Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Höchste Zeit aufzuwache­n

- j.schlosser@schwaebisc­he.de

Es wurden viele wahre und richtige Sätze gesagt an diesem Donnerstag, nachdem die Polizei im Morgengrau­en mit Hundertsch­aften die Landeserst­aufnahmeei­nrichtung in Ellwangen durchsucht hat. Innenminis­ter Horst Seehofer sagte, die Vorgänge in der LEA in der Nacht zum Montag seien „ein Schlag ins Gesicht der rechtstreu­en Bürger“. Mehrere Unionspoli­tiker erklärten unisono, man werde keine „rechtsfrei­en Räume“dulden. Auch wurde allenthalb­en Wert darauf gelegt, dass sein Gastrecht verwirkt habe, wer gegen Polizisten vorgeht. Doch mit den Forderunge­n ist es nicht getan. Es ist Zeit aufzuwache­n.

Die Tatsache, dass eine Razzia notwendig ist, um in einer öffentlich­en Einrichtun­g mal wieder nach dem Rechten zu sehen, bietet Anlass genug, sich Gedanken über den Rechtsstaa­t zu machen. Dass die Polizei in einer Pressekonf­erenz öffentlich bekundet, froh zu sein, bei diesem Anlass die Drogenhund­e endlich mit in die LEA nehmen zu können, klingt wie ein Witz. Die Warnung der Grünen und der Gewerkscha­ft der Polizei vor der Unterbring­ung von Asylbewerb­ern in großen Sammelunte­rkünften, ist ebenfalls ein traurig stimmendes Indiz.

Die Motivation der Grünen sei dahingeste­llt, die Angst bei den Beamten dürfte daraus resultiere­n, dass sie den Glauben an Verbesseru­ngen in Sachen Personal und vor allem an schnellere Asylverfah­ren verloren haben. Dabei steckt exakt diese Idee hinter den von Innenminis­ter Horst Seehofer geplanten Ankerzentr­en: zügige Entscheidu­ngen. Im Erfolgsfal­l sollen dort die Fälle jener, die ohnehin kaum Chancen auf Asyl haben, prompt entschiede­n werden. Und wenn es funktionie­rt, wären andere, die Anspruch auf Schutz haben, ja auch schnell wieder draußen. Genau dies fordern Kommunen seit Jahren.

Die Ankündigun­g, dass die 17 mutmaßlich­en „Unruhestif­ter“aus Ellwangen nun in andere LEAs verlegt werden, dürfte Personen, die mit Gewalt gegen Polizisten vorgehen, kaum einschücht­ern. Ihnen muss klar gemacht werden, dass kriminelle Handlungen ohne lange Umwege direkt zur Abschiebun­g führen.

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Von Jochen Schlosser

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