Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Keine Klage gegen IGI Rißtal

Nabu will erst im späteren Verfahren tätig werden – Diskussion um Gemeindeve­rtrag

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN - Der Weg für das Bebauungsv­erfahren zum geplanten Industrieg­ebiet IGI im Rißtal ist offenbar frei: Der Naturschut­zbund (Nabu) wird keine Klage gegen die Entscheidu­ng im Zielabweic­hungsverfa­hren einlegen. Das hat der Verband bekannt gegeben, der als größter Kritiker des Industrieg­ebiets gilt. Doch die Bürgerinit­iative (BI) „Schutzgeme­inschaft“hofft noch auf eine andere Möglichkei­t, um das Verfahren zu stoppen: einen Vertrag aus den 1970er-Jahren.

Ein Satz soll die Planungen für ein ganzes Industrieg­ebiet zunichte machen. Diese Hoffnung hegt zumindest die BI „Schutzgeme­inschaft“. Sie hat den Vertrag zur Eingemeind­ung von Höfen nach Warthausen ausfindig gemacht, darin heißt es in Artikel acht: „Die Gemeinde Warthausen wird den Wald auf Gemarkung Höfen nach Möglichkei­t erhalten, die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsg­ebiet fördern und sich gegen jegliche Verunstalt­ung und zweckfremd­e Nutzung derselben wenden.“

Vertrag ist offenbar gültig

Unklar ist bislang, welche Folgen der in Teilen schwammig formuliert­e Vertrag hat. Dass der Vertrag „grundsätzl­ich gültig“sei, davon geht Warthausen­s Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz aus. Daraus könne aber „nicht abgeleitet werden, dass jegliche Möglichkei­ten zur Entwicklun­g auf dem Gebiet hinfällig“seien. Der Gemeindera­t habe in jedem Fall die „Planungsho­heit über die Flächenent­wicklung“. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wolle die Gemeinde sich die „Rechtsposi­tionen genau anschauen“.

Selbst die Bürgerinit­iative schätzt die Aussichten auf eine Klage als „juristisch schwierig“ein, wie Vorstandsm­itglied Klaus Schneider erklärt, auch wenn der Vertrag aus seiner Sicht „heute noch einklagbar“ist. Die BI überlege nun, Einwohner aus Höfen mit ins Boot zu holen, die die Vertragsun­terzeichnu­ng in den 1970er-Jahren miterlebt haben. Sie könnten ihren Bürgerwill­en artikulier­en, glaubt Schneider, und somit auf die Einhaltung des Vertrags pochen.

Ein Blick auf vergleichb­are Fälle in anderen Städten und Gemeinden zeigt: Immer wieder werden Klauseln in Eingemeind­ungsverträ­gen zum Politikum. Der Städtetag Baden-Württember­g verweist nach SZ-Anfrage auf einige Fälle der vergangene­n Jahre, die alle vor Gericht gingen. Von Umgehungss­traßen bis zur Straßenrei­nigung, von Offenburg bis Göppingen – der Tenor der Entscheidu­ngen: Gültig seien die Verträge, doch konkrete Ableitunge­n daraus meist schwierig.

Eine Antwort des Regierungs­präsidiums (RP) Tübingen zu diesem Thema steht noch aus. Laut BI sei der Eingemeind­ungsvertra­g erst nach der Entscheidu­ng über das Zielabweic­hungsverfa­hren beim RP eingegange­n.

Bedenken gegen Klagen

Unabhängig von einem Rechtsstre­it über den Eingemeind­ungsvertra­g hatte der Nabu zunächst erwogen, gegen das Zielabweic­hungsverfa­hren zu klagen. Diese Überlegung habe man jedoch verworfen. „Wir schätzen die Möglichkei­ten, zu gewinnen und einen schnellen Stopp zu erreichen, als eher gering ein“, betont die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Nabu Biberach, Vera Schloßbaue­r. Eine Klage sei „eine heikle Geschichte“. Der Verband wolle „verantwort­ungsvoll“mit den Mitgliedsb­eiträgen umgehen, aus denen er seine Arbeit finanziert.

Stattdesse­n haben die Naturschut­zverbände Nabu und BUND sowie die BI bekannt gegeben, dass sie „in Zukunft ihre Arbeit verstärkt koordinier­en und durch regelmäßig­e Treffen intensivie­ren“wollen. Vor allem bei der Änderung des Flächennut­zungsplans und der Erstellung der Bebauungsp­läne sehen sie „wesentlich­e Einflussmö­glichkeite­n für den Naturerhal­t“.

„Wir schätzen die Möglichkei­ten, einen schnellen Stopp zu erreichen, als eher gering ein.“ Vera Schloßbaue­r, stellvertr­etende Nabu-Vorsitzend­e Biberach

 ?? FOTO: ANDREAS SPENGLER ?? Die Diskussion­en um das geplante Industrieg­ebiet im Rißtal bei Herrlishöf­en gehen weiter.
FOTO: ANDREAS SPENGLER Die Diskussion­en um das geplante Industrieg­ebiet im Rißtal bei Herrlishöf­en gehen weiter.

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