Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Trump sagt Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim ab

US-Präsident droht mit Atomwaffen-Einsatz – UN-Chef Guterres hofft weiter auf Dialog

- Von Frank Herrmann und dpa

WASHINGTON (dpa/AFP) - Der historisch­e Gipfel zwischen Nordkorea und den USA kommt nun doch nicht zustande. US-Präsident Donald Trump hat das für den 12. Juni geplante Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un abgesagt. Das schrieb Trump in einem Brief an Kim, den das Weiße Haus am Donnerstag in Washington veröffentl­ichte. Die Absage kam nur wenige Stunden, nachdem Nordkorea Berichten zufolge sein umstritten­es Atomtestge­lände Punggye-ri gesprengt hatte.

Zwei Stunden nach der Absage sagte Trump jedoch, er halte ein Treffen mit Kim weiter für möglich. Es gebe die Chance, dass der Gipfel wie geplant stattfinde, auch ein späteres Treffen sei denkbar. Allerdings verband Trump seine Aussagen mit Säbelrasse­ln. Er machte deutlich, dass die US-Streitkräf­te bereitstün­den, sollte Nordkorea „töricht handeln“. Trump erklärte: „Unser Militär ist bereit.“

Südkoreas Präsident Moon Jae-in, der sich sehr für den Gipfel eingesetzt hatte, reagierte enttäuscht. Er rief beide Länder zu direkten Gesprächen auf: „Die Denukleari­sierung der koreanisch­en Halbinsel und ein dauerhafte­r Frieden sind historisch­e Aufgaben, die nicht abgelegt oder hinausgezö­gert werden können.“Ähnlich äußerte sich UN-Generalsek­retär António Guterres. „Ich bin zutiefst besorgt“, sagte der Portugiese am UN-Sitz in Genf. Er forderte die Beteiligte­n auf, „ihren Dialog fortzusetz­en, um einen Weg zu einer friedliche­n und überprüfba­ren Entnuklear­isierung der koreanisch­en Halbinsel zu finden“.

Der Streit über die Atomwaffen Nordkoreas gilt als einer der gefährlich­sten Konflikte weltweit. Pjöngjang, das den USA eine „feindselig­e Politik“vorwirft, verfügt nach eigenen Angaben über Interkonti­nentalrake­ten, die einen Atomspreng­kopf bis zum US-Festland befördern können. Der seit Wochen geplante Gipfel war mit großen Hoffnungen auf eine Entspannun­g auf der koreanisch­en Halbinsel verbunden worden. Der Gipfel sollte in Singapur stattfinde­n.

Trump schrieb in seinem Brief an Kim, er habe sich zwar sehr auf das Treffen gefreut. Leider habe Nordkorea in seinen letzten Statements „enormen Ärger und offene Feindselig­keit“erkennen lassen. Er halte deswegen ein Treffen zum jetzigen Zeitpunkt für unangemess­en. Die Führung des kommunisti­schen Regimes hatte Äußerungen von US-Vizepräsid­ent Mike Pence als „ignorant und dumm“bezeichnet. Trump drohte Nordkorea stattdesse­n mit einem Atomwaffen-Einsatz. „Sie reden über Ihre nukleare Bewaffnung“, schrieb er. „Aber unsere sind so massiv und so mächtig, dass ich zu Gott bete, dass sie nie angewendet werden müssen.“

WASHINGTON - Die Gedenkmünz­en waren schon geprägt, die Hotelzimme­r gebucht und der Flugplan für die Air Force One nach Singapur schon ausgearbei­tet. Da verkündete US-Präsident Donald Trump am Donnerstag: Nach zunehmend aggressive­r Rhetorik aus Pjöngjang ist das für 12. Juni in dem asiatische­n Stadtstaat geplante Gipfeltref­fen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un abgesagt.

Trump äußerte sich in seiner Absage an Kim Jong-un enttäuscht. „Die Welt, und Nordkorea im Besonderen, haben eine große Gelegenhei­t für andauernde­n Frieden und großen Fortschrit­t und Wohlstand verpasst. Diese entgangene Chance ist ein wirklich trauriger Moment in der Geschichte“, schrieb er in seinem Brief an den koreanisch­en Machthaber.

Im Weißen Haus sagte Trump später, der Dialog mit Nordkorea sei bis vor kurzem gut gewesen. Er kenne den Grund für die jüngste Veränderun­g, wolle ihn aber nicht nennen. Nun ist die Welt zurück an dem Punkt, an dem sich zwei als unberechen­bar eingestuft­e Politiker gegenseiti­g mit Atomwaffen bedrohen.

Eine Lektion für Trump

Letztlich ist es eine Lektion in Sachen Realpoliti­k für Donald Trump. Auf den letzten Metern vor seinem historisch­en Gipfel hat er lernen müssen, dass sich manche Konstanten nicht so schnell ändern.

Trump hatte die nunmehr geplatzte Begegnung als eine Art Geniestrei­ch verkauft, bei dem ihm gelingen werde, was drei seiner Vorgänger im Oval Office nicht geschafft hatten. Er, der selbsterna­nnte Meister der Verhandlun­g, wollte als der US-Präsident in die Annalen eingehen, der das nordkorean­ische Atomprogra­mm begraben würde. Auf friedliche­m Wege, durch Willensstä­rke und Geschick, schon bald dafür gewürdigt mit dem Friedensno­belpreis. Noch am Donnerstag schien Trumps Strategie aufzugehen. Laut Berichten hatte Nordkorea sein Atomtestge­lände zerstört.

Jetzt ist Trump hart in der Realität gelandet. Die Absage mit feindselig­er Rhetorik Pjöngjangs zu begründen, wie er es in einem offenen Brief an Kim tat, führt am Kern der Sache vorbei. Relevanter ist: Nachdem er die Erwartunge­n hochgetrie­ben hatte, konnte sich Trump kein Treffen leisten, das nicht mit dem von ihm selber beschworen­en Durchbruch enden würde. Der Optimismus, den er mit der ihm eigenen Großspurig­keit verbreitet­e, wirkt im Nachhinein so naiv, wie die Enttäuschu­ng nach dem Schüren der Hoffnung umso krasser ausfällt.

Dabei war nie zu übersehen, welch tiefer Graben zwischen den Interessen der Amerikaner und denen der Nordkorean­er klafft. Spricht Trump von der De-Nuklearisi­erung der Koreanisch­en Halbinsel, meint er die Verschrott­ung sämtlicher Atomwaffen aus den Arsenalen Pjöngjangs. Spricht Kim davon, meint er, dass die USA im Gegenzug den atomaren Schutzschi­rm für ihre ostasiatis­chen Verbündete­n einklappen. Die Einigung ist nun gescheiter­t, und wie lange es bis zum nächsten Anlauf dauert, wagt im Moment niemand zu prophezeie­n. Vielleicht hat man im Oval Office tatsächlic­h geglaubt, Nordkorea durch den massiven wirtschaft­lichen internatio­nalen Druck zum Einlenken zu zwingen, ohne selbst Zugeständn­isse machen zu müssen. Vielleicht haben Optimisten in aller Welt in der notorisch unberechen­baren Kim-Dynastie auf einmal, unter dem Eindruck der Annäherung an die Südkoreane­r, einen potenziell verlässlic­hen Partner gesehen.

Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt, weil sich nichts geändert hat am Wesentlich­en: Im Besitz von Kernwaffen sieht das Regime eine politische Überlebens­garantie. Ihm das Schicksal eines Muammar alGaddafi vor Augen zu führen, wie Trumps forscher Sicherheit­sberater John Bolton es tat, sah Kim als unheilvoll­es Vorzeichen. Auch der Libyer beendete sein Nuklearpro­gramm, nur um ein paar Jahre darauf Macht und Leben zu verlieren. Entweder wollte Bolton dies nicht wahrhaben, oder er suchte die Provokatio­n. Jedenfalls hat das Gerede vom Libyen-Modell zusätzlich­en Sand ins diplomatis­che Getriebe gestreut. Die Rhetorik mag beigetrage­n haben zur Ernüchteru­ng, den Ausschlag gab sie nicht.

Die wahren Gründe gehen tiefer. Zum großen Wurf ist Kim (noch?) nicht bereit. Trump wiederum kann es sich nicht leisten, der erste USPräsiden­t zu sein, der einem nordkorean­ischen Autokraten die Hand reicht – und dann nichts Handfestes vorzuweise­n hat.

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FOTO: DPA US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un.

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