Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Märchen ohne Zauber
Bei „Die Schöne und das Biest“sind große Gefühle eigentlich obligatorisch - Doch leider nicht in der im CCU präsentierten Version
ULM - Wenn es ein Märchen gibt, das momentan auf der Erfolgswelle schwimmt, dann ist es wohl „Die Schöne und das Biest“. Erst im vergangenen Jahr war die Disney-Variante als Realverfilmung in den Kinos und spielte mit den zeitlosen Liedern von Alan Menken am ersten Wochenende über 170 Millionen Dollar ein. Die Geschichte über eine schöne junge Frau, die sich in einen verwunschenen Prinzen verliebt, berührt nach wie vor Jung und Alt. Umso erstaunlicher daher, dass im Ulmer CCU reihenweise Plätze leer blieben, als Martin Doepkes „Die Schöne und das Biest“-Musical von 1994 dort Station machte – eigentlich eine der erfolgreichsten Adaptionen des Stoffs.
Dabei war die Ausgangssituation vielversprechend. Rund ein Dutzend Musiker und mindestens noch einmal so viele Darsteller versprachen Unterhaltung. Und in der Tat: Es lag weder an den talentierten Sängern noch am Orchester, dass der Funke nicht so recht bei allen überspringen wollte.
Die Version des beliebten Märchens begann mit der Verwünschung des eitlen Prinzen, der einer als Bettlerin verkleideten Fee keinen Einlass gewähren wollte. Zur Strafe muss er als Biest leben, bis er durch die wahre Liebe von seinem Fluch befreit wird. So weit so gut.
Doch dann werden die Pfade der Disney-Version verlassen, und das Stück begibt sich erfreulicherweise auf die Spur des französischen Original-Märchens „La belle et la bête“aus dem 18. Jahrhundert: Bellas Vater, ein reicher Kaufmann, verliert sein Hab und Gut in einem Schiffsunglück. Getrieben von seinen zwei eitlen und habgierigen Töchtern macht er sich auf den Weg, das Schlimmste zu verhindern und wird von der Fee ins Schloss des Biests gelockt. Das gibt ihm Juwelen und Reichtum, doch nur im Austausch für eine Tochter des Kaufmanns. Bella, die Jüngste, erfährt von dem Handel und willigt ein, zu dem Biest zu gehen. Es kommt, wie es kommen muss: Nach einem dramatischen Finale kommt die Fee und verwandelt den Geläuterten zurück in einen schönen Prinzen – Happy End inklusive.
All das sollte eigentlich genug Stoff für große Gefühle bieten. Das Problem: Die Version im CCU will nicht die Disney-Produktion wiederholen – und dann aber gleichzeitig doch. Über die knapp zwei Stunden hinweg finden sich immer wieder eindeutige Anspielungen, die auf Disneys 1994er-Version hinweisen: Die Protagonistin heißt Bella statt Belle, der plumpe Dorftrottel Gustav statt Gaston. Auch das ikonische gelbe Kleid hat im Schlussakt einen Auftritt, ebenso wie die rote Rose, das Zeichen ihrer Liebe.
Doch die Anspielungen tun dieser Version keinen Gefallen. Denn durch den ständigen Vergleich kann diese Version nur verlieren. Die Musik ist ordentlich, jedoch bleibt keine Melodie im Ohr. Die größte Schwäche des Musicals sind aber der lahme und vorhersehbare Text sowie die teils lückenhafte und unverbindliche Charakterisierung der Figuren.
Das Biest entpuppt sich als schizophrener Depressiver, der sein Problem zwar erkennt („Ich bin grausam, Bella!“), offensichtlich aber nicht imstande ist, etwas gegen sein eigenes Verhalten zu tun.
Falscher Charakterzug
Umso überraschender, dass sich Bella durch glitzernde Geschenke einlullen lässt – eine Charaktereigenschaft, die man eigentlich eher ihren beiden habgierigen Schwestern zugetraut hätte. Dazu kommt eine gute Fee, die als „deux ex machina“die Zügel in der Hand hält.
Zu allem Überfluss garniert sie ihre Handlungen mit andauernden Kalenderweisheiten: „Selbst die schönste Blume verwelkt, wenn man sie von ihren Dornen trennt.“
Zum Schluss braucht es viel guten Willen seitens der Zuschauer, die Entstehung der Liebe nachzuvollziehen. Eine ordentliche Vorstellung, aber die ganz großen Emotionen stellten sich nicht ein.