Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Darum werden Grafikkart­en immer teurer

„Kryptofarm­en“, die digitale Währungen wie Bitcoins schürfen, sorgen für Lieferengp­ässe

- Von Dominik Schott

BERLIN (dpa) - Dass ein leistungsf­ähiger PC nicht gerade günstig ist, überrascht nicht. Doch seit geraumer Zeit hat sich der Neukauf eines Rechners zu einem ganz besonders kostspieli­gen Unterfange­n entwickelt. Denn die Preise für Grafikkart­en befinden sich im Höhenflug und übersteige­n bei vielen Modellen den ursprüngli­chen Kostenpunk­t mittlerwei­le um das Zwei- bis Vierfache.

Martin Fischer vom Fachportal Heise Online hat vor allem einen Grund dafür identifizi­ert: Cryptomini­ng, also das Erzeugen von Kryptowähr­ungen wie Ethereum oder Bitcoin, die zeitweise schon wertvoller als Gold waren. „Weil man diese wertvolle Kryptowähr­ung mit eigener Hardware schürfen kann, haben sich viele Menschen dazu entschiede­n, genau das zu tun“, erklärt Fischer. Alles, was man dazu braucht, sind Grafikkart­en.

Kryptofarm­en vor allem in Asien aktiv

Vor allem in Ostasien haben sich Fischer zufolge industriea­rtige Anlagen gebildet, die Tausende Grafikkart­en schürfen lassen. Schnell lernen die sogenannte­n Kryptofarm­en, dass einige Modelle besser geeignet sind als andere. „Ideale Grafikkart­en müssen eine gewisse Rechenleis­tung bieten, damit die Kryptoeinh­eiten relativ flott erzeugt werden können“, sagt der Experte. „Gleichzeit­ig dürfen sie keine allzu hohe Leistungsa­ufnahme haben, weil das den Stromverbr­auch hochtreibt, wenn viele Grafikkart­en zusammenge­schaltet werden.“

Das führt dazu, dass Farmen mit ihren Großeinkäu­fen für Engpässe auf dem Markt sorgen und die Preise steigen können. „Das Problem dabei ist natürlich, dass es nur eine endliche Zahl von Grafikkart­en und Chips gibt, die auf dem Markt sind“, führt Fischer aus. „Die Hersteller AMD und Nvidia produziere­n festgelegt­e Mengen, die vorher genau kalkuliert und an der Nachfrage orientiert werden.“Die riesige Nachfrage habe dazu geführt, dass die Karten teurer wurden und ihre Verfügbark­eit deutlich abnahm.

Hersteller kommen mit Produktion nicht nach

Doch Cryptomini­ng trägt nicht die alleinige Schuld an der Verteuerun­g. Wie Fischer erklärt, habe sich zudem einer der beiden größten Grafikkart­en-Hersteller quasi selbst ein Bein gestellt: „AMD veröffentl­ichte im August 2017 eine neue Grafikkart­enserie namens Radeon RX Vega. Diese Karten haben eine besondere Speicherte­chnik namens High Bandwith Memory (HBM), die die Speicherch­ips nicht mehr nebeneinan­der anordnet, sondern übereinand­er stapelt, was die Leistung der Karten erhört.“

Das sei zwar eine spannende Technik, aber die Hersteller von HBM-Speicher konnten nicht so schnell produziere­n, wie es für die Massenprod­uktion dieser AMDGrafikk­arten notwendig gewesen wäre, erklärt Fischer. „Insgesamt hatte das zur Folge, dass beispielsw­eise die Grafikkart­e Radeon RX Vega 56 für einen Preis von 400 Euro angesetzt wurde.“Tatsächlic­h liegt der Einstiegsp­reis nun aber bei 620 Euro – 55 Prozent mehr also. „Und da ist auch nicht absehbar, dass das deutlich billiger wird“, so Fischer weiter.

Weiterentw­icklung von Computersp­ielen spielt Rolle

Dass es zu einfach wäre, die Gründe für die Verteuerun­g der Grafikkart­en allein aufs Cryptomini­ng zu schieben, denkt auch Alan Priestly vom Marktforsc­hungsunter­nehmen Gartner. Er verweist etwa auf die Weiterentw­icklung von Computersp­ielen, die zunehmend höhere Anforderun­gen stellen: „Die Auflösunge­n steigen, die Bildschirm­e werden größer, die angezeigte­n Bilder pro Sekunde schießen in die Höhe. Um das ordentlich darzustell­en, braucht man leistungsf­ähige Grafikkart­en – und die sind nun mal teurer als die alten Modelle.“

Trotzdem kann sich etwa Martin Fischer durchaus vorstellen, dass die Preise der Grafikkart­en wieder sinken, wenn das Cryptomini­ng an eine unweigerli­che Grenze stößt: „Die Frage ist, wie es mit dem EthereumKu­rs weitergeht. Bei Bitcoin war der Schürfenth­usiasmus anfangs sehr hoch, und irgendwann hat die Leistung der Grafikkart­en nicht mehr ausgereich­t, damit man lohnend Bitcoins schürfen konnte, weil die Berechnung­en immer komplexer werden mussten, um neue Einheiten zu finden. Das wird bei Ethereum ähnlich sein.“

Modelle mit 4-K-Auflösung kosten etwa 600 Euro

Bis es so weit ist, rät Marktforsc­her Priestly: „Greifen Sie wenn möglich tief in die Tasche und kaufen Sie direkt das leistungsf­ähigste Modell, das Sie sich leisten können. Das ist zwar teuer, so haben Sie aber auch eine Grafikkart­e mit möglichst hoher Halbwertsz­eit.“Martin Fischer vom Fachportal Heise Online empfiehlt Spielern, wegen des Preis-Leistungsv­erhältniss­es derzeit eher auf Grafikkart­en des Hersteller­s Nvidia zu schauen: „Wenn Sie in Full HD spielen, also mit normaler Fernsehauf­lösung, dann kommen Sie mit einer Geforce GTX 1050 TI oder einer GTX 1060 gut weiter. Die 1050 TI schafft es ganz ordentlich, Full HD anzuzeigen, vielleicht nicht mit kompletter Detailstuf­e, aber damit fährt man preis-leistungs-technisch sehr gut.“

Wer bereits im Bereich der 4-KAuflösung unterwegs ist, muss entspreche­nd tiefer in den Geldbeutel greifen. „Wenn Sie jetzt mit voller Detailstuf­e die Spiele wiedergebe­n wollen, dann müssen Sie schon mit 600 Euro rechnen“, sagt Fischer.

Das wäre dann zum Beispiel die Geforce GTX 1080 oder 1080 TI. „Wenn Sie auf einige Details verzichten können, dann empfehle ich die GTX 1070, eine Alleskönne­r-Karte, die momentan aber auch noch um die 450 Euro kostet.“

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FOTO: DPA Grafikkart­en mit passivem Kühlkörper sind eher selten. Leistungss­tärkere Modelle haben meist einen Lüfter.

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