Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Prime Time für ein wichtiges Thema
Kamerateam der ARD begleitet Demenzexperte Michael Wissussek für Pflege-Doku
BAD BUCHAU - Michael Wissussek ist derzeit nur selten allein anzutreffen. Fünf Tage lang wird der Demenzexperte aus Bad Buchau von einem Kamerateam der ARD begleitet. Wissusseks Engagement ist Inhalt einer Dokumentation über Pflege, denn die Ansätze der Riedlinger Seniorengenossenschaft und das Demenzlotsensystem sind deutschlandweit einzigartig. Ausgestrahlt wird die Doku am Montag, 11. Juni – und zwar zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.
Feuerwehrautos, Rettungs- und Notarztwagen sind vor dem Buchauer Feuerwehrgerätehaus aufgefahren, alle blitzblank wie direkt aus der Waschstraße; davor, nicht weniger herausgeputzt, Vertreter von Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund und SanaKlinik – ein beeindruckendes Bild. Besser lässt sich wohl der gemeinsame Einsatz der Hilfsorganisationen im Landkreis für Demenzkranke nicht in Szene setzen.
Wirkmächtige Bilder, bewegende Szenen, das sind wichtige Zutaten für eine Fernsehproduktion. „Wir versuchen, hochwertige Bilder zu machen“, erklärt Redakteur Jürgen Rose. Schließlich soll die Doku mit dem Titel „Pflege: Hilft denn keiner?“direkt nach der Tagesschau und vor der Sendung „Hart aber fair“ausgestrahlt werden, in der das Thema möglicherweise noch vertieft werde. Also zur Prime Time um 20.15 Uhr. „Das ist ein toller Sendeplatz. Da gucken Millionen zu und wir fühlen uns da schon dem Publikum verpflichtet“, sagt Rose, der auch Beiträge zum SWR-Politmagazin „Zur Sache, Baden-Württemberg“produziert.
Modell mit Vorbildcharakter
Damit möchte die ARD auch das wichtige Thema Pflege in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Vieles liegt da schließlich derzeit im Argen – Stichwort: Pflegenotstand. In der 45-minütigen Sendung, die Rose gemeinsam mit seinen Kollegen Julian Gräfe und Thomas Schneider gestaltet, soll deshalb auch die Sicht einer pflegenden Angehörigen und eines Pflegers dargestellt werden.
„Aber wir wollen auch zeigen“, sagt Rose, „wie es funktionieren könnte – mit der Riedlinger Seniorengenossenschaft als Leuchtturmprojekt.“Denn die Ansätze aus Riedlingen und Bad Buchau seien deutschlandweit wirklich einmalig. Für das SWR-Fernsehen begleitet der Redakteur die Aktivitäten der Seniorengenossenschaft schon seit einigen Jahren und kennt Michael Wissussek von früheren Drehterminen. Mit der Doku soll das Engagement der Seniorengenossenschaft und ihres Einrichtungs- und Pflegedienstleiters Wissussek nun auch mal deutschlandweit vorgestellt werden, als Modell mit Vorbildcharakter. „Man sieht, hier ziehen alle am selben Strang.“
Das trifft auch für Rettungskräfte im Landkreis Biberach zu. Seit 2011 wurde das Demenzlotsensystem im Kreis kontinuierlich ausgebaut. Wie sich die Hilfe besser vernetzen lässt, das soll nun im Buchauer Feuerwehrgerätehaus in gemeinsamer Runde diskutiert werden. „Die ganze Blaulichtprominenz ist heute versammelt“, freut sich Michael Wissussek, der für die Fernsehkamera sogar seine Uniform angelegt hat – schließlich ist der Fachberater Demenz offizielles Mitglied der Buchauer Wehr.
Bevor die Gesprächsrunde beginnt, ist Wissussek aber noch vor der Kamera gefragt, einen O-Ton abgeben. Redakteur Rose rückt ihn schnell noch ins rechte Licht – „bitte den Oberkörper etwas seitlich drehen“–, schon geht es los mit dem spontanen Kurzinterview.
„Auf die Dauer wird’s schon anstrengend“, berichtet Wissussek lachend von den Dreharbeiten. Denn die fünf Drehtage sind gut durchgetaktet. Stand am Mittwoch das Maibaumfest in der Riedlinger Demenzpflege an, bei der etwa Vorsitzender Josef Martin von der Seniorengenossenschaft, die Riedlinger Stadtkapelle oder der Männerchor Tiefenbach einen Gastauftritt hatten, folgen in den nächsten Tagen noch eine Reihe weiterer Termine: ein Vortrag im Buchauer Bürger-Café, der Tanz in den Mai in Bad Buchau, einige Beispiele für ehrenamtlich organisierte Pflege und das Fest der Inklusion auf Schloss Ehrenfels bei Hayingen.
Immer volle Konzentration
Für Wissussek als Initiator dieser Veranstaltungen bedeutet das, ständig vor der Kamera präsent zu sein. Und immer wieder kommentiert der Demenzexperte in Interviews das Geschehen, ordnet ein, erklärt das dahinterstehende Konzept: „Da ist immer volle Konzentration gefragt. Man muss schon die richtige Wortwahl finden – und Aufregung würde da sehr schaden“, sagt Wissussek. Deshalb versuche er, bewusst „runterzufahren“. Spannend sind die Drehtage aber allemal.
Auch für Redakteur Rose, Kameramann Tim Hägele und Tontechniker Heiner Scholz. „Gestern ging’s richtig zur Sache, da kam unser Kameramann ins Schwitzen“, berichtet Rose lachend vom ersten Drehtag. Schließlich prasselten auch auf die Fernsehleute viele neue Eindrücke ein. Das Maibaumfest hat Rose, der aus Ravensburg stammt, besonders beeindruckt. Pflege müsse sich nicht fernab der Öffentlichkeit in Heimen abspielen, sondern mitten in der Gesellschaft. „Das hat man bei dem Fest gesehen.“
Und diese Botschaft möchte auch Wissussek transportieren. Auch wenn die Drehtage ganz schön anstrengen, sei er dankbar für die Chance, ein wichtiges Thema in die Öffentlichkeit zu rücken. „Es macht irre Spaß. Und es ist auch keine Sendung über irgendwas, wir können wirklich praktische Hilfsmöglichkeiten aufzeigen.“
Die Doku „Pflege: Hilft denn keiner?“mit Jürgen Rose, Julian Gräfe und Thomas Schneider ist am Montag, 11. Juni, ab 20.15 Uhr in der ARD zu sehen. Weitere Bilder vom Dreh gibt es unter „Bad Buchau“auf
www.schwäbiche.de