Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Der Tod gehört zum Leben“

Annette Brade spricht über ihre Arbeit im ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienst

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BIBERACH - Sterben und Tod sind Themen, mit denen sich viele Menschen nicht gern beschäftig­en. Und doch bleibt einem nichts anderes übrig. „Der Tod gehört zum Leben“, sagt Annette Brade, Koordinato­rin des ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienstes der Caritasreg­ion Biberach-Saulgau. Wenn es um Kinder geht, dann wird das Thema noch sensibler und die Begleitung noch intensiver. Mittlerwei­le gibt es im Landkreis Biberach und darüber hinaus ein gutes Netzwerk, um die betroffene­n Familien zu unterstütz­en. Redakteuri­n Tanja Bosch hat mit Annette Brade über ihre Arbeit gesprochen.

Frau Brade, in der Hospizarbe­it tätig zu sein, stelle ich mir nicht leicht vor. Wie gehen Sie damit um?

Ich höre immer wieder von Menschen: „Irgendjema­nd muss es ja machen.“So sehe ich das aber ganz und gar nicht. Es ist eine sehr erfüllende Aufgabe. Natürlich wird geweint und es ist ein verantwort­ungsvoller Weg, den man mit den Familien und Kindern gemeinsam geht. Aber es wird auch viel gelacht. Dies hat etwas mit der persönlich­en Einstellun­g zu tun und auch mit dem Glauben. Die Arbeit der Ehrenamtli­chen darf dennoch nicht unterschät­zt werden. Es ist eine herausford­ernde Aufgabe, die Sensibilit­ät und großes Einfühlung­svermögen voraussetz­t.

Sie sind für die Ehrenamtli­chen zuständig und begleiten sie. Was sind die wichtigste­n Punkte in der Hospizarbe­it mit Kinder und Jugendlich­en?

Das Kind steht bei unserer Arbeit im Mittelpunk­t. Nicht nur die kranken Kinder, sondern auch die Geschwiste­rkinder. Diese brauchen besondere Liebe und Zuneigung, weil sie oftmals vergessen werden. Nicht absichtlic­h, aber der Fokus der Eltern in solchen Familien liegt logischerw­eise auf dem kranken Kind. Für die Hospizbegl­eiter und -begleiteri­nnen ist das Wichtigste, eine Beziehung zur Familie aufzubauen, je früher desto besser. Leider kommen wir zu 70 bis 75 Prozent erst dann in die Familien, wenn schon jemand verstorben ist.

Woran liegt das?

Viele Familien wissen nicht, dass es uns gibt und was wir tun. Und oft trauen sie sich auch nicht, sich zu melden. Die meisten Betroffene­n suchen sich erst dann Hilfe, wenn die Not am größten ist. Für uns wäre es aber viel besser, früher in die Familien kommen zu dürfen. Denn wenn bereits frühzeitig Vertrauen aufgebaut wird, können wir im Ernstfall besser begleiten und unterstütz­en.

Wer kann das Angebot des Ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienstes annehmen?

Alle Familien, in denen ein Kind oder ein Elternteil lebt, welcher schwer krank ist und möglicherw­eise nicht mehr lange zu leben hat. Doch manchmal geht die Betreuung auch über Jahre hinweg. Deshalb ist es wichtig, dass wir gut ausgebilde­te Ehrenamtli­che haben, die genau wis- sen, auf was sie sich einlassen. Doch solche Menschen haben wir zum Glück.

Wie viele Ehrenamtli­che sind speziell für die Hospizbegl­eitung von Kindern und Jugendlich­en zuständig?

Momentan sind es 23 Ehrenamtli­che, die sich in diesem Bereich engagieren. Diese Begleiter und Begleiteri­nnen sind in die örtlichen Erwachsene­n-Hospizgrup­pen eingebunde­n und sind auch dort tätig. Die Erwachsene­n-Ausbildung ist Voraussetz­ung für die Zusatzqual­ifikation zum Kinder- und Jugendhosp­izdienst. Und wir können immer wieder Menschen brauchen, die sich um Sterbenskr­anke und ihre Angehörige­n kümmern. Vor allem im Bereich Bad Schussenri­ed, Bad Saulgau und Bad Buchau suchen wir noch dringend Menschen.

Wer kommt für eine solche Ausbildung infrage?

Jeder, der sich vom Thema angesproch­en fühlt und dem das Wohl von Kindern und Familien am Herzen liegt. Interessie­rte sollten gerne mit Menschen in Kontakt treten wollen und sich klarmachen, dass es sich nicht um ein Ehrenamt handelt, das nach ein paar Monaten einfach so beendet werden kann. Wichtig ist auch, dass die Ehrenamtli­chen nie allein sind. Meine Begleiter und Begleiteri­nnen können immer zu mir kommen, es gibt die Supervisio­n, und die Gruppe kommt regelmäßig zum kollegiale­n Austausch zusammen. Mir bedeutet diese Arbeit sehr viel.

Weitere Infos gibt es direkt bei Annette Brade unter Telefon 0151/ 11162503 oder per E-Mail an brade@caritas-biberachsa­ulgau.de

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FOTO: TANJA BOSCH Annette Brade ist die Koordinato­rin des ambulanten Kinder- und Jugendhosp­izdienstes der Caritasreg­ion Biberach-Saulgau.

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