Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Rossmann könnte Müller ersetzen
IHK-Handelsexperte Josef Röll äußert sich zu den Plänen am Riedlinger Stadthallenareal
RIEDLINGEN - Der Mann kann einem fast schon leid tun: Der IHK-Handelsexperte Josef Röll ist derzeit einer der begehrtesten Ansprechpartner, wenn es um das Riedlinger Stadthallenareal geht. Von mehreren Seiten wird Röll als „Kronzeuge“zitiert. Dabei steht er im Grundsatz den Planungen positiv gegenüber, dort Handel anzusiedeln. Es sei eine Lösung, um den Handelsstandort zu stärken. Aber vor allem gehe es darum, Sortimente zurückzuholen, die verloren gegangen sind, so Röll. Das könnte er sich mit dem Drogeriemarkt Müller vorstellen – aber auch mit Rossmann.
Bei der Diskussion Müller contra Rossmann hat Röll seine früheren Aussagen etwas korrigiert. Müller sei ein Kleinstadtkaufhaus, Rossmann nicht. Doch inzwischen sieht er die Thematik etwas anders. Kürzlich war Röll auf dem Weg zu einer Gemeinderatssitzung nach Riedlingen. Als der Tagesordnungspunkt abgesetzt wurde, hat er die Zeit genutzt, um die Rossmann-Filiale in Munderkingen zu besuchen. Mit einem überraschenden Ergebnis: „Das Sortiment ist gut sortiert und ähnlich wie bei Müller“, so Röll. Rossmann hat in Munderkingen das Drogerieangebot reduziert und das Nebensortiment erweitert. Er führt Spielwaren und Schreibwaren. Dieses Rossmann-Filialkonzept kannte er in der Form nicht. „Rossmann kann mit 750 Quadratmetern einen Müller mit 1100 Quadratmetern nicht komplett ersetzen, aber doch weitgehend“, so Röll.
Frequenz wird benötigt
Dass Müller einen LebensmittelVollsortimenter zur Voraussetzung für ein Engagement in Riedlingen am Stadthallenareal macht, kann Röll nachvollziehen. Es geht um die Frequenz und ein „Lebensmittler hat eine tägliche Frequenz“, so Röll. Auch er glaubt nicht, dass ein Rossmann alleine funktionieren würde. Aber: Auch ein „Fressnapf“würde aus seiner Sicht funktionieren und Frequenz bringen – wenn auch weniger als ein Lebensmittler.
Sollte doch ein weiterer Supermarkt kommen, würde der zwar auch neuen Umsatz nach Riedlingen bringen, aber in erster Linie wäre es ein Umsatzgewinn auf Kosten der bisherigen Supermärkte. „Das wird sich dann verteilen.“Aber eines ist für den Handelsexperten klar: Der Handel darf nicht auf dem hinteren Teil des Stadthallenareals platziert werden, sondern er muss nach vorne, dass er das Areal belebt. Die aktuelle Planung mit einer Stadthalle als Querriegel am Anfang und einer geschlossenen Anordnung findet nicht seine Zustimmung. Im Gegenteil: Die Stadthalle muss aus seiner Sicht ganz nach hinten.
Er heißt eine Planungsidee gut, die Gemeinderat Markus Mark in die Diskussion im Rat gegeben hat. Mark plädiert dafür, den Drogeriemarkt direkt hinter den Tourist Energy Point (TEP) und möglichst nahe an der Hindenburgstraße zu platzieren. Damit könnte zusammen mit den Einzelhändlern an der Hindenburgstraße – der Post-Filiale, der Apotheke, dem Bio-Laden, Kirndorfer und dem Leerstand im Hochhaus (ehemals „Adessa“) – eine Handelsbündelung erreicht werden.
Welche Effekte diese Lösung, welche Effekte die bisherige Planung auf den Handel in der Altstadt „um den Stock“hat, kann Röll nicht abschätzen. Aber er könnte dazu beitragen, eine bessere Datenbasis zu erhalten. Die IHK hatte sich bereit erklärt, durch Stichprobenzählungen Wegbeziehungen zu ermitteln. Daraus könnte man Anhaltspunkte gewinnen, ob und wie viele Leute es gibt, die in die Altstadt gehen. „Die Stadt müsse die Zähler stellen“, so Röll. Die Auswertung würde er übernehmen. Das könnte innerhalb von wenigen Wochen erledigt werden.
3,5 Millionen Mehrumsatz
Durch die aktuellen Pläne am Stadthallenareal könnten rund 3,5 Millionen Euro mehr an Umsatz von außen generiert werden als bisher, so Röll. Die Zahl sei eine Schätzzahl, aber eine belastbare, der Berechnungen und Zahlen zu Grunde liegen, sagt der Experte.
Und „3,5 Millionen Euro sind okay“, sagt der Handelsfachmann, denn es gehe darum, Riedlingen als Handelsstandort zu stärken. „Und jedes Auto, das nicht in eine umliegende Stadt fährt, ist für Riedlingen gut.“