Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Chemiker mit Erfahrung als Pianist
Beim Chemiekonzern BASF hat künftig Martin Brudermüller das Sagen
LUDWIGSHAFEN (dpa) - „Nach vorne“, „Innovation“, „Begeisterung“: Wer mit dem neuen BASF-Chef Martin Brudermüller spricht, hört diese Worte öfter. Sie signalisieren eine Dynamik, die dem Chemiker eigen zu sein scheint. Der sportlich und offensiv wirkende 56-Jährige ist seit 30 Jahren bei der BASF und hatte in dieser Zeit zehn Posten inne. Ein Werdegang, den der selbstbewusste Manager mit Blick auf die elfte Tätigkeit für „ideal“hält: Als Vorstandschef müsse er keinen Kaltstart hinlegen. „Ich kenne viele Menschen im Unternehmen, und ich weiß, dass ich auf die bauen kann.“
Brudermüller war schon 2010 als Spitzenkandidat im Gespräch. Den Zuschlag bekam damals allerdings Kurt Bock. Der Betriebswirt ist auch ein BASF-Gewächs, wirkt aber distanzierter als Brudermüller. Der gilt in der Belegschaft nicht nur als freundlich und mitreißend, sondern auch als entschlussfreudig und zupackend, wenn es um neue Geschäftsfelder geht. Viele sehen in ihm einen Macher.
Der „Neue“, der mit leicht schwäbischem Einschlag spricht, wurde in Stuttgart geboren, wuchs aber im badischen Karlsruhe auf, wo er auch Chemie studierte und promovierte. Der Vater, ein Kernphysiker, habe in ihm schon früh ein Interesse für Naturwissenschaften geweckt und ihn – als er sich für Chemie entschied – damit geneckt, er habe „den schmutzigen Teil der Physik“gewählt. Der Sohn konterte, dass der Chemiker Otto Hahn statt der Kernphysiker die Kernspaltung entdeckte.
Über einen Ferienkurs der BASF für ausgewählte Doktoranden kam er mit der Firma in Kontakt. 1988 begann er im Ammoniak-Labor der BASF. 2006 wechselte er als Vorstandsmitglied mit der Zuständigkeit für die Region Asien-Pazifik nach Hongkong. 2015 kam er zurück und wurde Technologievorstand.
Technikchef will er bleiben. „Dafür schlägt mein Herz“, sagt der Manager, der unter anderem eine Funktion in der Nationalen Plattform Elektromobilität hat. Dass die BASF derzeit – wegen der Fusion der USKonkurrenten Dow und Dupont – nicht mehr weltgrößter Chemiekonzern ist, scheint ihn nicht zu irritieren. Größe allein sei nicht das Thema. „Wir wollen der innovativste und führende Hersteller sein für Chemieprodukte.“
Bereits als Technikvorstand und Vize-Vorstandschef habe sich Brudermüller dafür eingesetzt, die Innovationskraft des Konzerns zu stärken, sagt der Betriebsratsvorsitzende der BASF SE, Sinischa Horvat. „Als Arbeitnehmervertreter sehen wir das als eine positive Entwicklung an.“Innovationen seien nicht nur der Motor für neue Produkte, Anwendungen oder Märkte, sondern auch für neue Jobs – „und zwar für gute Jobs“.
Brudermüller treibt Sport, hat dafür aber – wie für die Oper und das Klavierspiel, für das er 17 Jahre Unterricht nahm – wenig Zeit. Er versuche, sich fit zu halten, sagt der verheiratete Vater von 22 Jahre alten Zwillingen beiderlei Geschlechts. Seine Handwerker-Leidenschaft lebt er an Haus und Auto aus – „weil es mir einfach gut tut, mal was mit den Händen zu machen“.
Der Leiter des IG-BCE-Bezirks Ludwigshafen, Gunther Kollmuß, findet es gut, „dass mal wieder jemand aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, der die BASF gut kennt, das Ruder übernimmt“. Er verspricht sich von dem Wechsel, „dass in den Kernbereichen wieder eine stark auf den Chemiemarkt ausgerichtete Politik erfolgt“.