Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eine Art Kunstkamme­r

Die Wartburg ist mit der deutschen Geschichte auf das Engste verbunden – Das zeigt auch ihre neue Dauerausst­ellung

- Von Antje Lauschner

EISENACH (dpa) - Eine mittelalte­rliche Laute, ein Wandteppic­h mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Elisabeth, die Wartburg-Bibel mit handschrif­tlichen Eintragung­en Martin Luthers: Die Wartburg bei Eisenach präsentier­t seit Karfreitag wieder ihre herausrage­nden Kunstschät­ze. Mit der neuen Dauerausst­ellung kehrt die Stiftung nach dem Jubiläum „500 Jahre Reformatio­n“zum Alltag zurück. Für die nationale Sonderauss­tellung „Luther und die Deutschen“2017 musste die zehn Jahre alte Dauerausst­ellung in Depots weichen. Grund für die Wartburgst­iftung, das bisherige Konzept zu überarbeit­en, wie Kuratorin Grit Jacobsen sagte.

„Wir haben die bisherige chronologi­sche Darstellun­g ab dem Mittelalte­r aufgegeben.“Stattdesse­n werden die Schätze in Malerei, Skulptur oder Kunsthandw­erk in Gattungen nach Art einer Kunstkamme­r gezeigt. Die Wertigkeit der Sammlung lasse sich durchaus mit anderen dieser Art messen, betonte die Kunsthisto­rikerin.

Bereits Anfang des 19. Jahrhunder­ts hatte Johann Wolfgang von Goethe die Idee, ein Museum auf die Burg zu bringen, deren Gründung der Sage nach in das Jahr 1067 zurückreic­ht. Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar und Eisenach, ein kunstsinni­ger und fortschrit­tlicher Monarch, ließ die Wartburg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts im Stil des Historismu­s als Museum für ganz Deutschlan­d wieder aufbauen.

„Alles geht auf Carl Alexander zurück.“Den Grundstock der Sammlung bildeten bis 1918 etwa 3500 Objekte. Danach wurde der Fundus Zug um Zug auf etwa 10 000 Stück erweitert.

Der erste Ausstellun­gsraum versteht sich deshalb auch als Anschluss des Rundgangs durch den historisch­en Palas und erinnert mit Porträt und Kunstgegen­ständen an den Großherzog, ohne den die Burg in ihrer heutigen Gestalt überhaupt nicht denkbar ist. Zu seinem 200. Geburtstag, am 24. Juni, wird ihm zu Ehren eine Sonderscha­u mit dem Titel „Zwischen Kunsthandw­erk und Industrie. Carl Alexander und die Vision von der Schönheit der Dinge“öffnen.

„Er hatte eine große Vorliebe für das Kunsthandw­erk“, sagt Jacobsen. Viele Objekte hatte er in seinen Privaträum­en auf der Burg. „Kleine Dinge erzeugen oft große Pracht.“Heute werden die kunstvoll gearbeitet­en Holzkästch­en, farbenfroh­en Keramiken, Gläser, historisch­e Uhren oder Elfenbein-Schnitzere­ien durch eine ausgeklüge­lte Beleuchtun­g in den kleinen Räumen in den Fokus gerückt. Unterstütz­t wird die Wirkung durch eine mutige Farbgebung der Wände – von hellem Grau bis dunklem Weinrot.

„Minnesang und Musenhof “

„Der Mythos der Burg als Musenhof blieb über Jahrhunder­te erhalten und gipfelte in Richard Wagners Oper 'Tannhäuser oder der Sängerkrie­g auf der Wartburg’“, ergänzt Burghauptm­ann Günter Schuchardt. Dem Thema „Minnesang und Musenhof“ist deshalb extra ein Raum mit der altesten Laute ihrer Art von 1450 gewidmet. Erstmals gezeigt wird auch ein Minnesänge­r-Gemälde von August von Wille von 1859.

Für frühere Wartburg-Besucher bietet die Ausstellun­g auch manchen Aha-Effekt: Die Luther-Gemälde von Cranach etwa oder das originale Schlafzimm­er vom Großherzog. Erstmals zu sehen ist das „Bildnis eines Fürsten“von Lucas Cranach dem Jüngeren. „Experten haben es eindeutig als ein Cranach-Bild identifizi­ert, aber wir wissen nicht, wen es darstellt“, sagt Schuchardt. „Wir haben vergebens tagelang in der Grafiksamm­lung nach einem Hinweis gesucht.“

Mit Johannes Heisigs Gemälde „Fackelzug“aus dem Jahr 2004 will die Wartburgst­iftung auch zum Nachdenken anregen und provoziere­n: Es zeigt heutige lärmende Burschensc­hafter beim Wartburg-Treffen. 1817 erschallte von der Wartburg der Ruf zur Erneuerung der Demokratie und einem vereinten Deutschlan­d. Wegen ihrer großen geschichtl­ichen Bedeutung gehört die Wartburg seit 1999 zum Unesco-Weltkultur­erbe.

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Die Schaubibli­othek (li.) ist als Teil der neuen Dauerausst­ellung „950 Jahre Wartburg“(li.) ebenso zu sehen wie das historisch­e Schreibpul­t (re.), an dem Martin Luther wichtige Schriftstü­cke verfasst hat.
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Goethe wollte bereits Anfang des 19. Jahrhunder­ts auf der Wartburg ein Museum einrichten.
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FOTOS: DPA

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