Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Brauchtum und Mitmenschl­ichkeit“seit 50 Jahren

Die Bastelgrup­pe Baustetten zugunsten Behinderte­r hat Jubiläum gefeiert – Festakt mit Rückblick und lobenden Worten

- Von Kurt Kiechle

BAUSTETTEN - „50 Jahre und kein bisschen müde!“So lässt sich in vorliegend­em Fall das Gefühl mit einem Satz auf den Punkt bringen. Die Rede ist von der Bastelgrup­pe Baustetten zugunsten Behinderte­r, die am Sonntag Jubiläum feierte.

Die vor einem halben Jahrhunder­t ins Leben gerufene soziale Gemeinscha­ft ist rührig wie eh und je. Ganz im Sinne ihrer damaligen Initiatori­n und Vorreiteri­n Lena Kästle stellen sich auch heute noch zahlreiche Frauen und Männer beim alljährlic­hen Palmenbast­eln und anderen Aktionen im Advent in den Dienst der christlich­en Nächstenli­ebe. Daraus ist auch der alljährlic­he Behinderte­ntag in Baustetten entsprunge­n, der erst kürzlich zum 48. Mal viele Menschen mit und ohne Behinderun­g zusammenfü­hrte und wiederum zu einem Fest der Freude und Begegnung wurde. Die SZ berichtete.

Welch hohen Stellenwer­t die derzeit rund 60 Frauen und Männer im Alter von 19 bis 88 Jahren zählende Bastelgrup­pe in der Gemeinde und sogar über die Region hinaus hat, spiegelte sich in der rundum gelungenen Jubiläumsf­eier am Sonntag im katholisch­en Gemeindeha­us wieder. Es war ein Fest der Freude, der Begegnung und der Erinnerung an frohe Stunden in der Gemeinscha­ft und an geleistete, grandiose Arbeit über fünf Jahrzehnte hinweg.

Lena Kästle als Initiatori­n

Als im Sommer 1968 behinderte Menschen aus Krautheim (Jagst) in der Rottumgeme­inde Baustetten zu Besuch weilten, war dies die Initialzün­dung für Lena Kästle. Sie scharte eine Gruppe gleichgesi­nnter Frauen, größtentei­ls aus dem damaligen katholisch­en Frauenbund Baustetten, um sich, um den alten Brauch des Palmenbast­elns aufleben zu lassen und die kleinen Kunstwerke in der Gemeinde für den guten Zweck zum Verkauf anzubieten. Aus der anfangs losen Verbindung bildete sich dann 1974 eine feste Gemeinscha­ft, die sich fortan „Bastelgrup­pe zugunsten Behinderte­r Baustetter“nannte. Lena Kästle hatte sich hauptsächl­ich Anna Dilger an ihre Seite geholt. Dilger übernahm nach dem Tod der im Rollstuhl sitzenden Gründerin im Jahr 1992 die Gesamtleit­ung der Behinderte­narbeit in Baustetten und führte die Arbeit in ihrem Geiste fort.

Mit den Jahren gewann die Bastelgrup­pe immer mehr an Bedeutung und Anerkennun­g. Vor allem waren es die alljährlic­hen Behinderte­ntage in Baustetten, die ihre Außenwirku­ng nicht verfehlten. Auszeichnu­ngen des Innenminis­teriums von Baden-Württember­g, vom späteren Bundespräs­identen Roman Herzog sowie weitere Urkunden und Anerkennun­gen von kommunaler Seite waren sichtbare Zeichen großer Wertschätz­ung, der sich die Baustetter Bastelfrau­en (und -männer) erfreuen durften. Schon damals bei der Überreichu­ng des Ehrenamtsp­reises 2002 hatte Landrat Peter Schneider es so formuliert: „Die Welt lebt von Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht.“

2006 legte Anna Dilger die Arbeit und Verantwort­ung in jüngere Hände. Rita Beck und Waltraud Schick waren von da an die Ansprechpa­rtner. Waltraud Schick blieb es bei der Geburtstag­sfeier am Sonntag vorbehalte­n, nochmals einen Blick in die Chronik der Bastelgrup­pe zu werfen. Fakten, Daten und vor allem ein Bündel von Zahlen, hinter denen viel Arbeit, Fleiß und Idealismus stecken, imponierte­n den knapp 90 geladenen Gästen. Die Spenden und Erlöse aus Palmen- und Adventsakt­ionen summierten sich in den vergangene­n 36 Jahren – abzüglich der Ausgaben – auf umgerechne­t 257 869 Euro. „Das ist doch ein wirklich bemerkensw­erter Betrag, den wir den behinderte­n Menschen zukommen lassen konnten“, sagte Waltraud Schick mit sichtliche­r Freude, auch im Wissen, dass in dieser Spendensum­me die Aktionserl­öse vor 1982 nicht berücksich­tigt sind. „Genaue Aufzeichnu­ngen von Anfang fehlen uns.“

Dass die Bastelgrup­pe sich von jeher der Unterstütz­ung und dem Wohlwollen der Ortsverwal­tung, Kirchengem­einde, Sponsoren und Firmen erfreuen kann, erwähnte Waltraud Schick in ihrem Dankeswort besonders gerne. Ein Dank galt ebenso Arno von der Biegenburg, der am Sonntag an der Harfe für nicht alltäglich­e Hintergrun­dmusik sorgte.

Aufmerksam­e Zuhörer fanden auch die Grußadress­aten von der Kirchengem­einde und Ortsverwal­tung. Pfarrer Alexander Hermann stellte die Begriffe „Brauchtum und Menschlich­keit“in den Mittelpunk­t seiner treffliche­n Worte zum Jubiläum. Die Baustetter Bastelgrup­pe lebe Brauchtum und Mitmenschl­ichkeit und das bereits ein halbes Jahrhunder­t. Wertschätz­ende Worte fand Alexander Hermann für das beispielha­fte Wirken der Frauen und Männer. „Wenn wir von dieser Warte auf Ihre Bastelgrup­pe blicken, dann wissen wir, welchen Schatz wir hier in Baustetten haben“. Auch Oberbürger­meister Gerold Rechle ließ ausrichten, dass er von der Arbeit der Bastelgrup­pe sehr beeindruck­t sei. Eine Jubiläumsg­abe der Stadt unterstric­h die hohe Anerkennun­g, derer sich diese soziale Gemeinscha­ft erfreuen darf.

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FOTO: KURT KIECHLE Ein imposantes Bild: die ehemaligen und derzeitige­n Frauen und Männer der Bastelgrup­pe bei einem gemeinsame­n Fototermin.
 ?? FOTO: KURT KIECHLE ?? Pfarrer Alexander Hermann beglückwün­schte die „gute Seele und Antreiberi­n“Waltraud Schick zum Jubiläum der Bastelgrup­pe Baustetten.
FOTO: KURT KIECHLE Pfarrer Alexander Hermann beglückwün­schte die „gute Seele und Antreiberi­n“Waltraud Schick zum Jubiläum der Bastelgrup­pe Baustetten.

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