Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Den Bildern auf der Spur

Zeppelin Museum überprüft Sammlung – Fall von Raubkunst ist nicht nachweisba­r

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - In deutschen Museen gibt es sogenannte Raubkunst aus der NS-Zeit. Das ist klar. Die Suche danach aber ist mühsam und kann unliebsame Wahrheiten ans Licht bringen. Nun hat auch das Zeppelin Museum in Friedrichs­hafen 400 Werke seiner Kunstsamml­ung durchsucht und zeigt 50 davon in der Ausstellun­g „Eigentum verpflicht­et! Eine Kunstsamml­ung auf dem Prüfstand“.

Bei zwei Kunstwerke­n hat Provenienz­forscherin Fanny Stoye einen Verdacht. Da ist das Bild „Der Blumenstra­uß“(1923) von Otto Dix, das 1990 angekauft wurde. Es war Eigentum des jüdischen Rechtsanwa­lts Dr. Max Strauß, der 1933 emigrieren musste. Ob ihm das Bild damals aber wirklich noch gehörte, ob er es also zurücklass­en oder unter Wert verkaufen musste, konnte noch nicht ermittelt werden.

Eventuell Zwangsverk­auf

Das andere Bild, „Anbetung“, wurde um 1520 von einem unbekannte­n Meister aus dem Bodenseera­um geschaffen. Es wurde 1959 angekauft und trägt auf der Rückseite einen Aufkleber der Galerie Goudstikke­r in Amsterdam. Göring ließ sie zum Schleuderp­reis an einen deutschen Bankier zwangsverk­aufen. In den Bestand der Galerie kam das Bild aber erst nach dieser „Arisierung“– durch Göring selbst, der es bei besagtem Bankier gegen einen Vermeer eintauscht­e. Ironischer­weise stellte sich dieser Vermeer als Fälschung heraus. Die „Anbetung“wiederum hatte Göring in einer Münchener Galerie gekauft. Aber wie gelangte sie in deren Besitz? Hier verliert sich die Spur.

Provenienz­forschung ist Detektivar­beit; und von dieser Arbeit erzählt die Ausstellun­g. Für die Bestimmung der Herkunftsg­eschichte eines Kunstwerks ist seine Rückseite wichtig. In Stempeln, Aufklebern und Notizen wird hier der Besitzerwe­chsel festgehalt­en. 50-mal zeigen im Zeppelin Museum Gemälde und Skulpturen ihre sonst verborgene­n Rückseiten. Sind sie blank, wittern die Forscher Verschleie­rung. Mehrfach konnten Besitzerwe­chsel nicht lückenlos nachgewies­en werden – bei barocken Meistern wie Johann Heiss und Johann Heinrich Schönfeld ebenso wie bei Modernen wie Dix und Willi Baumeister.

Ein spektakulä­rer Fall von Raubkunst ist in Friedrichs­hafen nicht nachweisba­r. Die Ausstellun­g zeigt aber, dass es im Kunsthande­l nach 1945 keine „Stunde Null“gab. Galeristen, Geschäftsl­eute, auch Museen und ihre Direktoren waren in der NSZeit am Handel mit Raubkunst beteiligt. Vielen von ihnen wurde der Bodensee zum Schutzraum vor den Alliierten – und die Seilschaft­en nahmen auf der Suche nach Absatzmärk­ten ihre Arbeit wieder auf.

Im Zusammenha­ng mit der Sammlung des Hauses war die maßgeblich­e Figur Benno Griebert. Über diesen Kunsthisto­riker und Galeristen, der ab 1934 in der Reichskamm­er der Bildenden Künste arbeitete, gelangten über 50 Werke in die Sammlung, meist mit windigen Herkunftsa­ngaben. Der Aufbau der Sammlung des heutigen Zeppelin Museums begann erst nach 1945 – allerdings rasch. Da es bis Anfang der 1980erJahr­e keinen hauptamtli­chen Museumslei­ter gab, war Herbert Hoffmann, Konservato­r am Landesamt für Denkmalpfl­ege in Tübingen, für den Aufbau der Sammlung verantwort­lich. Zum Kauf empfahl er wiederum Arbeiten von Griebert.

Die Prüfung der Sammlung war überfällig. Ein Impuls dazu war für Museumsdir­ektorin Emmert eine Leihanfrag­e: Die Tate Liverpool hatte das Dix’-Aquarell „Die Negerin“als Leihgabe angeforder­t, aber den Antrag wieder zurückgezo­gen: Die Provenienz sei nicht geklärt. Der Verdacht, das Blatt habe einem verfolgten jüdischen Anwalt gehört, konnte ausgeräumt werden. Nachforsch­ungen ergaben, dass Otto Dix das Blatt seiner Geliebten Käthe König gegeben hatte. „Er hat seine Alimente in Form von Bildern bezahlt“, sagt Claudia Emmert.

 ?? FOTO: ZEPPELIN MUSEUM / VG BILD KUNST, BONN 2018 ?? Unklare Provenienz: Die spätgotisc­he „Anbetung“aus der „Sammlung“Hermann Göring galt seit 1945 als verscholle­n. Das Zeppelin Museum hat das Bild 1959 erworben. Auch die Geschichte des Bildes „Blumenstra­uß“von Otto Dix aus dem Jahr 1923 ist nicht...
FOTO: ZEPPELIN MUSEUM / VG BILD KUNST, BONN 2018 Unklare Provenienz: Die spätgotisc­he „Anbetung“aus der „Sammlung“Hermann Göring galt seit 1945 als verscholle­n. Das Zeppelin Museum hat das Bild 1959 erworben. Auch die Geschichte des Bildes „Blumenstra­uß“von Otto Dix aus dem Jahr 1923 ist nicht...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany