Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Exotik kultivieren mit der Passionsblume
Die Vielblüherpflanze braucht ausreichend Licht und einen warmen Standort
HALLERTAU (dpa) - Der Reiz einiger Blumen liegt in ihrem ungewöhnlichen Aussehen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Passionsblume: Nur wenige Blüten wirken exotischer als ihre, sagt Maria Sansoni, GartenbauIngenieurin und Buchautorin aus der Hallertau. Dabei geht es oft erst an zweiter Stelle darum, ob die Bedingungen im eigenen Garten besonders gut für die Pflanze sind. Bei Passionsblumen sollte man sich aber unbedingt vorher überlegen, wo sie genau stehen sollen, damit man lange Freude an ihnen hat.
Die Gattung der botanisch als Passiflora bezeichneten Pflanzen ist mit über 500 verschiedenen Arten äußerst vielfältig. Sie kommen insbesondere in Nord-, Mittel- und Südamerika vor. „Einige Arten sind in Australien, Asien, Madagaskar und sogar auf den Galapagos-Inseln heimisch“, erklärt Martin Nickol vom Botanischen Garten der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel.
Als Zimmerpflanze sind sie weniger gut geeignet
Die Passionsblume hat also eher eine Vorliebe für einen warmen Standort. Das verleitet Gärtner dazu, sie als Zimmerpflanze anzubieten. Doch: „Stellt man die Pflanzen vor ein Fenster, hat man zumindest im Zimmer wenig von den Blüten“, sagt Sansoni. Denn diese richten sich zum Licht aus. „Man sollte also den Topf immer vor einer Säule oder Wand aufstellen.“
Es gilt die Devise: je mehr Licht, desto mehr Blüte. „Am schönsten wirken Passiflora an freistehenden Pyramiden, die von allen Seiten her zugänglich sind“, sagt Sansoni. Sie rät wie Nickol dazu, Passionsblumen als Kübelpflanzen im Freiland zu kultivieren.
Auch wenn das Wachstum der Blüte durch viel Licht gefördert wird, gibt es einen gewissen Zeitverzug: „Dementsprechend liegt eigentlich bei allen Arten der Blütenhöhepunkt im Sommer und Herbst“, erläutert Sansoni. Die Pflanzen blühen meist bis zum ersten Frost.
Die Kletterpflanze benötigt reichlich Erde und Wasser
Die Verwendung als Zimmerpflanze hat einen Nachteil: „Leider sind fast alle Passifloren nicht stubenrein“, sagt Sansoni. Sie machen viel Dreck in Form von Falllaub und abgefallenen Blüten. Das lässt sich auf der Terrasse und auf dem Balkon leichter wegfegen, sollte die Lust auf diese Pflanzen aber nicht verderben.
Zumal sie zu den pflegeleichten Gattungen zählt. „Solange man das Gießen nicht vergisst, wachsen sie in nahezu jedem Substrat“, sagt Sansoni. Damit die Pflanzen wirklich gut durch den Sommer kommen, sollte man sie in ausreichend große Gefäße pflanzen. „Eine Passionsblume braucht frische Erde, und zwar mindestens 15 bis 20 Liter“, erklärt Nickol. Die Kletterpflanze benötige viel Wasser, damit sie die üppige Blattmasse den ganzen Sommer gut versorgen kann.
„Der typische Wuchs der Passionsblumen ist ausdauernd krautig oder verholzend und in der Regel kletternd“, erläutert Nickol. Um sich in die Höhe zu ziehen, bildet die Pflanze in den Blattachseln einzelne Ranken. „Damit sich die Pflanzen entwickeln können, brauchen sie ein Spalier oder ein Rankgerüst, an dem die Ranken Halt finden“, rät er.
Die geläufigste Art, die man im Handel erhält, ist als Blaue Passionsblume bekannt (Passiflora caerulea). Mittlerweile findet man aber relativ viele, robuste Hybriden – darunter die Sorte Amethyst. „Diese Sorte mit ihren herzförmigen, tief dreigelappten Blättern ist der bisher im Freiland üblichen Passiflora caerulea im Blütenreichtum, in der Farbwirkung und in der Wüchsigkeit um Klassen überlegen“, sagt Sansoni. Nur bei der Frostverträglichkeit macht die Gartenbau-Ingenieurin Einschränkungen.
Wem die violetten Blüten noch nicht exotisch genug erscheinen, kann rotblühende Arten wählen: Die Passiflora racemosa, eine traubige Passionsblume, trägt leuchtend rote bis zu 10 cm große Blüten mit einem weißen Strahlenkranz. Sie erblüht in herunterhängenden Trauben, die bis zu zwanzig Einzelblüten zählen können. Diese aus Südamerika stammende Art benötigt aber ganzjährig Temperaturen über 15 Grad Celsius, sodass sie eher ein Blickfang für einen entsprechend temperierten Wintergarten ist.
Um die Passionsblume ranken sich viele Legenden
Aus den Blüten entwickeln die Kletterpflanzen Früchte, die bei uns als Granadille oder Maracuja bekannt sind. Hinter diesem Namen verbergen sich verschiedene Formen der Art Passiflora edulis. Leider gedeiht der Fruchtansatz der meisten essbaren Arten bei uns schlecht. „Man kann aber mit Handbestäubung nachhelfen“, erläutert Sansoni.
Um die bezaubernden Blüten ranken sich viele Legenden und Mythologien. Wie der Name Passionsblume ahnen lässt, geht es dabei vor allem um die Kreuzigung von Jesus. „Jesuiten, die als Missionare in der neuen Welt diese Blüten entdeckten, schenkten den einzelnen Blütenteilen symbolische Bedeutung“, erklärt Nickol.
Schon in der Blüte sahen sie ein Zeichen: Die drei Griffel mit den Narben sollen für die drei Nägel stehen, mit denen Jesus gekreuzigt wurde. Sie werden auch als Symbol der Dreifaltigkeit angesehen. Die fünf Staubmale sind ein Bild für die fünf Wundmale Christi. Der Fruchtknoten wird wahlweise als der mit Essig getränkte Schwamm angesehen, der Jesus bei der Kreuzigung gereicht wurde, oder als Symbol für den Abendmahlkelch. Die Nebenkrone wird als Dornenkranz gedeutet.