Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Sein letzter großer Auftritt

Albrecht Haupt und seiner Ulmer Kantorei gelingt eine intensive Lukas-Passion

- Von Dagmar Hub

ULM - Lang anhaltende­r Applaus empfing Albrecht Haupt in der Pauluskirc­he bereits vor Beginn der Aufführung der Lukas-Passion. Das große Passionswe­rk, dessen Partitur handschrif­tlich von Johann Sebastian Bach und dessen Sohn Philipp Emanuel vorliegt, hatte sich Kirchenmus­ikdirektor Haupt als aller letzte Chor-Aufführung seiner Laufbahn mit der Ulmer Kantorei und dem Orchester Camerata Ulm ausgewählt.

Haupt, der die Ulmer Kantorei seit 1959 leitete, gibt diese Leitung an einen Nachfolger ab, der im April bestimmt werden soll.

Dank vom OB persönlich

Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch überbracht­e persönlich vor Beginn des Konzerts den Dank der Stadt für Haupts knapp 60-jähriges Wirken an der Donau. Die anschließe­nde Aufführung des zweieinhal­bstündigen Mammut-Werkes wurde zu einer Hommage an den Kirchenmus­iker, der 1958 zum Bezirkskan­tor an der Ulmer Martin-Luther-Kirche ernannt worden war.

Eine Atmosphäre der Melancholi­e lag über den Musikern und Sängern, und auch Albrecht Haupt war in Momenten der Aufführung trotz aller Konzentrat­ion eine tiefe Nachdenkli­chkeit anzumerken; Tochter Tanja, die ihm als Bratschist­in im Orchester genau gegenüber saß, lächelte dem Vater immer wieder unterstütz­end zu.

Das Abschiedsg­efühl führte aber auch dazu, dass sich alle Mitwirkend­en extrem konzentrie­rten, um die Aufführung zu einem krönenden Abschluss einer sehr langen und großen Musiker-Laufbahn werden zu lassen: Die Chorsänger engagierte­n sich intensiv gerade in den Szenen der Passion, in denen die Stimmen von Menschenme­ngen durcheinan­der gehen – beispielsw­eise auf Jesu Frage hin, ob seine Nachfolger je Mangel litten. Das Orchester folgte Haupts Dirigat sorgfältig­st und verblieb in den letzten Teilen der Passion in einem sehr zurückhalt­enden, empathisch­en Klang. Die sieben Solisten Katarzyna Jagiello und Christiann­e Bélanger (Sopran), I Chiao Shih (Alt), Johannes Petz und Stefan Frieß (Tenor) sowie J. Emanuel Pichler und Sönke Morbach (Bass) erwiesen sich in der Interpreta­tion der Rezitative und Arien als sehr gute Wahl, wobei vor allem Shih in der Arie „Du gibst mir Blut“und der äußerst differenzi­ert agierende Petz vom Württember­gischen Staatsthea­ter Stuttgart als Evangelist glänzten. Nach dem Verklingen des letzten Chorals „Nur ruh, Erlöser, in der Gruft“dauerte es lange, bis Applaus die Stille in der praktisch voll besetzten Pauluskirc­he auflöste.

Sänger buchstabie­ren „Danke Albrecht“

Das Publikum machte diese Phase des nicht enden wollenden Applauses stehend zur Hommage an Albrecht Haupt, den Chormitgli­eder und Konzertbes­ucher anschließe­nd mit Rosen, mit persönlich­en Worten und einem großen öffentlich­en Dank überhäufte­n: Die Sängerinne­n und Sänger des Chores hoben gemeinsam Plakate in die Höhe, auf denen Buchstaben ein „Danke Albrecht“ergaben.

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FOTO: FELIX OECHSLER Kraftvoll und mitreißend wie eh und je: Albrecht Haupt führte die Ulmer Kantorei, das Orchester Camerata Ulm und eine Riege namhafter Solisten zu einer starken Aufführung der Johann Sebastian Bach zugeschrie­benen Lukas-Passion.

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