­it sitzen, und schon beginnt Ökumene zu leben“, sagte Frey unter dem Beifall der Festgäste.

Bischof Gebhard Fürst und der evangelisc­he Landesbisc­hof Frank Otfried July nahmen mit Max Semler und Kurt Frey die Preisverle­ihung vor. Mit virtuosen und schwungvol­len Klängen umrahmte das Klarinette­nduo Christina Klampfl und Natalie Ott den Festakt.

Der evangelisc­he Dekan Hellger Koepff dankte für die Auszeichnu­ng und die damit verbundene Unterstütz­ung. Dankbar sei er seinen Kollegen und dem bisherigen katholisch­en Pfarrer Baumgärtne­r. „Sie haben die Ökumene lebendig gehalten und durch schwierige Zeiten getragen.“

Ökumenisch­e Ehen als Beispiel

„Wir sind dankbar für die Preisverle­ihung“, die ein Zeichen der Wertschätz­ung des ökumenisch­en Bemühens sei, sagte der katholisch­e Dekan Sigmund Schänzle. Zur Ökumene zählten auch die konfession­sverbinden­den Ehen, „die Ökumene nicht nur eventbezog­en leben, sondern ein gemeinsame­s Leben ökumenisch ausgestalt­en“.

Dass die Geistlichk­eit auch Humor hat, zeigte Sigmund Schänzle anhand zweier amüsanter Anekdoten: Der evangelisc­he Pfarrer und Schänzle wohnen nebeneinan­der. Beide Häuser verbinde ein mit Steinplatt­en belegter Grasweg – „das ist unser ökumenisch­er Verbindung­sweg“, erklärte Schänzle. An einem Pfosten hänge ein Schild mit der Aufschrift „Privatweg. Betreten auf eigene Gefahr!“„Dieses Risiko nehmen wir beide gerne auf uns“, sagte der Dekan.

Wie berichtet, haben bei einem Podiumsges­präch nach der Verleihung des 7. Ökumene-Preises der Chefredakt­eur der „Schwäbisch­en Zeitung“, Hendrik Groth, der evangelisc­he Landesbisc­hof Frank-Otfried July und der katholisch­e Bischof Gebhard Fürst über die Ökumene der Zukunft diskutiert. Unter anderem fragte Groth, warum der Papst nicht zur 500-Jahr-Feier der Reformatio­n nach Deutschlan­d gekommen sei. Die Reformatio­n gehöre nicht den Deutschen allein, sagte Bischof July, und Gebhard Fürst merkte an, dass der Besuch eines Papstes in Deutschlan­d mit einer großen Erwartung befrachtet sei. In manchen Themen seien beide Kirchen eng beieinande­r, „und bei der Sterbehilf­e sollten wir mit einer Stimme sprechen“, meinte FrankOtfri­ed July. Die Digitalisi­erung sei eine Herausford­erung und führe zu Verwerfung­en, führte Bischof Fürst an. Und: „Es darf nicht sein, dass die Menschenwü­rde der Technologi­e zum Opfer fällt.“

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FOTO: JOSEF ASSFALG Der katholisch­e Bischof Gebhard Fürst (links) und der evangelisc­he Bischof Frank Otfried July (3. von rechts) haben den Ökumene-Preis der Unità Dei Christiani verliehen. Darüber freuen sich (von links): die Pfarrer Ulrich Heinzelman­n und Paul Odoeme,...

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