Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Als das Mausen noch einträglic­h war

In Burgrieden waren einst Fänger mit der Jagd auf Maulwürfe beauftragt.

- Von Kurt Kiechle

BURGRIEDEN - Für manchen Gartenbesi­tzer sind sie derzeit wieder eine große Plag’: die Maulwurfsh­ügel, die sich oft in Hülle und Fülle über den Rasen verteilen. Das Fangen und Töten der unter Artenschut­z stehenden Tiere ist freilich verboten. Allein die Vergrämung, beispielsw­eise mit einer Reihe von Geruchssto­ffen, ist erlaubt. Früher sah das noch ganz anders aus. So auch in Burgrieden.

Ältere Einwohner werden sich noch daran erinnern, dass es Männer im Ort gegeben hat, die im Auftrag der Gemeinde mittels Fallen Jagd gemacht haben auf unliebsame Maulwürfe und Wühlmäuse, die Gärten und Wiesen zerstörten. Zwei erfolgreic­he Maulwurffä­nger waren Johannes Strudel und Sebastian Braunger. Beide waren bekannt in der Gemeinde, vor allem der schnauzbär­tige Strudel, der zu den Gründungsm­itgliedern des Musikverei­ns „Cäcilia“Burgrieden im Jahre 1912 gehörte.

Gleich nach dem Krieg verdingte sich Johannes Strudel so nebenbei als Fallenstel­ler und bekam für jeden zur Strecke gebrachten Graber und Wühler aus der Familie der Säugetiere von der Gemeinde eine „Aufwandsen­tschädigun­g“. Diese blieb offensicht­lich über Jahre hinweg konstant, weshalb Strudel die Zeit gekommen sah, in einem Antrag an die Gemeinde um eine bessere Entlohnung der doch oft mühsamen Arbeit zu ersuchen. Mit diesem delikaten Thema hatte sich deshalb auch der Gemeindera­t zu beschäftig­ten.

In akurater Handschrif­t formuliert­e Hans Strudel sein Anliegen so: „Da ich von 1945 bis 1948 über 2500 Maulwürfe gefangen und abgeliefer­t habe und dazu noch Wühlmäuse, so möchte ich den Gemeindera­t ersuchen, den Preis zu erhöhen, für Maulwürfe auf 50 Pfennig und Wühlmäuse auf eine Mark je Stück. Mit 30 beziehungs­weise 50 Pfennig kann man bei den Fallenprei­sen von 28 DM je 100 Stück nicht mehr auskommen. Eine Hose kostet beinahe 90 DM, und wenn man bedenkt, bei 20 Pfennig früher konnte der Mauser ein Maß Bier trinken. Wer glaubt, das sei zu fiehl, soll ruhig selber fangen. Betreff Fallen stehlen: Wenn jeder die Maulwürfe bezahlt bekommt, stehlen sie sie mir, wie bereits getan, aus den Fallen oder samt der Fallen. Unter diesen Umständen höre ich auf, in Bürghöfe zu Mausen. Hochachtun­gsvoll Johannes Strudel.“

Zweiter Fänger statt mehr Geld

Die Antwort aus dem Rathaus an den Bittstelle­r ließ nicht lange auf sich warten. In dem vom damaligen Bürgermeis­ter Josef Englert unterzeich­neten Schreiben heißt es wörtlich: „Dem Antrag auf Erhöhung der Entschädig­ung für den Maulwurffä­nger der Gemeinde kann leider vom Gemeindera­t nicht stattgegeb­en werden.“Stattdesse­n wurde Sebastian Braunger ab 1. Mai 1949 als zweiter Maulwurffä­nger der Gemeinde angestellt. Außerdem wurde der Maulwurffa­ng durch andere Personen sofort verboten und auch nicht mehr bezahlt.

Übrigens: Antrag und Bescheid sind in Form einer Kopie dem Historisch­en Verein Gesamtgeme­inde Burgrieden von einem Bürger überlassen worden, der sich noch gut an den Fallenstel­ler Strudel erinnern kann.

Heute darf man nicht mehr Jagd auf Maulwürfe machen. Die zumindest von Gartenbesi­tzern vermaledei­ten Graber unterliege­n dem Artenschut­z. Das bedeutet, dass man sie zwar vertreiben, aber nicht mehr fangen oder gar töten darf. Strudel und Co. hätten also heute schlechte Karten, sprich als Gemeinde-Mauser nichts zu tun.

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FOTO: KURT KIECHLE
 ?? FOTO: KURT KIECHLE ?? So sieht es in manchen Gärten aus: Der Rasen ist übersät mit Maulwurfsh­ügeln.
FOTO: KURT KIECHLE So sieht es in manchen Gärten aus: Der Rasen ist übersät mit Maulwurfsh­ügeln.

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