Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Merkel setzt auf China
Kanzlerin bekennt sich in Peking zum Freihandel
PEKING (AFP/dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Ministerpräsident Li Keqiang haben sich am Donnerstag in Peking zum freien Welthandel bekannt – und sich gegen US-Präsident Donald Trump gestellt. Deutschland und China setzten beide auf Multilateralismus und „fairen und freien Handel“, sagte Merkel bei ihrem Besuch.
Bei ihrer Unterredung in der Großen Halle des Volkes ging es vor allem um den Handel. Die Bundesregierung sehe chinesische Investitionen in Deutschland nicht negativ. Zudem freue man sich über die angekündigte Öffnung bei Joint Ventures in der Automobilbranche und die Senkung der chinesischen Importzölle auf Autos. Vor allem letztere Entscheidung steht im Gegensatz zu Trumps Plänen. Der US-Präsident hatte dem Handelsministerium den Auftrag erteilt, höhere Einfuhrzölle auf im Ausland gebaute Autos zu prüfen.
PEKING (dpa) - Trotz unveränderter Differenzen beim Marktzugang für deutsche Unternehmen wollen Deutschland und China ihre Zusammenarbeit vertiefen. Bei einem Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping betonte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Peking, dass für sie eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes und gleiche Behandlung von Unternehmen in beiden Ländern bei der Entwicklung der Beziehungen „eine große Rolle spielen“werden.
Reibungslos verläuft der elfte Besuch der Kanzlerin in China nicht. Es gibt Streit über Markthürden und Diskriminierung deutscher Unternehmen. Xi Jinping lobte, die Beziehungen hätten eine „nie da gewesene Breite und Tiefe erreicht“. Die Aussichten seien vielversprechend. Auch werde Bundespräsident FrankWalter Steinmeier noch dieses Jahr China besuchen. Mit Blick auf die am 9. Juli in Berlin anstehenden deutschchinesischen Regierungskonsultationen sagte Merkel, es gebe eine intensive Phase der Arbeit zwischen beiden Ländern. „Bei aller Breite der umfassenden strategischen Partnerschaft ist es so, dass sich die Welt sehr schnell ändert“, sagte Merkel. Dies betreffe die Technologien und wirtschaftlichen Aktivitäten. „Deshalb dürfen wir uns nicht ausruhen auf dem, was wir erreicht haben.“Vielmehr müssten neue Entwicklungen einbezogen werden.
Merkel und Chinas Regierungschef Li Keqiang sprachen sich für eine friedliche Lösung des Konflikts um das Atomwaffen- und Raketenprogramm Nordkoreas durch Dialog aus. Die Nachricht von der Absage des Gipfels mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un durch US-Präsident Donald Trump erreichte die Kanzlerin erst, nachdem sie sich in Peking mit Bürgerrechtsanwälten und Angehörigen von Inhaftierten getroffen hatte.
Seit Juli 2015 läuft in China eine breit angelegte Verfolgung von Bürgerrechtsanwälten, Kanzleimitarbeitern, Angehörigen und Aktivisten. Unter den Inhaftierten sind auch die Anwälte Jiang Tianyong und Yu Wensheng, die die Kanzlerin bei früheren Besuchen kennengelernt hatte, um sich über die Menschenrechtslage in China zu informieren. Während ihres Besuches stellten die Sicherheitsbehörden den Bürgerrechtler Hu Jia unter Hausarrest.
Ob die Kanzlerin in ihren Gesprächen über den Fall der seit acht Jahren unter Hausarrest stehenden Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo gesprochen hat, blieb offen. Chinas Premier reagierte ausweichend auf eine Journalistenfrage nach einer Ausreise von Liu Xia. Die 59-Jährige ist depressiv und möchte nach Deutschland ausreisen. Ihr Mann, der Bürgerrechtler Liu Xiaobo, war vor einem Jahr in Haft an den Folgen von Leberkrebs gestorben.
Kritisch äußerte sich Li Keqiang über den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Iran. „Das hat sehr, sehr negative Folgen für die Lösung anderer Konflikte.“Merkel bekräftigte, dass Deutschland wie der Mitunterzeichner China weiterhin dem Abkommen verpflichtet seien. Beide Regierungschefs bekannten sich angesichts der Abschottung der USA unter Trump zu globalem Freihandel und internationalen Lösungen für Krisen. Merkel wünschte sich Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen der EU mit China.