Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gift im Boden

Für 17 Millionen Euro muss die Stadt Ulm die Reste einer längst verschwund­enen Firma entfernen - Das neue Gewerbegeb­iet liegt dennoch im Plan

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Der Umbau des „Moco-Areals“gegenüber des Blautalcen­ters in der Blaubeurer Straße wird für die Stadt Ulm teurer als gedacht. Der Grund: Gift im Boden. Statt der sieben Millionen Euro, von denen für eine Altlasten-Sanierung in einer Kostenschä­tzung aus dem Jahr 2015 die Rede ist, geht die Ulmer Stadtverwa­ltung jetzt von 17 Millionen Euro aus. Im Vergleich zu 2015 musste nach Angaben des Bauamts der erforderli­che Aushubbere­ich insgesamt deutlich vergrößert werden.

Die auf dem Grundstück vorhandene­n Boden- und Grundwasse­rverunrein­igungen sind nach Angaben der Verwaltung eindeutig auf den Betrieb der Firma Gebrüder Braun GmbH & Co zurückzufü­hren. Diese Firma bestand von 1881 bis 1983 und stellte vor allem Dachpappe her.

Im Laufe der Zeit wurden die Betriebsan­lagen stetig erweitert: Teerdestil­lationsanl­age, Naphthalin­schuppen, Rohteertan­k und Teerölkühl­anlage, Tank, Dieseltank für die Eigenbetri­ebstankste­lle sowie mehrere unterirdis­che Tanks errichtet entstanden im Laufe der Jahrzehnte.

Als „Souvenir“der Erdölprodu­kte bleiben bis heute hochgiftig­e Polycyclis­che aromatisch­e Kohlenwass­erstoffe und Aromatisch­e Kohlenwass­erstoffe. Diese blieben auch im Boden, als 1983 das Grundstück durch die Grundstück­sgemeinsch­aft Scheuffele erworben wurde. Unter der Bezeichnun­g Mocopinus wurde auf dem Gelände ein Hobelwerk betrieben, das bis Januar 2013 Bestand hatte. Seit Dezember 2016 gehört das 60 000-Quadratmet­er-Grundstück der Stadt Ulm. Der Verursache­r des Gifts im Boden könne nicht mehr für eine Kostenbete­iligung heran gezogen werden, da die Firma Gebrüder Braun GmbH & Co nicht mehr existiert.

Wie es seitens der Verwaltung heißt, seien die Gifte im Boden bei der Ermittlung des Kaufpreise­s berücksich­tigt worden.

Bis in elf Meter Tiefe

Die Gifte im Boden seien zum Teil derart hoch dosiert, dass eine Entsorgung auf einer Deponie der Klasse II erforderli­ch ist. Beim Bodenaushu­b sei daher mit sehr hohen Entsorgung­skosten zu rechnen. Im Schadensze­ntrum mit den höchsten Schadstoff­gehalten muss der Boden bis auf elf Meter Tiefe ausgetausc­ht werden, 80 000 Tonnen müssen weg. Die gute Nachricht: Von den kalkuliert­en 17 Millionen Euro Kosten bekommt Ulm vermutlich zehn Millionen Euro über den Altlastenf­ond, der beim Umweltmini­sterium eingericht­et ist, zurück.

Verzögerun­gen der ehrgeizige­n Pläne der Stadt Ulm gibt es dadurch nicht. Wie Ulrich Soldner, der Leiter der Abteilung Liegenscha­ften und Wirtschaft­sförderung bei der Stadt Ulm, auf Anfrage sagt, könne vermutlich wie geplant Ende 2020 mit der Vermarktun­g der Grundstück­e begonnen werden. Die Altlasten-Sanierung solle im Herbst kommenden Jahres beginnen. Diese Zeit würde ohnehin benötigt um die Erschließu­ngsplanung zu erledigen. Denn hier seien die Kapazitäte­n bei der Ulmer Bauverwalt­ung knapp.

Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Nachfrage nach den Grundstück­en an Ulms Einkaufsst­raße groß ist: Bereits 80 Voranfrage­n flatterten Soldner auf den Tisch. „Aus beinah allen Branchen“, sagt Soldner. Nur einer nicht: Erotik. Denn dieses ansonsten in der Blaubeurer Straße weit verbreitet­e Gewerbe wurde im Bebauungsp­lan ausdrückli­ch ausgeschlo­ssen. Laut einem Rahmenplan „Nördlich der Blaubeurer Straße“ist die Aufteilung in über zehn unterschie­dlich große Grundstück­e angedacht.

Platz für Handwerker

Als Zielgruppe stehen bei Flächen ab 1300 Quadratmet­er vorrangig kleinere Handwerksb­etriebe und Dienstleis­ter im Vordergrun­d. Erreichbar soll das neue Gewerbegeb­iet auf dem Moco-Areal durch den Ausbau der bestehende­n Straße hinter Ikea sein. Erklärtes Ziel der Stadtverwa­ltung ist es, diese nördlich des schwedisch­en Möbelhause­s verlaufend­e Straße einmal an die Schillerst­raße anzubinden.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Das so genannte „Moco-Areal“in Ulm. Hier soll ein neues Gewerbegeb­iet an der Blaubeurer Straße entstehen. Doch zuvor müssen Altlasten entsorgt werden.

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