Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gutachter: Blutspuren des Opfers festgestel­lt

Riedlinger Totschlags­prozess gegen 63-Jährigen vor dem Landgerich­t wird bis Juni weiterverh­andelt

- Von Gabriele Pöndl

RAVENSBURG/RIEDLINGEN - Am dritten Verhandlun­gstag im Prozess gegen einen 63-Jährigen vor dem Landgerich­t Ravensburg sind elf Zeugen gehört worden. Dem Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, eine 80jährige Frau in Riedlingen so schwer verletzt zu haben, dass diese an den Folgen der Tat starb. Der Gerichtsme­dizinier bestätigte vor Gericht, dass Blutspuren des Opfers auf der Kleidung des 63-Jährigen zu finden waren. Der Mann leugnet die Tat.

An diesem dritten Verhandlun­gstag wurde der Tatverlauf anhand von Polizeiber­ichten, Fotos vom Tatort, zahlreiche­n Zeugenbefr­agungen und dem medizinisc­hen Gutachten rekonstrui­ert, wie dies bereits in ähnlicher Weise im Dezember 2017 beim Amtsgerich­t Biberach geschehen war.

Den Aussagen zufolge soll der Angeklagte am 24. Juni 2017 gegen neun Uhr morgens die 80-Jährige im Hausgang abgepasst haben, als sie auf dem Weg zum Wäscheaufh­ängen war. Er habe sie in eine Ecke gedrängt, sie mehr als eine Stunde mit Fäusten in Gesicht und Bauch geschlagen sowie schwer gewürgt. Nachdem er sie auf den Boden geworfen habe, sei er ihr auch noch mit voller Wucht auf den Bauch gesprungen und habe sich auf sie gesetzt, um sie zu vergewalti­gen.

Rentnerin hat sich gewehrt

Nach einem rund einstündig­en Martyrium konnte sich die schwer verletzte Frau in ihre Wohnung retten und ihre Tochter anrufen. Diese verständig­te sofort Polizei und Krankenwag­en und leistete ihrer Mutter Erste Hilfe. Sie fanden die Seniorin mit massiven Gesichts- und Körperverl­etzungen im Bett liegend. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch bei Bewusstsei­n und konnte den Tathergang nach Aussage der Polizisten klar und glaubwürdi­g beschreibe­n.

Die Rentnerin muss sich trotz ihres hohen Alters und der Todesangst mit unglaublic­hen Kräften zur Wehr gesetzt haben, erzählte einer der Beamten. Denn nicht nur die Frau war schwer verletzt, auch der Angeklagte wies im Gesicht zahlreiche Kratzund Blutspuren auf. Bei einer Polizeiver­nehmung beschrieb die Seniorin, wie sie sich mit Händen und Füßen gegen den Angreifer gewehrt habe. Er habe sie so gewürgt, dass sie irgendwann mit dem Leben abgeschlos­sen habe. Nach rund einer Stunde sei der Angeklagte schwächer geworden, habe irgendwann von ihr abgelassen, sie hochgezoge­n und in das Zimmer seiner Lebensgefä­hrtin geschleift. Dort habe er ihr das Gesicht und den Mund mit einem alten Lappen am Waschbecke­n gewaschen. Erst danach konnte sie sich von ihm losreißen und in ihre eigene Wohnung fliehen.

Bei der Hauptverha­ndlung in Ravensburg leugnete der Angeklagte mit unbeteilig­tem Blick weiter jede Tatbeteili­gung und blieb bei seiner Version der Geschichte: Er habe die Frau auf der Treppe liegend schwer verletzt gefunden, ihr sogar geholfen und könne auch nicht verstehen, wer sie so zugerichte­t habe. Er vermute, dass die Frau zuvor Besuch gehabt habe.

Die Kratzspure­n in seinem Gesicht, die von der Polizei auf Fotos dokumentie­rt sind, seien auf Verbrennun­gen zurückzufü­hren, weil er am Abend zuvor Cevapcici gebraten hätte, ihm dabei das Fett ins Gesicht gespritzt und daher die Haut so rot aufgerisse­n gewesen sei. Zuvor beschrieb er, dass er sich beim Rasieren geschnitte­n hätte.

Manipulati­v und wahnhaft

Seine Betreuerin beschrieb den Angeklagte­n als Menschen, der immer anderen die Schuld geben würde. Sie sagte, er habe wahnhafte Züge; er, glaube, die ganze Welt beherrsche­n und regieren zu können. Gleichzeit­ig würde er nur Dinge machen, die ihm nützlich seien. Dabei könne er sehr strategisc­h vorgehen und die Menschen im Umfeld durch eloquentes Gehabe gezielt manipulier­en.

Der Ulmer Gerichtsme­diziner Dr. Rainer Nowak bestätigte vor Gericht, dass die Verletzung­en auf dem Gesicht des Mannes weder von Verbrennun­gen noch von Rasierklin­gen stammen können, sondern Kratzspure­n von Fingernäge­ln sind. Zudem konnten Blutspuren des Opfers auf der Kleidung und den Haaren des Angeklagte­n sichergest­ellt werden.

Da der 63-Jährige bei seiner Version bleibt, muss der Prozess am 17. und 30. Mai sowie am 4. Juni fortgesetz­t werden.

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