Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Meisterrrr Mazunov soll TTF wieder zu Meistern machen
Personalrochade in Ochsenhausen: Dmitrij Mazunov wird Cheftrainer, Dubravko Skoric Technischer Direktor
Jürgen Schattmann
OCHSENHAUSEN - Es war ein bewegender Moment, als Dmitrij Mazunov am Dienstag von seinen beiden Tischtennis-Meisterschaften mit den TTF Liebherr Ochsenhausen erzählte. Davon, wie er und seine Mitstreiter 1997 bei der ersten mit dem Traktor vom Firmensitz des Namenssponsors runter ins Stadtzentrum fuhren und von 2000 Menschen bejubelt wurden. Im Doublejahr 2004 wurde Mazunov, der an vier der acht Titel des Clubs mitwirkte, nochmals Meister, doch als der Publikumsliebling spät am Abend am Marktbrunnen noch zu einer Rede gebeten wurde, brachte er nicht viel heraus. „Meisterrrrr, Meisterrrr“, schrie der Russe nur, gefühlte hundert Mal, so überwältigt war er.
„Ich wollte eines Tages Trainer der TTF sein, das war immer mein Traum“, sagte der 47-Jährige 14 Jahre später – am Tag, als eben dieser Traum in Erfüllung ging durch eine überraschende Personalrochade beim Vizemeister. Mazunov, seit Jahren Trainer im Nachwuchszentrum, ersetzt ab sofort und zunächst für ein Jahr Dubravko Skoric, dem er bisher assistierte. Der 57-jährige Kroate wird nach sieben Jahren als Headcoach künftig Technischer Direktor der TTF, „verantwortlich für die technische Ausbildung aller Spieler“, erläuterte Präsident Kristijan Pejinovic. Skoric, dank sieben Siege mit Charleroi Rekordgewinner der Champions League, sei nach mehr als 30 Jahren Trainerdasein der ständigen Reisen müde, so Pejinovic. Und Mazunov habe „seine Chance mehr als verdient. Er leistet seit Jah- ren hervorragende Arbeit mit unseren jungen Spielern, ist tief verwurzelt im Club und in der Region und der einzig logische Nachfolger.“
Dass der Wechsel der Trainer harmonisch ablief, sieht man an den humoresken Facebook-Einträgen der Protagonisten: Beide posteten Bilder, auf denen man sie Schulter an Schulter im Brasilien-Trikot sieht – vor den Spielen 2016 in Rio – respektive als verkappte Blues Brothers mit Sonnenbrille und etwas lädiert vor dem Rino, der örtlichen Eisdiele. Beide tragen Verbände in TTF-Blau, Skoric wurde gerade am Tennisarm operiert, Mazunov zog sich vor drei Wochen einen Achillessehnenriss zu – übrigens als Trainer, beim Warmmachen mit dem Nachwuchs, exakt formuliert: beim Völkerball.
Dass er bei seiner Kernsportart Tischtennis mehr Glück hat, ist zu hoffen – und zu erwarten. Mazunov, der sich 2013 und 2015 den SeniorenEM-Titel holte und noch immer sporadisch für den TTC Wöschbach in der 3. Liga spielt, hat beim Vizemeister eine starke, junge Mannschaft zur Verfügung, die auf zwei Positionen noch verstärkt wurde. Neben dem Österreicher Stefan Fegerl von Triple-Sieger Borussia Düsseldorf holten die TTF noch den Südkoreaner Jang Woojin an Bord, der mit 15 Schüler-Weltmeister war und drei Jahre lang am hauseigenen LMC ausgebildet wurde. Nr. 34 der Welt ist der 23Jährige, auch er hat das Potenzial, in die Top 15 vorzustoßen, allerdings ist noch unklar, wie viele Einsätze Jang bestreiten kann. Fegerl, Nr. 51 im Ranking, und der Pole Jakub Dyjas, konkurrieren ebenfalls um einen Stammplatz, beide dürften zudem ein starkes Doppel bilden. Das Quintett, nominell mit das stärkste TTFTeam aller Zeiten, will Düsseldorf 2019 endlich vom Thron stürzen. „Entscheidend wird der Teamspirit sein, wie sehr wir zusammenhalten“, warnte Mazunov. „Aber natürlich peilen wir die Titel an.“
Keine Champions League
Auf einen möglichen, den in der Champions League, wird der diesjährige Halbfinalist aber überraschend freiwillig verzichten. Die TTF lassen den Kampf um Europas Krone für zunächst eine Saison ruhen. Man wolle die Belastung für die Spieler, die international nun zu acht statt wie bisher vier Turnieren verpflichtet sind, zurückschrauben und dafür im Saisonfinale fitter sein, sagte Pejinovic. Vor allem die Topspieler Hugo Calderano und Simon Gauzy will er mit dem Verzicht schützen – und gleichzeitig ihr langfristiges Vertrauen gewinnen, schließlich laufen beider Verträge 2019 aus. Dass die Königsklasse jährlich ein Defizit im Etat von etwa 50 000 Euro hinterlässt, habe laut Pejinovic keine Rolle gespielt für den Verzicht.
Den totalen Rückzug wagt dagegen Ex-Nationalspieler und Jung-Vater Daniel Zwickl, von Pejinovic hochgelobter Teammanager der TTF, dieser geht aus familiären Gründen zurück in seine Heimat Ungarn – mit zwei weinenden Augen übrigens. „Ochsenhausen ist das beste und heißeste Tischtennis-Projekt der Welt“, sagte Zwickl. „Wer einmal hier war, der will nichts anderes mehr.“