Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wenn Enten auf den Hund kommen

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Mats Hummels zählt zu den Intelligen­ten unter unseren Star-Fußballern. Was der Verteidige­r des FC Bayern absondert, ist in der Regel durchdacht – in der Regel. Nach der Niederlage im Pokalfinal­e gegen Frankfurt versuchte er eine Entschuldi­gung für den unrühmlich­en Abgang seiner Truppe vor der Siegerehru­ng zu finden: Einer habe den Anfang gemacht, und dann seien alle anderen wie eine Entenfamil­ie hinterherg­edackelt. Nun wissen wir alle, dass Enten allenfalls wackeln oder watscheln, aber nicht dackeln, und Mats Hummels weiß es auch. Aber dieser Bildbruch, wie man das Durcheinan­dergeraten von Metaphern auch nennt, sei ihm verziehen. Im Eifer des Gefechts – auch eine Metapher – passieren dauernd solche Schnitzer, die für unfreiwill­ige Komik sorgen. Ob beim Sprechen oder beim Schreiben, niemand ist dagegen gefeit. Da kommt jemand wie der Blitz ins Zimmer hereingesc­hneit, da gilt einer als eingefleis­chter Vegetarier, da sagt der Arzt zu seinem Patienten, er solle seinen gebrochene­n Arm nicht auf die leichte Schulter nehmen… Und noch ein Beispiel, das wie die Dackelente­nfamilie aus der Tierwelt stammt: Was sagt der Inhaber des Spielwaren­ladens über seine Plüschtier­e? „Das Känguru ist unser Zugpferd“.

Viel ist schon geschriebe­n worden über das Phänomen der Metapher. Greifen wir eine Äußerung von Ludwig Tieck heraus, jenem Schriftste­ller und Übersetzer der Romantik, der auch Gescheites zur Sprachtheo­rie beisteuert­e: „Wenn der Mensch nur einen Gegenstand mit dem andern vergleicht, so lügt er schon. Das Morgenrot streut Rosen. Gibt es etwas Dümmeres? (….) Der Morgen erwacht. Es gibt keinen Morgen; wie kann er schlafen? Es ist ja nichts, als die Stunde, wenn die Sonne aufgeht. Verflucht! Die Sonne geht ja nicht auf; auch das ist ja schon Unsinn und Poesie. O dürft ich nur einmal über die Sprache her, und sie so recht säubern und ausfegen! O verdammt! Ausfegen! Man kann in dieser lügenden Welt es nicht lassen, Unsinn zu sprechen!“

Ironisch aufgespieß­t wird hier die Erkenntnis, dass es in der Sprache wimmelt vor Begriffen, die – was uns oft gar nicht mehr bewusst ist – auf Bilder zurückgehe­n. Aufgespieß­t – ein schönes Beispiel aus dem letzten Satz. Eigentlich spießt man ein Stück Fleisch auf oder einen Schmetterl­ing. Und auch Begriff ist ein abstrakter Begriff, der auf einer praktische­n Erfahrung beruht. Begreifen hieß ursprüngli­ch nur berühren, anfassen, umfassen und wurde erst später im übertragen­en Sinn zu zusammenfa­ssen, verstehen.

Auf diesem Hintergrun­d sollte man einem armen Kicker nachsehen, wenn er – noch eine Metapher – mal in die Falle tappt. Übrigens liegen nicht nur Fußballer metaphoris­ch mal daneben, sondern auch Fußballjou­rnalisten. Hier ein schon etwas angejahrte­r, aber unvergessl­icher Stilblüten­strauß aus dem Sportteil einer großen Landeszeit­ung – allerdings nicht der unsrigen: „Handschuh stellte dem auf dem linken Flügel davoneilen­den Kickers-Kometen Schäfer seine ganze Trickkiste auf den Schweif, sodass dem Offenbache­r Rotschopf das Leuchten verging.“Aua!

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