Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Münster leuchtet für die Musik
Der Ulmer Kantor Friedemann Johannes Wieland und seine Chöre eröffnen an den Ostertagen die Konzertsaison 2018
ULM - Als Münsterkantor weiß Friedemann Johannes Wieland, was frieren bedeutet. Erst recht nach seinem jüngsten Spezialeinsatz an der Orgel: In nächtlichen Sessions, die bis weit nach Mitternacht gingen, nahm er vor einigen Tagen die Stücke für eine CD auf. Beim Gedanken daran fröstelt es ihn noch immer. „Es hatte 5,1 Grad“, berichtet der Organist, was trotz Annehmlichkeiten wie einer Pedalheizung für ihn nicht unbedingt ein Vergnügen war.
Die alljährliche Kälte im Münster ist auch der Grund dafür, dass die Münsterkantorei ihre Konzertsaison in der beheizten Pauluskirche eröffnet. Morgen, Karfreitag, um 15 Uhr führen Jugend- und Motettenchor zusammen mit dem Karlsruher Barockorchester und Solisten Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion auf.
Am Ostersonntag eröffnet dann Wieland selbst die neue Serie von Sonntagsorgelkonzerten im Münster. Sie steht unter dem Motto „Lieblingswerke“, wobei sowohl überregional bekannte Organisten als auch die Kantoren der Region an der – übrigens frisch gereinigten und gestimmten – Orgel Platz nehmen.
Die Besucher erwartet in den kommenden Monaten immer sonntags um 11.30 Uhr eine Art kirchenmusikalisches „Best of“, wobei es laut Wieland erstaunlicherweise kaum Überschneidungen zwischen den Programmen gibt. Ab Juli werden die Orgelkonzerte, zu denen teils mehrere Hundert Zuhörer kommen, durch die zweite Reihe „Internationale Preisträger“ergänzt. Sie soll Musikhochschulabsolventen die Chance geben, ihr Können zu zeigen. „Sich als junger Organist die Sporen zu verdienen, ist gar nicht so einfach“, sagt Wieland. Der gebürtige Riedlinger ist seit 2010 Kantor in Ulm.
Abseits der Orgelklänge bietet das Musikjahr im Münster einige Überraschungen. So gastiert im Rahmen von Jürgen Grözingers „Festival Neue Musik“nicht nur das von Wieland geleitete Vokalensemble Ulmer Münster im Stadthaus – im zweiten Teil des Konzertabends erklingt auch Karlheinz Stockhausens Werk „Stimmung“im Münster (14. April, 19 und 22 Uhr).
Ebenfalls fernab gewöhnlicher Kirchenmusik bewegen sich die Schwestern Jessica und Vanessa Porter: Das Percussionduo aus Laupheim lässt Bach auf Piazzolla und Musik der Gegenwart treffen (12. Mai, 19 Uhr). „Very British?“, fragt dann das Schwörkonzert (21. Juli, 19 Uhr): Denn die drei im Programm vertretenen Komponisten – Georg Friedrich Händel, Edvard Elgar und Ralph Vaughan Williams – waren weniger britische als europäische Künstler. Wieland sieht darin einen augenzwinkernden Verweis auf den Brexit.
Nach der etwas ruhigeren Ferienzeit meldet sich die Münsterkantorei in der Kulturnacht mit einer von 14 Ensembles aus der Region bestrittenen „Nacht der Chöre“(15. September, 15 Uhr) zurück. Vom 5. bis 7. Oktober steht dann wieder das „Festival Alte Musik“an, diesmal unter dem Motto „Passion – Leidenschaft“. Prominentester Gast ist die GambenVirtuosin Hille Perl, „ein absoluter Star der Alten Musik“, schwärmt Wieland. Sie tritt zusammen mit Lauten-Spezialist Lee Santana auf (6. Oktober, 19.30 Uhr). Ein weiteres Highlight im Herbst: ein Konzert mit dem Calmus-Ensemble, dem hoch dekorierten Vokalquintett aus Leipzig (27. Oktober, 19 Uhr).
Werke aus Orgelwunschkonzert am dritten Advent auf CD
Die anfangs erwähnte CD aus der Reihe „Neue Orgeledition Ulmer Münster“wird übrigens Werke enthalten, die Besucher in den vergangenen Jahren für das Orgelwunschkonzert am dritten Advent vorgeschlagen hatten, darunter auch bislang nicht auf Tonträger veröffentlichte Raritäten. Erscheinen soll sie im Sommer. Und vielleicht wird sich Organist Wieland dann gerne an die Kühle bei der Aufnahme erinnern.