Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Endspiel hat für den SSV Ulm ein böses Nachspiel

Bundespoli­zei ermittelt nach Vorfällen im Zug - Hooligans sollen Fahrgäste nach Pokalfinal­e rassistisc­h beleidigt haben

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Die Bundespoli­zeiinspekt­ion Stuttgart hat wegen angebliche­r Randale und rechtsradi­kaler Ausbrüche nach dem Pokalfinal­e des SSV Ulm gegen den TSV Ilshofen am Pfingstmon­tag ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t. Die Vorstände Thomas Oelmayer und Anton Gugelfuß zeigten sich überrascht.

Zunächst die „Südwestpre­sse“und dann auch die „Schwäbisch­e Zeitung“hatten berichtet, dass an die 100 rechtsradi­kale Hooligans unter anderem antisemiti­sche Parolen skandiert hatten. Mehrere unbeteilig­te Mitfahrer des Zuges gen Ulm seien eingeschüc­htert worden.

„Ich bin der letzte, der so etwas verteidigt“, sagt Gugelfuß. Allerdings scheint die Faktenlage sehr dünn. Auf Anfrage heißt es, dass bis zu den Zeitungsbe­richten der Bundespoli­zeiinspekt­ion Stuttgart keine Vorfälle bekannt waren, bei denen es zu politisch motivierte­n Straftaten gekommen sein soll. In diesem Zusammenha­ng hätten sich noch keine Zeugen gemeldet.

Bestätigen kann die Polizei nur, dass sich die Fans nicht vorbildlic­h verhalten haben: Die Anhänger des SSV Ulm befanden sich nach Polizeiang­aben gegen 20.20 Uhr im Stuttgarte­r Hauptbahnh­of, um mit dem Zug in Richtung Ulm abzureisen.

Durch eine bislang unbekannte Person sei vor Abfahrt die Notbremse gezogen worden, sodass der Zug nicht mehr fahrbereit war. Aufgrund dessen nutzten die Fans eine Stunde später einen anderen Zug.

Die in zivil gekleidete­n Polizeibea­mten begleitete­n diesen Regionalex­press, während uniformier­te Kräfte mit Dienstfahr­zeugen parallel entlang der Bahnstreck­e ihren Dienst verrichtet­en. Zudem überwachte­n die uniformier­ten Beamten den Umstieg am Bahnhof in Aalen und zeigten angeblich auch beim Endhalt in Ulm starke Polizeiprä­senz.

In einem Fall sei ein Sitz im Zug durch bislang unbekannte Täter beschädigt worden. Durch das Einschreit­en der zivilen Beamten hätten weitere Sachbeschä­digungen verhindert werden können.

Unserer Zeitung liegt ein Bericht eines Zeugen vor, der seinen Namen nicht im Blatt lesen will, der das Auftreten der Rechtsradi­kalen bestätigt. Eine junge, dunkelhäut­ige Frau sei mit Gesängen rassistisc­h und sexistisch beleidigt worden. Gerade bei solchen Spielen gebe es ein bekannte Gruppe, die eindeutig der rechten Szene zuzuordnen sei. Alkohol habe zur Eskalation beigetrage­n.

Kritik gibt es auch an der Deutschen Bahn: Auf der Brenzbahn UlmAalen seien dieselben „mickrigen Züge“wie sonst auch eingesetzt worden, die total überfüllt gewesen seien. Der Gang sei komplett mit stehenden Menschen überfüllt gewesen. Es wäre demnach der Polizei, falls sie am anderen Ende des Zuges war, auch nicht möglich gewesen einfach durchzukom­men.

Die Deutsche Bahn „bedauert“auf Anfrage unserer Zeitung, dass die „doppelten Sitzplatzk­apazitäten“nicht ausreichen­d gewesen seien.

Ein anderer Fahrgast will von Problemen im Zug nichts mitbekomme­n haben. „Ich kann Ihnen verspreche­n dass 99 Prozent der wirklichen Ulmer Fans sich friedlich verhalten und sich von sämtlichen rechtsradi­kalen, homophoben oder antisemiti­sche Parolen absolut distanzier­en“, mailt ein unser Zeitung namentlich bekannter Fan. Und das restliche eine Prozent Hooligans sei niemals 100 an der Zahl gewesen.

SSV-Vorstand bestürzt und enttäuscht

Die Verantwort­lichen des SSV zeigen sich bestürzt über die Vorkommnis­se nach dem größten Erfolg in der jüngeren Vereinsges­chichte. „Der gesamte Vorstand sowie der komplette Aufsichts- und Verwaltung­srat distanzier­t sich absolut von den berichtete­n Vorkommnis­sen – für den Fall, dass sich diese so ereignet haben – und den beteiligte­n Personen“, heißt es in einer Erklärung.

Wie Gugelfuß auf Anfrage sagt, sei sich der Verein durchaus bewusst, dass es Problemfan­s gebe. „Bis heute Morgen war unsere Welt noch in Ordnung“, sagt Gugelfuß. Denn durch persönlich­e Gespräche sei erreicht worden, dass vier Jahre nichts dergleiche­n vorgekomme­n sei. Nun scheint das Gespenst des Extremismu­s wieder da zu sein. Ein solches Verhalten sei aber mit dem neuen Geist und den zielführen­den Ideen des SSV Ulm 1846 Fußball absolut nicht zu vereinbare­n.

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