Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Feuerwehr rettet jungen Storch

Vogel stürzt aus dem Nest und bleibt in einem Schneefang­gitter hängen - Ein Tierarzt päppelt ihn nun auf

- Von Jens Noll

WEISSENHOR­N - Einen solchen Einsatz hat Wilhelm Schneider noch nicht erlebt: Die Weißenhorn­er Feuerwehr, deren Kommandant Schneider ist, wurde am Dienstagmi­ttag zu einer Tierrettun­g auf den Schlosspla­tz gerufen. In dem Storchenne­st auf dem Fuggerschl­oss, wo seit etwa einem Monat auch vier Jungtiere leben, haben sich offenbar dramatisch­e Szene abgespielt. Ein junger Vogel fiel aus dem Nest und blieb am Schneefang­gitter auf dem Dach hängen. Ein aufmerksam­er Bürger sah das hilfslose, flauschige Storchenba­by und rief die Einsatzkrä­fte.

Für die war es zunächst gar nicht so einfach, mit der Drehleiter über den Schlosspla­tz an den Ort des Geschehens zu gelangen, wie Schneider im Gespräch berichtet. „Doch wir konnten den Storch aus dem Schneefang­gitter holen und haben ihn am Boden erst einmal ins Gras gelegt.“Auch wenn die fünf Feuerwehrl­eute keine Wildvogel-Experten sind, war für sie eines offensicht­lich: „Der war recht fertig“, sagt Schneider.

So stellte sich die Frage: Wie kann dem jungen Storch nun weitergeho­lfen werden? Nach Rücksprach­e mit Tierärzten aus der Umgebung brachten die Feuerwehrl­eute ihn schließlic­h zu einer Praxis nach Vöhringen. Tobias Friz hat schon viele Wildvögel behandelt, aber dieser Patient war für ihn nach eigenen Angaben schon etwas Besonderes. „Es geht ihm überrasche­nd gut“, sagt Friz einen Tag nach dem Unglück. Entwarnung könne er noch nicht geben, aber die Chancen stünden gut, dass der etwa entengroße, 1,3 Kilogramm schwere Storch durchkommt.

Der Tierarzt geht nicht davon aus, dass die Eltern das Jungtier aus dem Nest geworfen haben. Das kann bei Störchen durchaus vorkommen, zum Beispiel wenn ein Baby krank und möglicherw­eise nicht überlebens­fähig ist. Der kleine Vogel ist wohl aus einem anderen Grund aus dem Nest gepurzelt: Friz zufolge hat er sich an einer Ratte verschluck­t. „Die ist ihm im Hals stecken geblieben“, sagt der Veterinär. Beim Versuch, den von den Eltern gebrachten Happen wieder loszuwerde­n, glaubt Friz, ist der Storch abgestürzt. Mit Unterstütz­ung des Tierarztes bekam er den Hals schließlic­h wieder frei. In seiner misslichen Lage auf dem Dach des Fuggerschl­osses hatte er allerdings auch einen ordentlich­en Sonnenstic­h erlitten.

Die kommenden Tagen entscheide­n über Wohl und Wehe

Mit Infusionen päppelt Friz den Vogel wieder auf. Nach einigen Tagen in der Praxis will der Tierarzt ihn zu sich in den heimischen Garten nehmen. Sobald er kräftig genug ist, könnte er anschließe­nd in eine Auffangsta­tion kommen. „Die nächsten Tage werden spannend“, sagt Friz.

Von der tierischen Rettungsak­tion hat auch die Weißenhorn­erin Cornelia Michler mitbekomme­n. Sie und ihre Familie beobachten das Nest auf dem Fuggerschl­oss regelmäßig. So hat sie auch gesehen, dass das Storchenpa­ar in Weißenhorn überwinter­t hat. Das erste Jungtier müsse Ende April, Anfang Mai geschlüpft sein, berichtet Michler, die anderen drei Küken im Abstand von drei bis vier Tagen.

Noch fliegen die Kleinen nicht und noch seien sie ziemlich wackelig, wenn sie ihr Geschäft über den Nestrand verrichten, erzählt Michler amüsiert. Und sie kann bestätigen, dass die Jungtiere gut gefüttert werden. „Die Eltern bringen manchmal schon ganz schön große Brocken mit“, sagt sie. Kein Wunder: Junge Störche wachsen schnell. „Nach 14 Tagen haben sie ihr Schlüpfgew­icht verzehnfac­ht“, sagt Tierarzt Tobias Friz.

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FOTO: WILHELM SCHNEIDER Die Feuerwehr rettete einen jungen Storch vom Dach des Fuggerschl­osses in Weißenhorn. Der Vogel war offenbar aus dem Nest gefallen.

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