Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bundeswehr soll Polizei mit Hubschraubern unterstützen
Bei Terrorattacken, Geiselnahmen oder Katastrophen koordiniert künftig Baden-Württemberg die Lufteinsätze
STUTTGART - Die Bundeswehr soll die Polizei bei der Abwehr und der Bekämpfung von Amokläufen oder Terroranschlägen künftig aus der Luft unterstützen. Was bisher nur bei planbaren Einsätzen wie Demonstrationen möglich ist, wird dann bei akuter Bedrohung erlaubt. Die Einsätze von Polizeihubschraubern und Bundeswehr koordiniert für ganz Deutschland das Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen.
Ob Staatsbesuch, Gipfeltreffen oder Fußball-WM: Bei solchen Veranstaltungen sichert die Polizei die Lage aus der Luft mit eigenen Hubschraubern. In Baden-Württemberg hat sie dazu sechs Maschinen im Einsatz. Sie kann auch Hilfe der Bundeswehr anfordern. Diese schickt etwa Transporthubschrauber oder Maschinen, die Wärmebildkameras an Bord haben – etwa, um Vermisste aufzuspüren. Doch dafür braucht es Genehmigungen und Absprachen mit Behörden in Berlin und anderen Bundesländern. Bei Geiselnahmen oder Anschlägen kann die Polizei Bundeswehrhubschrauber derzeit gar nicht zu Hilfe rufen. Denn Einsätze der Bundeswehr im Inland sind nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt.
Das soll sich ändern – und BadenWürttemberg spielt dabei eine zentrale Rolle. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagt, beim G20-Gipfel in Hamburg etwa hätten baden-württembergische Spezialkräfte der Luft ganz wesentlich den dortigen Einsatz mitverantwortet und unterstützt. „Diese und andere Erfahrungen zei- gen: Wir müssen unsere Kräfte und Ressourcen bei der anlassbezogenen Sicherung des Luftraums optimal bündeln und einsetzen“, sagt Strobl. „Dazu gehört – und das ist ganz besonders wichtig – dass die luftraumbezogene Unterstützung der Bundeswehr künftig nicht nur bei planbaren Großeinsätzen, sondern jederzeit auch ad hoc erfolgen kann.“
Komplizierte Absprachen entfallen
Deshalb hat Strobl sich dafür eingesetzt, neue Regeln zu erarbeiten. Sie erleichtern es, die Bundeswehr zur Unterstützung zu rufen. Außerdem entfallen bald die komplizierten Absprachen zwischen Bund und Ländern. Dafür fehle im Notfall die Zeit, so Strobl. Eine entsprechende Vereinbarung werden der Minister und seine Amtskollegen am Mittwoch bei ihrem Treffen in Quedlinburg unterzeichnen.
Damit wird Baden-Württemberg die zentrale Schaltstelle für Hubschraubereinsätze der Polizei. In Göppingen erarbeitet die Servicestelle Luftraumschutz neue Einsatz- konzepte für den Ernstfall. Seit 2016 arbeitet diese Stelle beim Polizeipräsidium Göppingen. Damals übernahm Baden-Württemberg die Aufgabe von Bayern: Bis dahin wechselte die Zuständigkeit alle drei Jahre von Bundesland zu Bundesland. Das ändert sich nun ebenfalls. Der Grund: Der ständige Wechsel hat sich nicht bewährt. „Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass das Polizeipräsidium Einsatz künftig dauerhaft die bundesweite Servicestelle Luftraumschutz betreibt“, so Strobl.
Konkret bedeutet dies: Sowohl bei vorhersehbaren Einsätzen als auch bei Terrorattacken oder Geiselnahmen werden die Polizisten in Göppingen alarmiert. Sie setzen sich mit den Leitstellen vor Ort in Verbindung, schlagen Einsatzkonzepte vor, sorgen für Unterstützung durch andere Hubschrauber-Staffeln oder durch die Bundeswehr. Vertreter der Polizeigewerkschaften begrüßten den Schritt. Es mache keinen Sinn, wichtige Aufgaben wie die Luftunterstützung alle paar Jahre in ein anderes Bundesland zu verlagern.