Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gutachter: Blutspuren des Opfers festgestellt
Riedlinger Totschlagsprozess gegen 63-Jährigen vor dem Landgericht wird bis Juni weiterverhandelt
RAVENSBURG/RIEDLINGEN - Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen einen 63-Jährigen vor dem Landgericht Ravensburg sind elf Zeugen gehört worden. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, eine 80jährige Frau in Riedlingen so schwer verletzt zu haben, dass diese an den Folgen der Tat starb. Der Gerichtsmedizinier bestätigte vor Gericht, dass Blutspuren des Opfers auf der Kleidung des 63-Jährigen zu finden waren. Der Mann leugnet die Tat.
An diesem dritten Verhandlungstag wurde der Tatverlauf anhand von Polizeiberichten, Fotos vom Tatort, zahlreichen Zeugenbefragungen und dem medizinischen Gutachten rekonstruiert, wie dies bereits in ähnlicher Weise im Dezember 2017 beim Amtsgericht Biberach geschehen war.
Den Aussagen zufolge soll der Angeklagte am 24. Juni 2017 gegen neun Uhr morgens die 80-Jährige im Hausgang abgepasst haben, als sie auf dem Weg zum Wäscheaufhängen war. Er habe sie in eine Ecke gedrängt, sie mehr als eine Stunde mit Fäusten in Gesicht und Bauch geschlagen sowie schwer gewürgt. Nachdem er sie auf den Boden geworfen habe, sei er ihr auch noch mit voller Wucht auf den Bauch gesprungen und habe sich auf sie gesetzt, um sie zu vergewaltigen.
Rentnerin hat sich gewehrt
Nach einem rund einstündigen Martyrium konnte sich die schwer verletzte Frau in ihre Wohnung retten und ihre Tochter anrufen. Diese verständigte sofort Polizei und Krankenwagen und leistete ihrer Mutter Erste Hilfe. Sie fanden die Seniorin mit massiven Gesichts- und Körperverletzungen im Bett liegend. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch bei Bewusstsein und konnte den Tathergang nach Aussage der Polizisten klar und glaubwürdig beschreiben.
Die Rentnerin muss sich trotz ihres hohen Alters und der Todesangst mit unglaublichen Kräften zur Wehr gesetzt haben, erzählte einer der Beamten. Denn nicht nur die Frau war schwer verletzt, auch der Angeklagte wies im Gesicht zahlreiche Kratzund Blutspuren auf. Bei einer Polizeivernehmung beschrieb die Seniorin, wie sie sich mit Händen und Füßen gegen den Angreifer gewehrt habe. Er habe sie so gewürgt, dass sie irgendwann mit dem Leben abgeschlossen habe. Nach rund einer Stunde sei der Angeklagte schwächer geworden, habe irgendwann von ihr abgelassen, sie hochgezogen und in das Zimmer seiner Lebensgefährtin geschleift. Dort habe er ihr das Gesicht und den Mund mit einem alten Lappen am Waschbecken gewaschen. Erst danach konnte sie sich von ihm losreißen und in ihre eigene Wohnung fliehen.
Bei der Hauptverhandlung in Ravensburg leugnete der Angeklagte mit unbeteiligtem Blick weiter jede Tatbeteiligung und blieb bei seiner Version der Geschichte: Er habe die Frau auf der Treppe liegend schwer verletzt gefunden, ihr sogar geholfen und könne auch nicht verstehen, wer sie so zugerichtet habe. Er vermute, dass die Frau zuvor Besuch gehabt habe.
Die Kratzspuren in seinem Gesicht, die von der Polizei auf Fotos dokumentiert sind, seien auf Verbrennungen zurückzuführen, weil er am Abend zuvor Cevapcici gebraten hätte, ihm dabei das Fett ins Gesicht gespritzt und daher die Haut so rot aufgerissen gewesen sei. Zuvor beschrieb er, dass er sich beim Rasieren geschnitten hätte.
Manipulativ und wahnhaft
Seine Betreuerin beschrieb den Angeklagten als Menschen, der immer anderen die Schuld geben würde. Sie sagte, er habe wahnhafte Züge; er, glaube, die ganze Welt beherrschen und regieren zu können. Gleichzeitig würde er nur Dinge machen, die ihm nützlich seien. Dabei könne er sehr strategisch vorgehen und die Menschen im Umfeld durch eloquentes Gehabe gezielt manipulieren.
Der Ulmer Gerichtsmediziner Dr. Rainer Nowak bestätigte vor Gericht, dass die Verletzungen auf dem Gesicht des Mannes weder von Verbrennungen noch von Rasierklingen stammen können, sondern Kratzspuren von Fingernägeln sind. Zudem konnten Blutspuren des Opfers auf der Kleidung und den Haaren des Angeklagten sichergestellt werden.
Da der 63-Jährige bei seiner Version bleibt, muss der Prozess am 17. und 30. Mai sowie am 4. Juni fortgesetzt werden.