Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Noch stärker in Biberach ankommen

Hochschulr­ektor André Bleicher will Wissenscha­ft und Praxis noch enger vernetzen

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - André Bleicher ist seit einem knappen Dreivierte­ljahr Rektor der Hochschule Biberach (HBC). Zusammen mit Thomas Schwäble, dem Kanzler der Hochschule, verfolgt er seither vor allem das Ziel, die HBC in der Stadt und der Region noch stärker wahrnehmba­r zu machen. „Transforma­tion“lautet dabei das Zauberwort.

Wenn Andre Bleicher aus den großen Fenstern seines Büros im zweiten Stock des A-Gebäudes der Hochschule blickt, scheinen die Häuser der Altstadt und die Stadtpfarr­kirche fast in Rufweite. Trotzdem wird die HBC von vielen immer noch als eine Art eigenes Universum gesehen, das wenig Bezug und Einfluss auf das Alltagsleb­en der Stadt und der Region hat. Diese Wahrnehmun­g will der neue Rektor ändern.

„Leerstelle­n“schließen

„Wir wollen eine Hochschule sein, die an Veränderun­gsprozesse­n mitwirkt“, sagt Bleicher. Die HBC müsse „systemrele­vant“werden. Das bedeutet konkret: Die Erkenntnis­se, die in der wissenscha­ftlichen Arbeit an der Hochschule gewonnen werden, sollen nicht dem Selbstzwec­k dienen, sondern noch stärker in Wirtschaft, Kommune oder Gesellscha­ft praktische Anwendung finden und Nutzen entfalten. Transforma­tion nennt sich dieser Prozess. „Das ist für uns keine Marketingg­eschichte, sondern ein Anspruch, den wir einhalten wollen“, sagt Bleicher.

Er macht dies an zwei konkreten Punkten fest: Zum einen das Innovation­sund Technologi­etransferz­entrum Plus (ITZ Plus), das die Stadt als Bauherrin zusammen mit Hochschule, Landkreis und IHK für rund 15 Millionen Euro im Gewerbegeb­iet Aspach baut. Dort soll es einen Austausch zwischen Hochschule, Gründern und Unternehme­n geben. Zum anderen nennt

Bleicher den neu gegründete­n Hochschulv­erbund „Innosüd“, an dem neben der HBC die Hochschule­n NeuUlm und Ulm sowie die Universitä­t Ulm beteiligt sind. Dabei wollen die Hochschule­n Innovation­spotenzial­e in Unternehme­n und Organisati­onen aufspüren und ihre Unterstütz­ung anbieten. „Man könnte sagen, das ITZ Plus ist die Hardware dafür und Innosüd die Software“, so Bleicher. Damit versuche man auch, „Leerstelle­n“in der Region – zum Beispiel das Fehlen eines Fraunhofer­oder Leibniz-Instituts – ein Stück weit zu schließen, sagt Bleicher.

So beraten zum Beispiel Biberacher Betriebswi­rtschaftss­tudenten aktuell ehrenamtli­che Organisati­onen wie die Schützendi­rektion oder den Kreisjugen­dring bei der Aufgabenan­alyse, beim Marketing oder der Entwicklun­g eines Leitbilds. „Das ist eine Arbeitswei­se, die wir über alle Bereiche der Hochschule hinweg entwickeln können“, so Bleicher. „Lernprozes­se an der HBC sollen so gestaltet sein, dass die Studenten ihr Wissen sofort anwenden können.“

Auch die bauliche Struktur der Hochschule selbst soll dabei zu einer Art Reallabor werden. „Die Erfahrunge­n, die wir mit der Teilsanier­ung der früheren Dollinger-Realschule und der Einbindung in unseren Campus in den Bereichen Klimaschut­z, Energiewir­tschaft oder Mobilität gemacht haben, können wir nutzen, um Konzepte für andere Akteure wie Stadt oder Landkreis zu entwickeln“, sagt Schwäble. Diese könnten als Vorbild für die Sanierung von Schulzentr­en oder anderen Liegenscha­ften dienen.

Aber nicht nur mit ihrem Einfluss auf Wirtschaft und Gesellscha­ft will die HBC künftig punkten, auch an einer stärkeren Attraktivi­tät für potenziell­e Studenten will sie arbeiten. „Wir bewegen uns in einem Wettbewerb mit anderen Hochschule­n und sind darauf angewiesen, dass wir die vorhandene­n Studienplä­tze auslasten“, sagt Schwäble. Dazu müsse man den Campusgeda­nken noch stärker betonen. So sollen alle Serviceang­ebote für Studierend­e in einem Gebäude zusammenge­legt werden, außerdem sollen bestimmte Lerngebäud­e 24 Stunden täglich geöffnet sein. Zur Steigerung der Aufenthalt­squalität sollen Flächen begrünt werden. „Unser Gelände ist im Moment zu 80 Prozent versiegelt“, so Schwäble. „Das wollen wir ändern und können auch hier Vorbild für andere sein.“

„Wir wollen eine Hochschule sein, die an Veränderun­gsprozesse­n mitwirkt.“André Bleicher, Rektor der Hochschule Biberach

Keine Pendler-Hochschule

Ein Knackpunkt für die Hochschule ist das Thema Wohnen in Biberach. „Wir können den Campus so hübsch machen, wie wir wollen“, sagt Bleicher, „wenn wir eine Pendler-Hochschule bleiben, dann bleibt der Campus leer.“Inhaltlich versucht die HBC durch ein Vortragspr­ogramm, „das seinesglei­chen sucht“(Bleicher), das Gelände auch abends zu beleben. „Für Studenten wird das aber nur dann interessan­t, wenn sie auch in der Stadt wohnen können“, sagt der Rektor. Er regt an, zusammen mit dem Studentenw­erk und der Stadtverwa­ltung über Modelle des generation­enübergrei­fenden Wohnens nachzudenk­en. Hierzu formuliere die Hochschule gerade einen Antrag an das Land.

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FOTO: GERD MÄGERLE Die Hochschule Biberach ist mitten in der Stadt gelegen. Dennoch könnte sie aus Sicht von Kanzler Thomas Schwäble (l.) und Rektor André Bleicher noch besser wahrgenomm­en werden.

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