Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Cello und Klavier in meisterhafter Umarmung
Kian Soltani und Aaron Pilsan beweisen ihre künstlerische Spitzenklasse in der Villa Rot
BURGRIEDEN-ROT - Der Cellist Kian Soltani und der Pianist Aaron Pilsan haben in der Villa Rot mit Musik vom Barock zur Moderne entzückt.
Zu Beginn – natürlich – Johann Sebastian Bach. Dessen Sonate für Viola da Gamba und Klavier BWV 1027 wurde mit einem kunstvoll arrangierten Zweivierteltakt eröffnet. Dann folgte ein als Fugato daher kommendes, fein tänzerisches Allegro. Das Programm verweist auf die Nähe zu Rezitativen der MatthäusPassion im eher elegischen Andante. Das abschließende zweite Allegro im Rhythmus der Bourrée Anglaise zeigt fröhlichen Duktus; jugendhaftes Strahlen ist direkt in Klang umgesetzt.
Dann Johannes Brahms mit der Sonate Nr. 1 für Violoncello und Klavier op. 38, kontrapunktisch komponiert, ist eine Hommage an Bach. Das erste Allegro eröffnet mit einer seelenvollen, fast impressionistischen Cello-Melodie, triolenumspielt vom Klavier. Stellen voller Cellozärtlichkeit werden dann harsch unterbrochen von sich aufbäumender tonaler Härte, von emporstürmendem Impetus, und der führt zum sanften Satzschluss. Der zweite Satz wird eingangs getragen von heiterem Menuett assoziierendem Grundton. Im Trio nähert sich der Klang stilistisch mehr zu lyrisch anschmiegsamem Walzerempfinden. Mit hüpfendem Cellobogen geht der Satz zum Ende. Der Schlusssatz steigt marcato ein, führt kraftvoll mit Accelerandi und virtuosen Anforderungen an beide Instrumente zum schier monumentalen Schluss.
Höchst ungewöhnlich ist ein Werk des zeitgenössischen Österreichers Thomas Larcher, das der Komponist „Mumien für Violoncello und Klavier“nannte. Als „Programmnotizen“schrieb Larcher Begriffe wie mumifiziert, eingehüllt, verborgen, ausgedörrt in die Partitur. Verschiedene Tempi gleiten mit stellenweise kakophonischen Tonelementen ineinander, gehen über die gewohnte Klangästhetik der Instrumente weit hinaus, erzeugen irreale akustische Phantasmagorien. Aus anfänglich unbelebten Klangfolgen entstehen heftige Fluchtelemente. Assoziationen zu Dürers „Ritter, Tod und Teufel“entstehen. Kalte Klänge bewegen sich auf Zwischenstufen von „Sein und Nichtmehrsein.“
Der iranische Komponist Reza Vali hat für Kian Soltani einen Zyklus „Persian Folksongs“geschrieben. Wie der Cellist erläuterte, hat der Komponist in den sieben Sätzen echte und lang bekannte, im Iran gesungene Volkslieder verwendet. Er hat aber auch eigene Kompositionen in diesem Stil geschrieben. Soltani: „Es geht meist über die Liebe!“Und klanglich geht es mit großem Melodienreichtum und in wunderschönen Harmonien, auch mit „westlicher“Romantik, um das uralte Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Positive und negative Erscheinungsformen der Liebe, schmachtend, himmelhoch jauchzend, versagungsvoll und tänzerisch, hat der Komponist in Klang gegossen.
Klingender Straßenverkehr
Der große argentinische Komponist Astor Piazolla hat dem Cellisten Mstislav Rostropowitsch seinen „Grand Tango“gewidmet. Er hat hier Elemente des Tango meisterhaft mit denen klassischer Musik vereinigt. Das Werk ist stimmungsintensiv, sehr virtuos gearbeitet, weitab jeder tanzbaren Interpretation. Der Rhythmus reißt mit, pure Faszination. Eine Zugabe des Schweizer Komponisten Thomas Demenga, „New York Honk“, schilderte in heiterer und geräuschmalender Weise den Straßenverkehr in New York.
Kian Soltani spielte auf einem Instrument des italienischen Meisters Matteo Gofriller, das dieser 1690 gebaut hatte. Die beiden Musiker spielen seit 2012 zusammen, haben sich den idealen dualen Zusammenklang erarbeitet. Instrumentale virtuose Gestaltung und absolut stilsichere und differenzierte Interpretation belegen die künstlerische Spitzenklasse dieser beiden Ausnahme-Musiker.