Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Deutschlands schönste Furchen
Ulmer wird Zweiter beim bundesweiten Leistungspflügen und darf jetzt zur WM
ULM/STEIMBKE - Es gibt nichts, was es nicht gibt: Käserollen in England, Frauentragen in Finnland und Wettpflügen in Deutschland. Letzteres hat am vergangenen Sonntag im niedersächsischen Steimbke stattgefunden. Bauern aus ganz Deutschland haben beim Bundesentscheid im Leistungspflügen um die Wette gepflügt. Und ein Ulmer hat dabei besonders gut abgeschnitten: Stefan Oechsle aus Setzingen.
Er belegte in der Kategorie Drehpflügen den zweiten Platz. „Eine Riesenfreude“, sagt der 30-Jährige von der Ulmer Pflügergemeinschaft, der sich damit für die Weltmeisterschaft 2020 qualifizierte, die voraussichtlich in Russland ausgetragen wird. „Aber das ist wegen der aktuellen Lage noch nicht ganz sicher“, sagt er.
Doch wie funktioniert das eigentlich und worauf kommt es beim Leistungspflügen an? In Oechsles Kategorie, dem Drehpflüg besteht der Pflüg aus rechts- und linksdrehenden Scharen, die den Boden umdrehen. Bei der zweiten Wettbewerbskategorie, dem Beetpflug, besteht der Pflug nur aus einer Reihe Scharen, die den Boden nur in eine Richtung, meist nach rechts, wenden. Größere Felder müssen deshalb in kleinere „Beete“eingeteilt werden. Daher auch der Name.
Mit dem derzeit im Trend liegenden Computerspiel Landwirtschaftssimulator sei es aber nicht zu vergleichen, meint Deutschlands zweitbester Pflüger Stefan Oechsle: „Die Grundsachen stimmen schon. Aber bei den Feinheiten ist die Realität schon etwas anders“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Es gehe vielmehr darum, wie sauber und gerade eine Furche mit dem Traktor gezogen wird, erklärt Oechsle.
Insgesamt 140 Punkte kann ein Bauer erreichen. Zwei Stunden und 40 Minuten hat er Zeit, um ein trapenzförmiges Feld umzupflügen: 24 Meter auf der breiten und 16 Meter auf der schmalen Seite sowie 100 Meter lang. „Die wichtigsten Punkte gibt es für die Gradheit“, erklärt er: „Es muss am Ende ein schönes und gleichmäßiges Feld sein.“
Stefan Oechsle sammelte ingesamt 129,75 Punkte und ist damit „sehr zufrieden“. Die Witterung sei nicht optimal gewesen. Ein Training war deshalb auch nicht so einfach. Da sei oft auch die Tagesform entscheidend: „Und manchmal hast du einen guten, manchmal einen schlechten Tag. Diesmal war es ein super Tag“, sagt er. Platz eins ging mit 135 Punkten an Matthias Stengelin von der Pflügergemeinschaft Bodensee-Oberschwaben. Insgesamt nahmen 26 junge Bäuerinnen und Bauer an dem Wettbewerb teil. „Da gehöre ich mit meinen 30 Jahren schon eher zu den Älteren“, so Oechsle.
Überhaupt habe vor allem der Südwesten der Bundesrepublik weniger Probleme Nachwuchs beim Leistungspflügen zu gewinnen. Denn das ordentliche Pflügen wird nicht nur mit Pokalen, Medaillen oder Sachpreisen belohnt. Es spart Zeit, Spritt und damit natürlich auch Geld. „Deshalb würde es vielen Landwirten gut tun, wenn er mal einer den Leistungspflügen vorbeischaut“, sagt Oechsle.
Berufssschule plant Praxistag
Zusammen mit der Berufschule planen die Ulmer Pflüger daher zum Beispiel am Donnerstag auch einen Praxistag, um den Jung-Landwirten zu zeigen, worauf es beim Furcheziehen ankommt, mit dem der Boden durchlüftet und Unkraut vernichtet wird. Mit entsprechenden Trainern wollen sie ihr Wissen weitergeben. „Baden-Württemberg ist da gut aufgestellt“, meint Oechsle, für den Leistungspflügen ein Hobby ist. „Das ist wie bei jeder Leidenschaft: Man will zeigen, was man kann und schaut auf jede Kleinigkeit schaut man.“
Damit angefangen habe er, weil ein Bekannter zu gesagt habe, dass sein Pflügen gut aussehe und er es mal versuchen solle. „Das hat gleich dann gleich Spaß gemacht“, erzählt Oechsle. Wer Deutschlands zweitschönsten Furchen sehen möchte, der muss sich aber durchaus beeilen beziehungsweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Seine Felder liegen nordöstlich von Ulm, im Langenauer Ried. Aber die schönen, geraden Erdlinien seien oft nur drei oder vier Tage zu bestaunen. „Denn dann wird gesät“, sagt Oechsle.