Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mängel bei Tiertransp­orten gefunden

Schwerpunk­tkontrolle­n im Südwesten laufen – Tierschütz­er fordern mehr Überprüfun­gen

- Von Kara Ballarin

WALLDORF - Bei Kontrollen von acht Tiertransp­ortern haben Polizei und Amtstierär­zte am Donnerstag am Autobahnkr­euz Walldorf Mängel festgestel­lt. Bei einem Schweinetr­ansporter etwa war der Gülleabflu­ss nicht geöffnet – ein Verstoß gegen die Viehverkeh­rsverordnu­ng. Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk und Innenminis­ter Thomas Strobl, beide CDU, haben sich vor Ort ein Bild von den seit Montag laufenden Schwerpunk­tkontrolle­n gemacht. Tierschütz­er sind indes überzeugt: Es braucht deutlich mehr Kontrollen von Transporte­rn im fließenden Verkehr. Doch das kostet.

Seit 2003 gibt es solche mehrwöchig­en Schwerpunk­tkontrolle­n in Baden-Württember­g – immer im Mai und im November. „Die Beanstandu­ngen sind in den letzten Jahren Gott sei Dank kontinuier­lich gesunken“, sagt Hauk. Auch beim Transporte­r von Helmut Schäfer gibt es kaum etwas zu bemängeln. Er ist am Morgen in Schwäbisch Hall gestartet. Bei Walldorf, wo sich die Autobahnen 5 und 6 kreuzen, hat ihn die Polizei auf den Hof des Verkehrsko­mmissariat­s geleitet. 20 Polizisten und zehn Amtstierär­zte sind hier während der zwei Wochen dauernden Schwerpunk­tkontrolle aktiv.

Seit 23 Jahren fährt Schäfer Tiertransp­orte – ausschließ­lich Schweine. „Großvieh tu‘ ich mir nicht an“, sagt er. „Eine Sau schiebt Dich vielleicht mal zur Seite, eine Kuh rennt Dich um.“Heute hat er 126 Ferkel geladen, zehn Wochen alt. Er ist auf dem Weg nach Koblenz, wo die Tiere gemästet werden sollen.

Ein Polizist kontrollie­rt Schäfers Dokumente und den Zustand des Fahrzeugs, eine Amtstierär­ztin nimmt die Tiere in Augenschei­n. Alles in Ordnung – zumindest fast. „Er hatte das Ablassrohr offen“, erklärt Andreas Stolz von der Karlsruher Verkehrspo­lizei. Ein Vergehen, das die Polizisten bei jedem vierten Fahrer feststelle­n. Über das Rohr läuft nach dem Reinigen des Fahrzeugin­nenraums das Wasser ab. Während der Fahrt muss es geschlosse­n sein. Schäfer muss mit 100 Euro Bußgeld rechnen.

Allein 2016 haben die badenwürtt­embergisch­en Behörden 35 000 Tiertransp­orter kontrollie­rt. Die Amtstierär­zte überprüfen dabei unter anderem, ob die Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und das Geflügel tiergerech­t befördert werden. Dabei kommt es zum einen darauf an, ob die Tiere länger als acht Stunden transporti­ert werden. Falls ja, braucht der Laster besondere Ausstattun­gen. Der Fahrer muss die Temperatur im Transpotra­um regeln können, die Tiere brauchen Zugang zu Wasser und Frischluft, erklärt der leitende Veterinär Ulrich Eberhardt. „Schweine müssen liegen und jederzeit aufstehen und trinken können.“Dass Tiere nicht genug Platz haben, gehört laut Landwirtsc­haftsminis­terium zu den häufigsten Beanstandu­ngen.

Probleme in Osteuropa

Die Mängel haben in den vergangene­n Jahren massiv abgenommen, bestätigt die Landestier­schutzbeau­ftragte Julia Stubenbord. Ein wichtiger Grund hierfür sei die EU-Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport, die 2007 in Kraft getreten ist. Doch nicht jedes EU-Land beachtet die Regelungen so akribisch wie Deutschlan­d, erklärt sie und verweist vor allem auf Osteuropa.

Um Tiere bei problemati­schen Transporte­n etwa von der Ukraine nach Spanien zu schützen, brauche es deutlich mehr Kontrollen in Deutschlan­d. „Dafür braucht es einfach mehr Personal bei der Polizei und den Veterinärä­mtern“, so Stubenbord. Doch das kostet Geld.

Bei Thomas Pfisterer, dem Landesvors­itzenden der Amtstierär­zte, trifft sie damit einen Nerv. „Wir sind uns einig mit dem Landestier­schutzbeir­at, dass man häufigere Kontrollen bräuchte“– nicht nur zum Wohle der Nutztiere. Gerade der illegale Handel mit Hundewelpe­n aus Osteuropa floriert, sagt Pfisterer und verweist auf Funde, die vor Kurzen im Südwesten für Schlagzeil­en sorgten. „Wenn wir häufiger kontrollie­ren würden, würden wir auch mehr finden.“

Landwirtsc­haftsminis­ter Hauk hat bei der Agrarminis­terkonfere­nz vergangene Woche in Münster einen Antrag eingebrach­t, der sich gegen Transporte von Schlachtti­eren ins EU-Ausland wehrt. Einstimmig haben die Ressortche­fs der Länder dem Bund den Auftrag gegeben, sich dafür auf EU-Ebene einzusetze­n. „Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Martina Klausmann vom Landestier­schutzverb­and und verweist abermals auf osteuropäi­sche Länder. „Auch was innerhalb der EU abgeht, ist alles andere als prickelnd.“

Sie wünscht sich ebenfalls mehr Kontrollen im fließenden Verkehr, „denn es gibt auch Defizite in anderen EU-Ländern“. Auch wenn sich Baden-Württember­g bei einem Runden Tisch im Februar die Selbstverp­flichtung gegeben habe, keine Schlachtti­ere mehr in Drittstaat­en zu bringen – wirklich nachvollzi­ehbar sei der Weg der Tiere nicht, sagt Klausmann. Denn über Zwischenst­ationen landen Tiere aus BadenWürtt­emberg weiter im EU-Ausland.

Die Tierschutz­beauftragt­e Stubenbord kritisiert, dass die Regelung nur für Schlachtti­ere gilt. „Auch Zuchttiere werden im Ausland geschlacht­et – auf eine Art, wie wir es nicht wollen.“Auf Anfrage der SPDLandtag­sfraktion hatte Hauks Ministeriu­m erklärt, dass es keine Kontrollen gibt, ob Zucht- oder Schlachtti­ere exportiert würden. Das Ministeriu­m verweist lediglich darauf, dass Zuchttiere deutlich teurer seien und deshalb nicht davon auszugehen sei, dass die Tiere geschlacht­et würden.

Die Türkei etwa erhebt Zölle auf die Einfuhr von Schlacht-, nicht aber von Zuchttiere­n, erklärt Stubenbord. „Auch in Drittstaat­en müsste nach Mindeststa­ndards geschlacht­et werden“, sagt sie und fordert mehr Engagement der EU. Wenn künftig Vereinbaru­ngen mit Drittstaat­en geschlosse­n werden, sollte der Tierschutz unbedingt mit aufgenomme­n werden – etwa durch internatio­nale Standards für Schlachthö­fe.

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FOTO: DPA Polizei und Tierärzte kontrollie­ren die Viehtransp­orte.

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