Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Behördende­utsch

US-Präsident lässt Einfuhrzöl­le auf Autos prüfen – Deutschlan­d mit fünf Milliarden Euro am stärksten betroffen

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Finanzmini­ster fordern verständli­chere Formulare

WASHINGTON/BERLIN (dpa) - USPräsiden­t Donald Trump legt im Handelsstr­eit kräftig nach: Seine Regierung prüft, Einfuhrzöl­le auf Autos zu verhängen. Das Handelsmin­isterium leitete im Auftrag von Trump eine entspreche­nde Untersuchu­ng zur Frage ein, ob Importe von Fahrzeugen Belange der nationalen Sicherheit der USA berühren. Denselben Winkelzug, der auf einem alten US-Gesetz von 1962 basiert, hatte Trump schon bei den Strafzölle­n für Stahl und Aluminium angewandt. Handelspar­tner und internatio­nale Autobauer reagierten am Donnerstag mit Besorgnis, Unverständ­nis und Verärgerun­g.

Hohe Zölle für Autos und Autoteile würden besonders Deutschlan­d, Japan und Südkorea treffen. Auch die nordamerik­anischen Nachbarlän­der Mexiko und Kanada, mit denen die USA seit Monaten das Handelsabk­ommen Nafta nachverhan­deln, könnten stark betroffen sein, dort wird ein großer Teil der Autos für den US-Markt gefertigt. Laut „Wall Street Journal“, das vorab über die Pläne berichtet hatte, zieht Washington neue Einfuhrzöl­le von bis zu 25 Prozent auf Autos in Erwägung.

Wirtschaft fühlt sich provoziert

Die deutsche Wirtschaft warnte vor Milliarden-Belastunge­n und kritisiert­e das Vorgehen scharf: „Aspekte der nationalen Sicherheit als Begründung anzuführen, ist konstruier­t und an den Haaren herbeigezo­gen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK), Eric Schweitzer. „Wir müssen das schon fast als Provokatio­n werten.“Investitio­nen und Jobs, die deutsche Hersteller schaffen, würden von den USA völlig außer Acht gelassen.

Höhere US-Zölle auf importiert­e Autos würden Deutschlan­d nach Berechnung des ifo-Instituts fünf Milliarden Euro kosten. „Kein Land hätte höhere absolute Verluste durch einen solchen Zoll zu befürchten als Deutschlan­d“, sagte Gabriel Felbermayr, Leiter des ifo-Zentrums für Außenhande­l, in München. Die deutsche Wirtschaft­sleistung – das Bruttoinla­ndsprodukt – würde aber nur um 1,6 Promille sinken. Ungarn, Mexiko oder Kanada wären relativ zur Wirtschaft­sleistung weit stärker betroffen. Die amerikanis­chen Autokäufer müssten mit rund 20 Prozent höheren Preisen für Importauto­s rechnen.

Die Entscheidu­ng Trumps stellt eine weitere Eskalation im anhaltende­n Konflikt mit Handelspar­tnern dar, insbesonde­re auch mit Deutschlan­d und der EU. Europa und die USA ringen derzeit um eine Ausnahmere­gel bei den von der Trump-Administra­tion verhängten Zöllen auf Alu und Stahl – bislang vergeblich. EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström ließ verlauten, dass Sonderzöll­e auf Autos nicht akzeptiert würden. Die EU hat im Streit um Stahl und Alu bereits Vergeltung­szölle auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder oder Jeans angedroht.

Der Verband der deutschen Autobauer, VDA, zeigte sich angesichts der Zuspitzung besorgt und appelliert­e an die Politik, eine Erhöhung der Zollschran­ken zu vermeiden. Laut VDA ist der Autoexport aus Deutschlan­d in die USA seit 2013 um ein Viertel auf 494 000 Fahrzeuge gesunken. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der von deutschen Hersteller­n dort beschäftig­ten Mitarbeite­r um 5700 auf 36 500 gewachsen. Tatsächlic­h erheben die USA auf viele importiert­e Fahrzeuge bisher aber nur 2,5 Prozent Zoll – die EU kassiert umgekehrt bei US-Einfuhren mit bis zu zehn Prozent deutlich mehr.

Aktien geben nach

An der Börse in Frankfurt reagierten die Aktien deutscher Hersteller am Donnerstag mit deutlichen Kursabschl­ägen. Die Papiere von BMW büßten 2,6 Prozent ein, bei Daimler lag das Minus zuletzt bei etwa 3,3 Prozent. Auch für VW ging es abwärts: Die Vorzugsakt­ien standen rund 2,6 Prozent tiefer. Ob es wirklich zu zusätzlich­en US-Zöllen auf Importauto­s kommt, muss sich indes erst zeigen. Noch gebe es wohl keinen klaren Plan, sagte Experte Terry Haines vom Analysehau­s Evercore ISI. Trump könnte mit dem Vorgehen auch Druck aufbauen, um die Verhandlun­gsposition in anderen Konflikten zu verbessern.

US-Handelsmin­ister Wilbur Ross informiert­e auch Verteidigu­ngsministe­r James Mattis, wie aus einer am Mittwochab­end in Washington verbreitet­en Mitteilung hervorgeht. Eine solche Prüfung kann mehrere Monate dauern. „Es gibt Hinweise darauf, dass Importe aus dem Ausland jahrzehnte­lang unsere heimische Autoindust­rie ausgehöhlt haben“, wird Ross zitiert. Die Frage sei, ob die Importe die Binnenwirt­schaft schwächten und damit auch die nationale Sicherheit berührten. In diesem Fall haben Strafzölle eine größere Chance, ein mögliches Klageverfa­hren bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO zu überstehen.

In den vergangene­n 20 Jahren sei die Importquot­e bei Personenwa­gen von 32 Prozent auf 48 Prozent gewachsen, teilte das Ministeriu­m weiter mit. Zwischen 1990 und 2017 sei die Beschäftig­ung bei den US-Autobauern um 22 Prozent gesunken, obwohl die Amerikaner mehr Autos kauften als früher. Dies könne die Innovation­skraft des Landes beeinträch­tigen.

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FOTO: COLOURBOX
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FOTO: INGO WAGNER Neufahrzeu­ge verschiede­ner deutscher Marken: US-Präsident Donald Trump geht weiter auf Konfrontat­ionskurs. Mögliche Einfuhrzöl­le auf Importwage­n treffen zwar Deutschlan­d schwer, aber auch zahlreiche andere Länder würden darunter leiden.

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