Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gift im Boden
Für 17 Millionen Euro muss die Stadt Ulm die Reste einer längst verschwundenen Firma entfernen - Das neue Gewerbegebiet liegt dennoch im Plan
ULM - Der Umbau des „Moco-Areals“gegenüber des Blautalcenters in der Blaubeurer Straße wird für die Stadt Ulm teurer als gedacht. Der Grund: Gift im Boden. Statt der sieben Millionen Euro, von denen für eine Altlasten-Sanierung in einer Kostenschätzung aus dem Jahr 2015 die Rede ist, geht die Ulmer Stadtverwaltung jetzt von 17 Millionen Euro aus. Im Vergleich zu 2015 musste nach Angaben des Bauamts der erforderliche Aushubbereich insgesamt deutlich vergrößert werden.
Die auf dem Grundstück vorhandenen Boden- und Grundwasserverunreinigungen sind nach Angaben der Verwaltung eindeutig auf den Betrieb der Firma Gebrüder Braun GmbH & Co zurückzuführen. Diese Firma bestand von 1881 bis 1983 und stellte vor allem Dachpappe her.
Im Laufe der Zeit wurden die Betriebsanlagen stetig erweitert: Teerdestillationsanlage, Naphthalinschuppen, Rohteertank und Teerölkühlanlage, Tank, Dieseltank für die Eigenbetriebstankstelle sowie mehrere unterirdische Tanks errichtet entstanden im Laufe der Jahrzehnte.
Als „Souvenir“der Erdölprodukte bleiben bis heute hochgiftige Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe und Aromatische Kohlenwasserstoffe. Diese blieben auch im Boden, als 1983 das Grundstück durch die Grundstücksgemeinschaft Scheuffele erworben wurde. Unter der Bezeichnung Mocopinus wurde auf dem Gelände ein Hobelwerk betrieben, das bis Januar 2013 Bestand hatte. Seit Dezember 2016 gehört das 60 000-Quadratmeter-Grundstück der Stadt Ulm. Der Verursacher des Gifts im Boden könne nicht mehr für eine Kostenbeteiligung heran gezogen werden, da die Firma Gebrüder Braun GmbH & Co nicht mehr existiert.
Wie es seitens der Verwaltung heißt, seien die Gifte im Boden bei der Ermittlung des Kaufpreises berücksichtigt worden.
Bis in elf Meter Tiefe
Die Gifte im Boden seien zum Teil derart hoch dosiert, dass eine Entsorgung auf einer Deponie der Klasse II erforderlich ist. Beim Bodenaushub sei daher mit sehr hohen Entsorgungskosten zu rechnen. Im Schadenszentrum mit den höchsten Schadstoffgehalten muss der Boden bis auf elf Meter Tiefe ausgetauscht werden, 80 000 Tonnen müssen weg. Die gute Nachricht: Von den kalkulierten 17 Millionen Euro Kosten bekommt Ulm vermutlich zehn Millionen Euro über den Altlastenfond, der beim Umweltministerium eingerichtet ist, zurück.
Verzögerungen der ehrgeizigen Pläne der Stadt Ulm gibt es dadurch nicht. Wie Ulrich Soldner, der Leiter der Abteilung Liegenschaften und Wirtschaftsförderung bei der Stadt Ulm, auf Anfrage sagt, könne vermutlich wie geplant Ende 2020 mit der Vermarktung der Grundstücke begonnen werden. Die Altlasten-Sanierung solle im Herbst kommenden Jahres beginnen. Diese Zeit würde ohnehin benötigt um die Erschließungsplanung zu erledigen. Denn hier seien die Kapazitäten bei der Ulmer Bauverwaltung knapp.
Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Nachfrage nach den Grundstücken an Ulms Einkaufsstraße groß ist: Bereits 80 Voranfragen flatterten Soldner auf den Tisch. „Aus beinah allen Branchen“, sagt Soldner. Nur einer nicht: Erotik. Denn dieses ansonsten in der Blaubeurer Straße weit verbreitete Gewerbe wurde im Bebauungsplan ausdrücklich ausgeschlossen. Laut einem Rahmenplan „Nördlich der Blaubeurer Straße“ist die Aufteilung in über zehn unterschiedlich große Grundstücke angedacht.
Platz für Handwerker
Als Zielgruppe stehen bei Flächen ab 1300 Quadratmeter vorrangig kleinere Handwerksbetriebe und Dienstleister im Vordergrund. Erreichbar soll das neue Gewerbegebiet auf dem Moco-Areal durch den Ausbau der bestehenden Straße hinter Ikea sein. Erklärtes Ziel der Stadtverwaltung ist es, diese nördlich des schwedischen Möbelhauses verlaufende Straße einmal an die Schillerstraße anzubinden.