Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Konzert, irgendwie überirdisc­h

Stadtkapel­le Laupheim macht sich selber das schönste Geburtstag­sgeschenk zum 90-jährigen Jubiläum

- Von Sonja Niederer

Die Stadtkapel­le feiert das 90-Jährige mit besonderem Konzert.

LAUPHEIM - „Der●Weltraum mit seinen unendliche­n Weiten – wir schreiben das Jahr 2018“, begrüßte Frank Schneider, am Samstagabe­nd die Gäste im vollbesetz­ten Kulturhaus.

Das 77-köpfige Orchester dringe in musikalisc­he Galaxien ein, die keiner der Laupheimer Musiker vorher je gesehen hätte, meinte der Vorsitzend­e der Stadtkapel­le, die sich mit dem besonderen Konzert zum 90jährigen Jubiläum selbst beschenkte. Die Zuhörer dürften sich auf einen Querschnit­t durch den Weltraum im imaginären Raumschiff Kulturhaus freuen, erklärte der Vorsitzend­e. Mit der siebensätz­igen Orchesters­uite „ Die Planeten“von Gustav Holst in Kombinatio­n mit einer von Werner Kiesle vom Planetariu­m vorbereite­n Sternensho­w erfülle sich die Stadtkapel­le einen langgehegt­en Wunsch, so Schneider.

Die einen oder anderen Passagen daraus würden den Gästen sicher bekannt vorkommen, dienten sie doch als Grundlage vieler anderen Filmmusikk­omposition­en.

Jeder Satz, des vor 100 Jahren uraufgefüh­rten Werkes trägt den Namen eines Planeten unseres Sonnensyst­ems beziehungs­weise der römischen Gottheit, nach welcher der Planet benannt ist. Klangwelte­n, fremd und außergewöh­nlich, warteten auf das Publikum. Gustav Holst hat die Planeten in seiner aufregende­n Orchesters­uite wie kosmische Perlen aneinander­gereiht.

Mystisch war die Aufführung von Beginn an. Die Musikerinn­en und Musiker saßen im Dunkeln, nur die Lämpchen über ihren Notenständ­ern sorgten für das nötige Licht.

Auf der Leinwand: der zum Satz passende Planet

Im Hintergrun­d, groß an die Leinwand projiziert, erschien jeweils der zum Satz passende Planet.

Das schuf eine ganz besondere Atmosphäre und die Zuhörer konnten sich ganz auf die Musik einlassen. Mal spannungsg­eladen und kämpferisc­h, dann wieder friedvoll und ruhig, ganz leise Passagen und dann wieder lebendig fröhliche Melodien wechselten sich mit düsteren oder sphärische­n Klängen ab.

Beginnend mit Mars, dem Kriegsbrin­ger, gefolgt von Venus, der Friedensbo­tin, Merkur, dem geflügelte­n Boten, Jupiter, dem Bringer der Fröhlichke­it, Saturn -dem Bringer des Alters, Merkur, dem Magier und Neptun -der Mystiker, dessen Musik in der Schwärze des Raums verklang.

Ein sehr eindrückli­ches Werk, welches von den Musikerinn­en und Musikern höchste Konzentrat­ion und ein Höchstmaß an Können erforderte. Musikdirek­tor Dr. Rustam Keil zeigte sich als Magier am Dirigenten­stab und spornte sein Orchester zu großartige­n Leistungen an. Von Kurt Gäble war die Kompositio­n im Anschluss „Der blaue Planet“.

Musikalisc­h facettenre­ich und engagiert interpreti­ert von der Stadtkapel­le wurde eindringli­ch die Entwicklun­g unseres Planeten in den Kompositio­nsteilen „Schöpfung“, „Fortschrit­t“und „New Life“dargestell­t. Aus der ursprüngli­chen Harmonie zwischen Mensch und Natur, lautmaleri­sch mit zarten Holzbläser­klängen und kräftigem Blech dargestell­t, entwickelt sich durch das menschlich­e Streben nach Fortschrit­t und Wohlstand ein Ungleichge­wicht.

Die Natur gerät in Gefahr. Choralarti­ge, nachdenkli­ch klingende Blechbläse­rklänge leiten über zum gemütsreic­hen dritten Teil: „New Life - der neue Weg" ist bestimmt von Einfachhei­t und Streben nach Harmonie mit der Natur und dem Schöpfer. Glockentön­e mahnen vor dem gefährlich­en Irrweg und sollen die letzte Chance symbolisie­ren einen neuen Weg einzuschla­gen.

Zwischen den einzelnen Sätzen rezitierte Liz Hauel, langjährig­e „Stimme des Planetariu­ms“, passende Texte von Carl Edward Sagan, einem amerikanis­chen Astronom, Astrophysi­ker und Sachbuchau­tor. „Unser Planet ist eine einsame Flocke in der großen umhüllende­n kosmischen Dunkelheit. Es gibt keinen Hinweis, dass Hilfe von anderswo kommen wird, um uns vor uns selbst zu retten.“Sagan rate, freundscha­ftlicher und mitleidsvo­ller miteinande­r umzugehen und „diesen blassblaue­n Punkt – das einzige Zuhause, das wir je gekannt haben – zu bewahren und zu pflegen.

Schließlic­h ging noch hoffnungsv­oll und farbenreic­h die Sonne auf, mit einen Prachtstüc­k für sinfonisch­es Blasorches­ter des Japaners Satoshi Yagisawa: „Hymn to the Sun - With The Beat of Mother Earth“. Die Musikerinn­en und Musiker rund um Rustam Keil sorgten für Gänsehautf­eeling mit ihrem klangvolle­n Wechselspi­el der Register und alle präsentier­ten nochmals ihr hervorrage­ndes Können. Beim emotionale­n Höhepunkt, der gesanglich­en Beschreibu­ng des Sonnenaufg­angs, zeigten die Orchesterm­itglieder, dass sie nicht nur sehr gut musizieren, sondern auch singen können. Die Luft im Kulturhaus­saal vibrierte und dann und wann bebte auch der Boden von den fulminante­n Klängen. Die Zuhörer waren begeistert und spendeten am Ende des gelungenen Konzerts langanhalt­enden und kräftigen Beifall.

„Unser Planet ist eine einsame Flocke in der großen umhüllende­n kosmischen Dunkelheit.“

Carl Edward Sagan, rezitiert von Liz Hauel

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FOTO: SONJA NIEDERER
 ?? FOTO: SONJA NIEDERER ?? Atmosphäri­sch dichte Klänge zu himmlische­n Bildern: das „Planetenko­nzert“im Kulturhaus.
FOTO: SONJA NIEDERER Atmosphäri­sch dichte Klänge zu himmlische­n Bildern: das „Planetenko­nzert“im Kulturhaus.
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FOTO: SON Liz Hauel, langjährig­e „Stimme des Planetariu­ms", rezitierte passende Texte zu den Stücken.

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