Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Böhmen liegt in Iowa
Welche Städte fallen einem ein, wenn man nach inspirierenden Orten sucht? Medien, die es wissen müssten, empfehlen Landshut (Magazin „Der Pilger“) oder die Neuköllner Hasenheide („Kulturradio“). Die richtige Antwort ist: Spillville in Iowa. Das Spätwerk Antonin Dvoráks ist hier entstanden, sein Amerikanisches Quartett und sein Quintett (Opus 96 und 97). Immer wieder wird gefragt, was amerikanisch ist an diesen Werken, die so böhmisch klingen. Es ist umgekehrt: Dvorák muss sich in Spillville schlicht daheim gefühlt haben. 1893 hat er dort einen Sommer verbracht. Iowa war von deutschen Auswanderern besiedelt und in der Gegend der heutigen 300-Seelen-Gemeinde Spillville lebten in den Jahren, als Dvorák das Konservatorium in New York leitete, vor allem Tschechen.
Das Quintett, das vom entspannten Sommer in Spillville beflügelt ist, ist jetzt in einer neuen Aufnahme erschienen, deren Cover ein Bild von grasenden Kühen und bewaldeten Hügeln zeigt, so als befände man sich in Böhmens Hain und Flur. Es spielt das Jerusalem Quartett unterstützt von Veronika Hagen, Viola, die mit ihren Brüdern im HagenQuartett in jungen Jahren eine zauberhafte Aufnahme des Quartetts hingelegt hat.
Zur neuen Aufnahme, die bei Harmonia Mundi erschienen ist, weiß man eigentlich gar nicht, was man sagen soll: einfach wunderbar. Gekoppelt ist es mit dem Streich-Sextett op. 48 von 1878, so dass die CD markante Werke aus zwei Schaffensperioden Dvoráks repräsentiert: die erste, als Dvorák zeitgemäß mit nationaler Musik berühmt wurde, die zweite, als sein Umgang mit musikalischen Formen freier wurde. (man)