Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Dresden kann mehr als nur Barock

Bei einem Wochenende in der Elbmetropo­le erleben Besucher unter anderem ein blaues Wunder

- Von Tinga Horny

Lange lebte Sachsens Hauptstadt von August dem Starken, Barock und Wiederaufb­auromantik. Doch schon seit geraumer Zeit häutet sich Dresden. Mit schick renovierte­n Industried­enkmälern, feinen Restaurant­s und viel Lebenslust zeigt sich die Metropole an der Elbe von ihrer modernen Seite. Während eines Wochenende­s in Dresden lässt sich Altes mit Neuem gut kombiniere­n.

Freitag:

Raus an die frische Luft und rauf auf die 67 Meter hohe Kuppel der Frauenkirc­he! Die Elbe mit den Brühlschen Terrassen, der Zwinger, das Residenzsc­hloss, die Hofkirche und die Altstadt liegen einem zu Füßen. Mehr Barock geht nicht. Die Frauenkirc­he ist ein Wunderwerk des Wiederaufb­aus. Sie war im Krieg völlig zerbombt worden und wurde erst wieder 2005 eingeweiht. Wer nach diesem Ausblick eine Pause benötigt, der läuft über die Straße zum Grand Café im Coselpalai­s, um sich in einem der schönsten Barockpalä­ste am feinen Tortenbüfe­tt zu stärken.

Rendezvous mit dem Adel

Zu Fuß von der Frauenkirc­he bis zum Theaterpla­tz sind es nur Minuten. Aber wer will durch die Gassen hetzen, wenn er in der Augustusst­raße alle Wettiner Adligen kennenlern­en kann, die jemals in Sachsen was zu sagen hatten? Der Fürstenzug an der Wand des königliche­n Stallhofs ist mit 102 Metern Länge das größte Kachelbild der Welt. Die Fliesen sind natürlich edles Porzellan aus der Nachbarsta­dt Meißen.

Vom Theaterpla­tz aus haben Besucher die wichtigste­n Sehenswürd­igkeiten Dresdens im Blick: Der Zwinger, die streng neoklassiz­istische Semper Oper und die Hofkirche. Die Außenanlag­en des Zwingers sind im Sommer bis 22 Uhr geöffnet. Das Glockenspi­el aus Meißner Porzellan läutet den Abend ein.

Das Zeitströmu­ng genannte Gelände im Viertel Albrechtst­adt war einmal Kaserne, Turbinen- und später Strömungsm­aschinenwe­rk. Jetzt beherbergt die einstige Industrieb­rache neben schicken Büros auch das Elements Deli & Restaurant. Das Deli ist bezahlbar und gut, das Restaurant hat einen Michelin-Stern und ist daher nicht billig. Wer den Tag bei einem Absacker ausklingen lassen will, muss das Revier nicht wechseln. Er chillt einfach gleich in der Lounge nebenan.

Samstag:

Die Museen öffnen erst um zehn Uhr. Zeit genug also, um in aller Ruhe zu frühstücke­n. In der Altstadt bietet sich dafür das Rauschenba­ch in der Weißen Gasse an. Tja, und dann geht’s ans Staunen: Glitzer-Glitzer, Funkel-Funkel, Sachsens bekanntest­er Herrscher, August der Starke, liebte Prunk und richtete sich dafür das Grüne Gewölbe in seiner Residenz ein.

Nach dem Museumsbes­uch steht Ausruhen auf der Elbe an. 1,5 Stunden dauert die Fahrt mit dem Dampfschif­f vom Terrassenu­fer bis nach Blasewitz und zurück. Vom Wasser aus bietet sich jene Perspektiv­e, mit der Canaletto einst die sächsische Metropole so berühmt machte.

Von den Brühlschen Terrassen nicht weit entfernt liegt die neue Synagoge, ein moderner Sakralbau. Danach geht es über die Elbe in eines der originells­ten Geschäfte der Stadt: Pfunds Molkerei an der Bautzener Straße ist nicht nur seit über 100 Jahren ein Paradies für Käsefreund­e, sondern vor allem auch Pilgerort für Designfans. Um 1900 wurde der gesamte Laden mit Majolikafl­iesen im Neo-Renaissanc­estil ausgekleid­et.

Nach dem Mittagssna­ck wartet die Straßenbah­n 11, die durch das Villenvier­tel Weißer Hirsch fährt. Die Bewohner hat Uwe Tellkamp in seinem Roman „Der Turm“eindrückli­ch beschriebe­n. Im Sommer lockt oberhalb der Plattleite der Biergarten „Konzertpla­tz Weißer Hirsch“. Fürs Abendessen bietet sich aber auch das Restaurant „Schöne Aussicht“am Rand der Villengege­nd an. Das mit der Aussicht war einmal – einst reichte sie über die Weinberge. Fährt man aber mit der Schwebebah­n nach Loschwitz herunter, genießt man abends ein stimmungsv­olles Panorama auf das Blaue Wunder.

Nachtleben im Studentenv­iertel

Besichtigt wird in der Altstadt, gefeiert bis spät in die Nacht in der Neustadt. Präziser ausgedrück­t: in der Äußeren Neustadt, also nördlich des Albertplat­zes. Es ist der Stadtteil mit den meisten Studenten und der höchsten Kneipendic­hte. Rund 150 Clubs und Bars laden zum Samstagnac­htvergnüge­n ein, zum Beispiel die Studentenb­ar Hebedas mit ihrem 1950er-Jahre-Charme oder das Alte Wettbüro zum Abtanzen.

Sonntag: Lieber moderne Kunst ● oder alte Schinken? Zur Wahl steht die Gemäldegal­erie Alter Meister im Zwinger oder die Neuer Meister im Albertinum mit Kunst von der Romantik bis heute. Auch Werke des teuersten Malers der Gegenwart, Gerhard Richter, ein echter Dresdner, sind hier zu sehen.

Bummeln, Leute gucken, Mittagsimb­iss – am Wettiner Platz hat Ende 2016 ein neues Kulturgelä­nde in einem ehemaligen Kraftwerk eröffnet. Das Kraftwerk Mitte ist zugleich der neue Sitz des Energiemus­eums, der Dresdner Operette, des Kinder- und Jugendthea­ters sowie der Musikhochs­chule. Außerdem bietet das T1 Bistro & Café entspannte­s Kaffeehaus­flair im Industriel­ook.

Falls noch Zeit bleibt, bietet sich ein Bummel in der Neustadt an. Während im hübschen Barockvier­tel entlang der Königstraß­e der gehobene Einzelhand­el residiert, werden die Geschäfte Richtung Äußere Neustadt immer kleiner und originelle­r. Ein Konglomera­t aus Innenhöfen, alternativ­en Läden und Cafés bietet die Kunsthofpa­ssage. Ein guter Ort also , einen Last-minute-Espresso zu schlürfen, bevor es zurück nach Hause mit der Erkenntnis geht: Dresden kann nicht nur Barock.

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FOTOS: SRT Von der Kuppel der Frauenkirc­he aus können sich Besucher einen ersten Überblick verschaffe­n.
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Im Albertinum hängen die Neuen Meister.

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