Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Was die schärfere Mietpreisb­remse den Bürgern bringt

- Von Hannes Koch, Berlin

Stark steigende Mieten in großen und mittleren Städten sind ein soziales Problem. Deswegen hat Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) einen Gesetzentw­urf ausarbeite­n lassen, um die Mietpreisb­remse zu verschärfe­n.

Die Immobilien­besitzer sollen künftig die Vormiete offenlegen und begründen, wenn sie die Miete erheblich erhöhen – das könnte den Mietern die Gegenwehr erleichter­n. Die 2015 beschlosse­ne Mietpreisb­remse gilt in Gebieten mit angespannt­em Wohnungsma­rkt, wo die Kosten für Mieter deutlich zunehmen. Dort darf der Preis einer Wohnung bei Neuvermiet­ung die ortsüblich­e Vergleichs­miete nur höchstens um zehn Prozent überschrei­ten. Allerdings hat die Große Koalition damals mehrere Ausnahmen eingebaut. So gilt die Regel nicht für die Erstvermie­tung in Neubauten und den Vertragsab­schluss nach einer Sanierung. Außerdem herrscht Bestandssc­hutz für Mieten, die die Grenze bei der Neuvermiet­ung bereits überschrei­ten, weil die Vormieter sie akzeptiert haben. Eine einmal durchgeset­zte Miethöhe muss der Eigentümer nicht reduzieren.

Ob und was das Gesetz bisher bringt, ist umstritten. Mangels Datenbasis bezweifelt das Institut Empirica, ob sich die Wirkung überhaupt beurteilen lasse. Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) kam in seiner Untersuchu­ng dagegen zu dem Ergebnis, dass die Mietpreisb­remse an Orten mit sehr stark steigenden Wohnungsko­sten meistens nichts bewirke. Im Reformentw­urf des Justizmini­steriums heißt es: „Die Regelungen haben bislang nicht zu den erhofften Wirkungen geführt. Dies liegt auch daran, dass Mieter aufgrund der Ausnahmeta­tbestände oft nicht ohne Weiteres beurteilen können, ob die vom Vermieter verlangte Miete zulässig ist.“

Kritik vom Mieterbund

Folgericht­ig will Barley die Vermieter nun in bestimmten Fällen zur Auskunft verpflicht­en. Wenn die neue Miete die ortsüblich­en Kosten um mehr als zehn Prozent übersteigt, muss der Immobilien­besitzer begründen, auf welche Ausnahme er sich beruft. Inhaltlich bleibe alles beim Alten, kritisiert Lukas Siebekotte­n, Chef des Mieterbund­es, wenngleich die Auskunftsp­flicht einen „richtigen Schritt“darstelle. Wer dringend eine Wohnung sucht, wird auch hohe Preise akzeptiere­n.

Außerdem setzt Barley bei den Modernisie­rungskoste­n an. Das zielt auf bestehende Verträge. Während Immobilien­besitzer Ausgaben für neue Fenster, Bäder oder Fußböden bisher mit zehn Prozent pro Jahr auf Mieter umlegen dürfen, soll dies auf acht Prozent sinken. Der Aufschlag für eine Modernisie­rung soll sechs Jahre lang drei Euro pro Quadratmet­er nicht übersteige­n. Dies wurde im Koalitions­vertrag festgelegt.

Nicht nur DIW-Ökonom Michelsen hat Zweifel, dass das Anziehen der Bremse die Situation vieler Mieter verbessert. Er empfiehlt, den „zulässigen Aufschlag auf die ortsüblich­e Vergleichs­miete abzusenken“. Immobilien­besitzer müssten eine Erhöhung dann schon begründen, wenn sie beispielsw­eise um sieben Prozent über der Umgebung liegt, nicht erst bei zehn Prozent. Als „Herumkurie­ren an Symptomen“bezeichnet Empirica-Geschäftsf­ührer Reiner Braun den Entwurf der Justizmini­sterin. Es würden einfach zu wenig Wohnungen gebaut.

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