Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Keine Klage gegen IGI Rißtal
Nabu will erst im späteren Verfahren tätig werden – Diskussion um Gemeindevertrag
WARTHAUSEN - Der Weg für das Bebauungsverfahren zum geplanten Industriegebiet IGI im Rißtal ist offenbar frei: Der Naturschutzbund (Nabu) wird keine Klage gegen die Entscheidung im Zielabweichungsverfahren einlegen. Das hat der Verband bekannt gegeben, der als größter Kritiker des Industriegebiets gilt. Doch die Bürgerinitiative (BI) „Schutzgemeinschaft“hofft noch auf eine andere Möglichkeit, um das Verfahren zu stoppen: einen Vertrag aus den 1970er-Jahren.
Ein Satz soll die Planungen für ein ganzes Industriegebiet zunichte machen. Diese Hoffnung hegt zumindest die BI „Schutzgemeinschaft“. Sie hat den Vertrag zur Eingemeindung von Höfen nach Warthausen ausfindig gemacht, darin heißt es in Artikel acht: „Die Gemeinde Warthausen wird den Wald auf Gemarkung Höfen nach Möglichkeit erhalten, die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsgebiet fördern und sich gegen jegliche Verunstaltung und zweckfremde Nutzung derselben wenden.“
Vertrag ist offenbar gültig
Unklar ist bislang, welche Folgen der in Teilen schwammig formulierte Vertrag hat. Dass der Vertrag „grundsätzlich gültig“sei, davon geht Warthausens Bürgermeister Wolfgang Jautz aus. Daraus könne aber „nicht abgeleitet werden, dass jegliche Möglichkeiten zur Entwicklung auf dem Gebiet hinfällig“seien. Der Gemeinderat habe in jedem Fall die „Planungshoheit über die Flächenentwicklung“. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wolle die Gemeinde sich die „Rechtspositionen genau anschauen“.
Selbst die Bürgerinitiative schätzt die Aussichten auf eine Klage als „juristisch schwierig“ein, wie Vorstandsmitglied Klaus Schneider erklärt, auch wenn der Vertrag aus seiner Sicht „heute noch einklagbar“ist. Die BI überlege nun, Einwohner aus Höfen mit ins Boot zu holen, die die Vertragsunterzeichnung in den 1970er-Jahren miterlebt haben. Sie könnten ihren Bürgerwillen artikulieren, glaubt Schneider, und somit auf die Einhaltung des Vertrags pochen.
Ein Blick auf vergleichbare Fälle in anderen Städten und Gemeinden zeigt: Immer wieder werden Klauseln in Eingemeindungsverträgen zum Politikum. Der Städtetag Baden-Württemberg verweist nach SZ-Anfrage auf einige Fälle der vergangenen Jahre, die alle vor Gericht gingen. Von Umgehungsstraßen bis zur Straßenreinigung, von Offenburg bis Göppingen – der Tenor der Entscheidungen: Gültig seien die Verträge, doch konkrete Ableitungen daraus meist schwierig.
Eine Antwort des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen zu diesem Thema steht noch aus. Laut BI sei der Eingemeindungsvertrag erst nach der Entscheidung über das Zielabweichungsverfahren beim RP eingegangen.
Bedenken gegen Klagen
Unabhängig von einem Rechtsstreit über den Eingemeindungsvertrag hatte der Nabu zunächst erwogen, gegen das Zielabweichungsverfahren zu klagen. Diese Überlegung habe man jedoch verworfen. „Wir schätzen die Möglichkeiten, zu gewinnen und einen schnellen Stopp zu erreichen, als eher gering ein“, betont die stellvertretende Vorsitzende des Nabu Biberach, Vera Schloßbauer. Eine Klage sei „eine heikle Geschichte“. Der Verband wolle „verantwortungsvoll“mit den Mitgliedsbeiträgen umgehen, aus denen er seine Arbeit finanziert.
Stattdessen haben die Naturschutzverbände Nabu und BUND sowie die BI bekannt gegeben, dass sie „in Zukunft ihre Arbeit verstärkt koordinieren und durch regelmäßige Treffen intensivieren“wollen. Vor allem bei der Änderung des Flächennutzungsplans und der Erstellung der Bebauungspläne sehen sie „wesentliche Einflussmöglichkeiten für den Naturerhalt“.
„Wir schätzen die Möglichkeiten, einen schnellen Stopp zu erreichen, als eher gering ein.“ Vera Schloßbauer, stellvertretende Nabu-Vorsitzende Biberach