Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ulm schafft zweiten Blitz-Anhänger an
Die Stadt setzt beim Umgang mit Temposündern auf eine flexible Anlage
ULM - Fast fünf Millionen Euro Bußgelder haben Verkehrssünder im vergangenen Jahr an die Stadt Ulm bezahlt. Allein eine Anlage deckte 12 500 Geschwindigkeitsverstöße auf. Diese Anlage hat die Stadt im vergangenen Mai gekauft. Es ist ein semistationärer Blitzer, der in einem Anhänger für acht bis zehn Tage an einem Ort abgestellt wird und dort das Tempo kontrolliert. Wegen der guten Erfahrungen, die die Ulmer mit dem Gerät gemacht haben, soll die Verwaltung ein weiteres anschaffen, das hat der Hauptausschuss entschieden. Kostenpunkt: 240 000 Euro. Das sind noch einmal 60 000 Euro mehr, als die Verwaltung im Vorjahr für den Blitzer im Anhänger ausgegeben hatte.
Ums Abzocken oder Geld verdienen gehe es nicht, betonten verschiedene Stadträte in der Sitzung. Michael Joukov (Grüne) rechnete sogar vor, dass die Stadt gar nicht so viel durch die Bußgelder verdiene, weil ja auch Personalkosten anfielen. Die freilich halten sich beim Blitz-Anhänger in Grenzen. Die Anlage wird aufgestellt und wieder abgebaut, wenn der Akku zur Neige geht. In der Zwischenzeit muss sich kein Mitarbeiter darum kümmern.
Das ist einer der Vorteile, die Rainer Türke, der Leiter der städtischen Sicherheit, Ordnung und Gewerbe, sieht. Er ergänzt: „Wir können die Anlage flexibel an verschiedenen Orten einsetzen.“Zum Beispiel zum
Schuljahresbeginn vor Schulen und Kindergärten, aber auch nachts an Strecken, die Fahrer für Angebertouren mit hohem Tempo und heulenden Motoren nutzen. Gerade bei Einsätzen in der Olgastraße und in der Frauenstraße habe der alte Anhänger-Blitzer hohe Einnahmen in die Kasse gespült.
Dort, am Altstadtring, setzt die Stadt ihre Blitzer besonders häufig ein. An manchen Tagen gibt es vorab
Absprachen mit der Polizei, einem Dekra-Gutachter und einer Autowerkstatt. Bei den Kontrollen werden manche aufgemotzten Autos direkt aus dem Verkehr gezogen. „Da sind wir sehr erfolgreich“, berichtete Türke. „Das spricht sich in der Szene herum – vor allem, wenn das schöne Auto stillgelegt wird.“
Auch wegen der fast schon traditionell vielen Baustellen in der Stadt sei die semistationäre Messanlage
sinnvoll. Wird ein Straßenabschnitt gesperrt oder ändern sich Tempolimits, kann der Blitz-Anhänger anderswo aufgestellt werden. Zudem kann die Stadt auf Beschwerden von Anwohnern reagieren und den Wagen an den entsprechenden Orten zum Einsatz bringen.
Türke erinnert daran, dass sich bei stationären Blitzern wie auf dem Blaubeurer Ring ein Gewohnheitseffekt einstelle: Manche Fahrer bremsen vor der Messanlage ab und beschleunigen dann wieder. Wenn die Geschwindigkeit an vielen unterschiedlichen Orten in der Stadt gemessen werde, würden Raser noch stärker abgeschreckt.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Dorothee Kühne schränkte ein, dass es nicht nur Raser seien, die zu schnell unterwegs sind: „Die Leute fahren in Gedanken ihre üblichen Wege. Wir brauchen eine mentale Unterstützung des alltäglichen Verkehrsverhaltens.“Deshalb plädierte sie dafür, neben den Blitzern auch die digitalen Anzeigen mit sogenannten Raser-Smileys einzusetzen. Diese zeigen je nach Geschwindigkeit ein lachendes oder wütendes Gesicht, ohne dass gleich Bußgelder kassiert werden. „Das eine geht nicht ohne das andere“, sagte sie. Dass nicht jeder Temposünder ein Raser ist, belegen auch die Zahlen der Stadt. „Wir haben nur wenige Verstöße im hohen Bereich“, berichtete Rainer Türke.
Als einen kritischen Punkt hatte Martin Rivoir (SPD) auch die Neue Mitte ausgemacht, wo abends fast jeder schneller fahre als erlaubt. Doch wenn einer der Blitz-Anhänger dort aufgestellt werden würde, wäre er von beiden Seiten gut zu erkennen. Der gewünschte Effekt könnte kaum erzielt werden. Dort setze man Busse mit Blitz-Anlagen ein, entgegnete Rainer Türke.
Die Stadträte sprachen sich einstimmig dafür aus, die neue Anlage anzuschaffen.