Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Clintons Thriller

Der frühere US-Präsident ist unter die Autoren gegangen

- Von Johannes Schmitt-Tegge

NEW YORK (dpa) - Ein Computervi­rus, das die Infrastruk­tur der USA zerstören soll und Millionen gefährdet. Ein Attentat auf eine hochbegabt­e Hackerin. Ein Amtsentheb­ungsverfah­ren, Verrat im Weißen Haus und mittendrin ein Präsident, der abtauchen muss und nicht weiß, auf wen er sich noch verlassen kann: Der am Montag erschienen­e Roman „The President Is Missing“hat alle Zutaten für einen Politthril­ler. Es schreiben: Bestseller­autor James Patterson und der frühere US-Präsident Bill Clinton.

Und die Rechnung geht auf. Patterson führt mit 375 Millionen verkauften Büchern das Bestseller-Ranking der „New York Times“an. Und Demokrat Clinton (71), der 1993 bis 2001 regierte, kennt die Schaltzent­ralen Washington­s bestens. Inhaltlich fügt sich „The President Is Missing“(etwa: Der Präsident ist verschwund­en) ins heutige Amerika ein. Spezialist­en bei Militär und Geheimdien­sten wappnen das Land gegen Cyberangri­ffe, Terrorgrup­pen wie IS und Al-Kaida schüren Angst. China, Nordkorea und Russland gelten als Gegenspiel­er, Israel und Deutschlan­d als Verbündete. „Die Teilhabe an der Demokratie steht in einer Welt aus Twitter, Snapchat, Facebook und Nachrichte­nsendungen rund um die Uhr zunehmend unter dem Diktat der Sofortbefr­iedigung“, hört man den fiktiven Präsidente­n Jonathan Duncan denken.

Trotz seiner Spitzenber­ater ist Duncan auf sich allein gestellt. Er stiehlt sich aus dem White House, um Informante­n und den deutschen Bundeskanz­ler zu treffen. Der Countdown zur Attacke des „Dark Ages“-Virus scheint zu laufen. Duncan muss schnell entscheide­n, wobei ihn die Trauer über den Krebstod seiner Frau, die Sehnsucht nach seiner Tochter Lilly, akuter Schlafmang­el, eine Autoimmunk­rankheit und seine politische­n Gegner immer wieder einholen.

Fünf Tage begleitet der 480 Seiten lange Krimi den Präsidente­n. Mag die Handlung auch etwas überdreht daherkomme­n, ist es doch ein spannendes Buch. Dank Pattersons Cliffhange­r legt man das Buch ungern aus der Hand, auch wenn die deutsche Übersetzun­g an einigen Stellen etwas sperrig wirkt: Ist statt „Operations­zentrale“nicht eher ein „Kommandora­um“gemeint, klingt die Anrede „Herr Kanzler“(statt „Herr Bundeskanz­ler“) für einen deutschen Regierungs­chef nicht etwas schräg?

Dieser schrecklic­he Job

Der Job als Präsident – „dieser schrecklic­he Job, den du liebtest“, wie Patterson sagt – ist seit Clintons Amtsabschi­ed vor 17 Jahren nicht leichter geworden. Für den neuesten technologi­schen Stand in Sachen Cyber-Abwehr musste er erstmal Experten befragen und viel nachlesen. Ein paar politische Gedanken streut er auch hier ein, zur Gewalt weißer Polizisten gegen Afroamerik­aner etwa oder zur Gesundheit­sreform. Die erste Zeit nach seinem Auszug aus dem White House sei die größte Umstellung gewesen. Darüber wird er sein neues Buch schreiben. „Ich war drei Wochen verloren, weil niemand mehr ein Lied spielt, wenn du den Raum betrittst.“Und der TV-Kabelsende­r „Showtime“hat sich schon die Rechte an dem Krimi gesichert.

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FOTO: DPA
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FOTO: DPA Bill Clinton und James Patterson stellen ihr Buch „ The President is Missing“vor.

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