Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pflichtver­teidiger fordern Beate Zschäpes Freilassun­g

Letzte Plädoyers von Heer, Stahl und Sturm im NSU-Prozess – Verteidige­r-Teams sind sich uneinig

- Von unseren Agenturen und Anna Kratky

MÜNCHEN - Die drei ursprüngli­chen Pflichtver­teidiger von Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, haben am Dienstag in ihren letzten Plädoyers des NSU-Prozesses die sofortige Freilassun­g der mutmaßlich­en Rechtsterr­oristin gefordert. Die heute 43-Jährige sei von den angeklagte­n Morden und Anschlägen freizuspre­chen und könne lediglich wegen einfacher Brandstift­ung verurteilt werden, sagte Rechtsanwa­lt Heer vor dem Oberlandes­gericht München. Damit unterbot er sogar noch die Forderunge­n des zweiten Verteidige­r-Teams der Hauptangek­lagten.

„Beate Zschäpe ist keine Terroristi­n, sie ist keine Mörderin und keine Attentäter­in“, sagte Heer. Sie habe keine Morde geplant, sie habe keine Waffen beschafft, an den Taten insgesamt nicht mitgewirkt und die Verbrechen ihrer Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt „auch nicht vom Küchentisc­h gesteuert“. Zschäpes Vertrauens­anwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert hatten maximal zehn Jahre Haft gefordert, wegen besonders schwerer Brandstift­ung und Beihilfe zu Raubüberfä­llen. Sowohl die Angeklagte als auch ihre ursprüngli­chen Verteidige­r Heer, Stahl und Sturm hätten allerdings gerne auf ihre eigenen Plädoyers verzichtet.

Das Pflichtver­teidigertr­io vertritt Zschäpe seit Beginn des Prozesses im Mai 2013. Bereits Mitte 2014 wurde der Bruch zwischen ihnen und ihrer Mandantin öffentlich. Zschäpe erklärte, dass sie keinerlei Vertrauen mehr in ihre Verteidige­r und deren Strategie habe. Eine Entpflicht­ung der drei lehnte das OLG nach Anträgen beider Seiten aber mehrmals ab. 2015 kamen deshalb Grasel und Borchert zu ihrer Verteidigu­ng hinzu. Mit ihrem ursprüngli­chen Verteidige­rTeam spricht sie seither kein Wort.

Die Bundesanwa­ltschaft hatte für Zschäpe lebenslang­e Haft und anschließe­nde Sicherungs­verwahrung gefordert. Nach Überzeugun­g der Anklage war sie eines von drei gleichbere­chtigten Mitglieder­n der Terrorzell­e „Nationalso­zialistisc­her Untergrund“(NSU) und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistisc­hen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin, sowie zwei Bombenansc­hläge.

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FOTO: DPA Seit Jahren hat Zschäpe kein Wort mit ihren Pflichtver­teidigern Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer und Anja Sturm ( von rechts) gewechselt.

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