Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eine „Aufklärung­sflut“erwartet den Bürger

Die DSGVO macht Behörden viel Arbeit – Experte sieht Probleme bei kleinen Gemeinden

- Von Daniel Hadrys

RAVENSBURG - Die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) gilt ab sofort auch für Behörden und öffentlich­e Stellen. Das betrifft Finanzämte­r und Führersche­instellen, Rathäuser und Jobcenter. Für die Bürger heißt das: Sie werden viel lesen müssen. Bei jedem Amtsgang und bei jedem Antrag im Internet werden sie darüber aufgeklärt, was mit ihren Daten geschieht und wie lange sie gespeicher­t werden.

Und Informatio­nen sammeln die Behörden reichlich. „Im gesamten Verwaltung­sleben ist man auf personenbe­zogene Daten angewiesen“, erklärt Alexander Kozel, zuständige­r Referent beim baden-württember­gischen Städtetag. „Egal ob bei Abfallgebü­hren, der Übernahme von Bankkonten, Kindergart­enanmeldun­gen oder Eintragung­en auf dem Standesamt: Es gibt keinen Kontakt zwischen Verwaltung und Bürgern, der nicht datenschut­zrelevant wäre.“

Kozel sieht die Städte dafür gut gewappnet, das Niveau des Datenschut­zes sei in Deutschlan­d schon vorher hoch gewesen. Auch haben die großen und mittelgroß­en Städte bereits einen entspreche­nden Beauftragt­en, den die DSGVO vorsieht. Allerdings sei die Rechtssich­erheit einiger Punkte der neuen Verordnung noch unklar. Gemeinsam mit dem Landesdate­nschutzbea­uftragten wolle man jedoch Klarheit schaffen. Eine „Ungewisshe­it, wie sich die Umsetzung wirklich entwickelt“, herrsche daher.

Vorteile für die Bürger

Nathalie Münz, stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in des Landkreist­ags Baden-Württember­g, glaubt, die Umsetzung der DSGVO könne auch zu einer „Aufklärung­sflut“führen. Doch die Informatio­nskanäle wie Hinweisblä­tter in der KFZ-Zulassungs­stelle oder Datenschut­zhinweise im Internet sollen laut Münz ein „Mehr zugunsten des Bürgers“bringen. Die jüngsten Rückmeldun­gen der Behörden an den Landesverb­and würden zeigen, dass die Mitarbeite­r gut aufgestell­t seien. Seit dem Herbst des vergangene­n Jahres habe man sich auf die DSGVO vorbereite­t. „Damit stellen wir sicher, dass die Daten, die wir weitergebe­n und die wir intern verarbeite­n, im Sinne des Bürgers auch rechtlich abgesegnet sind.“Unternehme­n sind nervös deswegen. Umfragen zeigen, dass sich nur ein Viertel der Firmen ausreichen­d vorbereite­t sieht. Bei Verstößen könnten hohe Strafen auf sie zukommen, bis zu vier Prozent des Jahresumsa­tzes.

Für Behörden gilt dies nicht. „Im Vergleich zur freien Wirtschaft gibt es ein bisschen mehr Ruhe, da keine Bußgelder drohen“, sagt Städtetags­Referent Kozel. Schadenser­satzanford­erungen können dennoch erhoben werden bei nachlässig­em Umgang mit den Daten. „Einige Städte haben daher Angst vor Abmahnanwä­lten, die sie verklagen könnten.“

Kay-Uwe Martens, Professor an der Hochschule für öffentlich­e Verwaltung Kehl, teilt diese Befürchtun­g nicht. „Die Schadenser­satzpflich­t gab es bisher schon“, erklärt Martens, der auch das Kommunale Netzwerk Datenschut­z leitet. Wahrschein­licher als Abmahnunge­n sei für Behörden „die Gefahr von Beanstandu­ngen oder gar Anordnunge­n durch den Landesdate­nschutzbea­uftragten“.

Ein Brief des Beauftragt­en bringt laut Martens „ziemliche Unruhe“in eine Behörde. Das könne vor allem für kleinere Kommunen ein Problem sein. „Mein Eindruck war, dass die rund 1000 kleineren Gemeinden im Land sich nicht so intensiv um den Datenschut­z gekümmert haben. Wenn sie bei Null anfangen, haben sie ein großes Problem“, so Martens.

Kristina Fabijancic-Müller, Sprecherin des Gemeindeta­gs BadenWürtt­emberg, schätzt die Situation anders ein. „Die Behörden bereiten sich bereits seit Längerem gründlich auf die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung vor“, sagt sie. „Dennoch wird in den Städten und Gemeinden in den letzten Wochen genau überprüft, ob die bisherigen Maßnahmen zum Datenschut­z gegebenenf­alls noch ergänzt werden müssen.“

Klagen aus den Gemeinden seien bisher nicht gekommen, lediglich „einige Nachfragen, die dann aber offensicht­lich auch mithilfe unserer Handreichu­ng geklärt werden konnten“. Für die Bürger, so Fabijancic-Müller, wird sich nicht viel ändern. „Sie werden in der nächsten Zeit allerdings auch von ihrem Rathaus vermehrt schriftlic­he Hinweise bekommen, zu welchen Zwecken ihre Daten verwendet werden.“

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