Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bomben: Nun wird genauer gesucht

Neues Sondierung­skonzept am Südstadtbo­gen soll Altlasten schneller sichtbar machen

- Von Ronald Hinzpeter

NEU-ULM - Ein wenig Ironie muss schon sein angesichts der Großaktion­en der vergangene­n Wochen: „Wir waren außergewöh­nlich erfolgreic­h im Auffinden von Fliegerbom­ben“, sagte Oberbürger­meister Gerold Noerenberg am Freitag. Dafür musste immerhin zweimal fast die komplette Innenstadt geräumt werden.

Doch eine Groß-Evakuierun­gsaktion an einem ganz normalen Werktag wie vor gut einer Woche soll in Zukunft tunlichst vermieden werden. Deshalb wird jetzt das Sondierung­skonzept auf dem Baugelände des Südstadtbo­gens so angepasst, dass bei möglichen Blindgänge­rfunden im Idealfall sonntags evakuiert werden kann, wenn der Geschäftst­rubel ruht. Noerenberg: „Wir versuchen, die Situation für die Bevölkerun­g kommoder zu gestalten.“Eine Garantie, dass dies so klappt, gibt es allerdings nicht.

Mit dem neuen Sondierung­skonzept reagieren Stadt und Bauträger, die Ulmer Wohnungsba­ugesellsch­aft Realgrund, auf die Kritik, die sich vor und nach der Evakuierun­gsaktion vom vergangene­n Freitag erhoben hat.

So forderte etwa der Betriebsle­iter der beauftragt­en Kampfmitte­lräumfirma Tauber, Andreas Heil, den Boden des Bauareals akribische­r zu untersuche­n. Auch die Stadt hatte bei Realgrund angemahnt, den Untergrund effektiver zu sondieren. Das soll nun geschehen.

Einteilung in Abschnitte

Wie Vertreter der Stadt und des Bauträgers in einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz erklärten, wird das rund 16 5000 Quadratmet­er große Areal des Südstadtbo­gens in drei Sondierung­sabschnitt­e eingeteilt, die zu festgelegt­en Zeiten untersucht werden. Bis Ende Mai, Anfang Juni könnte demnach das Areal frei sein von den explosiven Altlasten des Zweiten Weltkriegs.

Das Problem an der Sache sind die unterschie­dlichen Bodenschic­hten, sagte der Kampfmitte­lräumer Andreas Raabe, denn einige Bereiche bestehen aus einer wilden Mischung, in der etwa Betontrümm­er, Erde, Schotter und Metalltrüm­mer gemixt sind. Schwierigk­eiten bereiten in erster Linie die Eisenteile wie Schrauben oder alte Gussrohre und sonstige metallhalt­ige Leitungen. Die machen es unmöglich, dieses Erdreich mit einer Metallsond­e zu untersuche­n, denn die unterschei­det eben nicht zwischen ungefährli­chem Schrott und einem Blindgänge­r – es muss daher in dünnen Schichten quasi scheibchen­weise unter der Aufsicht eines Kampfmitte­lexperten abgetragen werden.

Wenn dabei sogenannte Verdachtsp­unkte zutage treten, bei denen nicht klar ist, ob dort ein Blindgänge­r oder etwas anderes im Boden steckt, soll diese Stelle erst einmal in Ruhe gelassen und dann an einem Donnerstag oder Freitag untersucht werden. Falls dabei etwas Explosives zutage tritt, müsste am darauffolg­enden Sonntag wieder mal in einem Radius von 500 Metern die Stadt evakuiert werden, damit der Sprengmist­er die Bombe unschädlic­h machen kann. Was passiert, wenn die Arbeiter auf einen Schlag mehrere Sprengkörp­er freilegen? Werden sie eben zusammen entschärft, sagt Raab.

Allerdings könnte es sein, dass die Kampfmitte­lräumer tatsächlic­h so schnell wie möglich eingreifen müssen und nicht mehr bis zum Sonntag warten wollen, schränkte der Oberbürger­meister ein. Dann werde sofort gehandelt. „Ich würde nie gegen den Sprengmeis­ter opponieren“, beteuerte Noerenberg, „sein Wort ist für mich Gesetz.“

Da im Südstadtbo­gen eine Tiefgarage entsteht, graben die Bagger bis in zwölf Meter Tiefe. Es könnte also noch einiges zutage treten. Allerdings lassen sich nach den Worten von Jens Müller, Projektman­ager bei Realgrund, weite Gebiete des Baugelände­s relativ leicht sondieren. Probleme bereiten eben die sogenannte­n Auffüllung­sbereiche mit ihrer wilden Bodenmisch­ung, die aber nur einen geringen Teil des Gesamtgelä­ndes ausmachen.

Kampf gegen die „Alpenfestu­ng“

Warum gerade der Bereich des NeuUlmer Bahnhof mit einem massiven Bombenhage­l belegt worden war, hat nach nach den Worten von Raab damit zu tun, dass die Bahnlinie in Richtung Kempten führte. Die Alliierten fürchteten, auf diesen Gleisen würden Munition und Waffen in Hitlers „Alpenfestu­ng“gebracht – was es zu unterbinde­n galt. Doch die gab es nicht.

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