Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Berufspend­ler sind nicht nur lukrativ

Biberach hat einen Überschuss an Einpendler­n – Was der Stadtkasse hilft, lähmt den Verkehr

- Von Birga Woytowicz

Was der Biberacher Stadtkasse hilft, lähmt ärgerliche­rweise den Verkehr.

BIBERACH - Wohnraumma­ngel und eine wachsende Mobilität – anstatt direkt am Arbeitsort zu leben, pendeln viele Menschen zur Arbeit. Nach Biberach mit seinen knapp 33 000 Einwohnern kommen laut aktuellen Zahlen der Bundesagen­tur für Arbeit täglich nochmals 19 800 Menschen hinzu, die in der Stadt arbeiten. Mit Blick auf den Verkehr eine Herausford­erung, für die städtische­n Finanzen sind die Pendler aber durchaus lukrativ.

Biberach ist eine klassische Einpendler­stadt. Es kommen weitaus mehr Menschen zur Arbeit in die Stadt als aus ihr heraus an ihren Arbeitspla­tz fahren. Rund 5600 Auspendler gibt es zur Zeit. „Biberach gehört zu den Industriez­entren. Das ist historisch gewachsen“, sagt Simon Pflüger, Leiter der Standortpo­litik der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Ulm.

Hauptgrund dafür ist, dass die Menschen nicht direkt am Arbeitspla­tz leben wollen oder können: „Der Wohnungsma­rkt ist überforder­t“, so Pflüger. Die meisten Pendler ließen sich im Umland nieder. Gut zwei Drittel der Einpendler nach Biberach kommen aus dem Landkreis. Aus den direkt benachbart­en Gemeinden sind die Pendlerstr­öme besonders stark. So haben viele Menschen aus Warthausen, Schemmerho­fen, Mittelbibe­rach oder Ummendorf ihren Arbeitspla­tz in Biberach.

Bis aus Hamburg oder Hannover

Aber auch aus Hessen, NordrheinW­estfalen und Rheinland-Pfalz pendeln ein paar Hundert Menschen nach Biberach. Die weiteste Anfahrt nehmen Pendler aus Hamburg oder Hannover in Kauf. Hierbei handelt es sich jedoch um Ausnahmefä­lle: „Es gibt immer mehr Firmen, die sehr spezialisi­erte Jobs anbieten. Da pendelt der eine oder andere dann von weiter her“, sagt Pflüger. Auch Verena Fürgut, persönlich­e Referentin des Oberbürger­meisters Norbert Zeidler bestätigt: „Das Pendeln ist für unsere mittelstän­dischen Betriebe und die großen Weltmarktf­ührer zentrale Voraussetz­ung, um die vielen Arbeitsplä­tze überhaupt mit Fachkräfte­n besetzen zu können und die notwendige Anzahl an Auszubilde­nden zu finden.“

Mit Blick auf das Verkehrsau­fkommen werden die Pendler allerdings auch zu einer Belastung. Kritische Stellen im innerstädt­ischen Netz sind der Zeppelin- und Bismarckri­ng, die B 312 (Riedlinger Straße/Felsengart­enstraße/Kolpingstr­aße/Saulgauer Straße/ Theaterstr­aße), sowie die B 465/L 267/ L 280 (Memminger Straße/Eisenbahns­traße / Ulmer Straße/Bergerhaus­er Straße). „Insgesamt kommt das Straßennet­z an den kritischen Stellen in den Spitzenstu­nden an seine Leistungsg­renze“, so Fürgut. An der Verbesseru­ng arbeite man ununterbro­chen.

Verkehrsan­bindung verbessern

So würden etwa der Bau der Nordwest-Umfahrung, der Umbau der B 312 beim Jordanbad oder die Versetzung der Eselsbrück­e an der Bahnlinie die Verkehrssi­tuation entspannen. „In den nächsten Jahren sind mit dem geplanten Aufstieg zur B 30, dem angedachte­n Tunnel in der Ulmer/Memminger Straße, den geplanten Umfahrunge­n der B 312 und auch der Umgestaltu­ng und Verkehrsbe­ruhigung entlang des Innenstadt­rings weitere Maßnahmen geplant“, sagt Fürgut. Zudem habe man damit begonnen, den öffentlich­en Nahverkehr attraktive­r zu gestalten. Für Simon Pflüger von der IHK ist dies unabdingba­r, um ausreichen­d Kapazitäte­n zu schaffen: „Eine ideale Verkehrsan­bindung ist wichtig. Die Infrastruk­tur ist immer verbesseru­ngsbedürft­ig, ob Straße oder Schiene.“

Finanziell profitiere­n sowohl der Wohnort als auch der Arbeitsort von den Pendlern, so Pflüger: „Die Industriez­entren erhalten Gewerbeste­uereinnahm­en von den Unternehme­n. An den Wohnorten hingegen wird das Einkommen versteuert.“Nicht zuletzt lebe auch der Handel vom Umland. „Das ist vor allem dann der Fall, wenn Berufspend­ler vor oder während der Arbeitszei­t die Einkäufe in der Stadt erledigen.“

Langfristi­g rechnet Pflüger für Biberach nicht mit großen Veränderun­gen: „Das Verhältnis von Ein- und Auspendler­städten wird in etwa bestehen bleiben. Verschiebu­ngen kann es immer bei Wohnorten geben oder dann, wenn neu gebaut wird.“Womöglich würden die Zahlen insgesamt jedoch ansteigen. In der Vergangenh­eit ist das Angebot auf dem Arbeitsmar­kt gestiegen und die Gesellscha­ft werde immer mobiler. Man nehme weitere Strecken in Kauf. Noch stehe der Berufsverk­ehr aber nur an zweiter Stelle, so Pflüger. Die meisten Kilometer werden immer noch in der Freizeit gerissen.

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA In den Stoßzeiten stockt der Verkehr in Biberach wegen der vielen Pendler. Die Stadt arbeitet an der Verbesseru­ng der Infrastruk­tur.

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