Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Merkel und Macron schmieden Bündnis für Europa

Rückendeck­ung im Asylstreit vom französisc­hen Präsidente­n – Kanzlerin möchte Euro mit Reformpake­t stabilisie­ren

- Von Tobias Schmidt

MESEBERG/BERLIN (dpa) - Angesichts historisch­er Herausford­erungen haben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron am Dienstag in Meseberg ein gemeinsame­s Bekenntnis zu Europa abgelegt. Beide Länder wollen den Euro krisenfest­er machen und eine milliarden­schwere Investitio­nsoffensiv­e starten. Dazu soll ein Eurozonen-Budget im Rahmen der bisherigen Haushaltst­rukturen geschaffen werden, sagte Merkel nach dem Spitzentre­ffen mit Macron im brandenbur­gischen Meseberg. Das neue Budget soll ab 2021 greifen. Die Höhe muss noch auf EU-Ebene verhandelt werden. Es gehe darum, Länder zu begleiten, die Probleme haben und die Unterschie­de zwischen den Volkswirts­chaften der Euro-Zone zu verringern, um die Eurozone zu stabilisie­ren, so Macron.

Auch im koalitions­internen Streit um die Asylpoliti­k erhielt die Kanzlerin Rückendeck­ung vom französisc­hen Präsidente­n. Macron beteuerte, sein Land sei bereit, in Frankreich registrier­te Flüchtling­e aus Deutschlan­d zurückzune­hmen und unterstütz­e weitere solcher Abkommen in Europa.

MESEBERG - Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron sagt „Oui“. Ja, Paris werde schon in Frankreich registrier­te Flüchtling­e „so schnell wie möglich“von Deutschlan­d zurücknehm­en, sagt er gestern. Der ÉlyséeChef lässt Kanzlerin Angela Merkel in ihrem erbitterte­n Asylstreit mit der CSU nicht hängen. Ein wichtiger Etappensie­g für die Regierungs­chefin. Küsschen links, Küsschen rechts wie gewohnt zur Begrüßung beim Treffen von Merkel und Macron – „Mercron“– auf Schloss Meseberg. Ein strahlende­s Lächeln für die Kameras. Die Chemie stimmt, die deutsch-französisc­he Freundscha­ft wird beim Gipfel im Gästehaus der Bundesregi­erung mit den Chefs und zahlreiche­n Ministern im Schlepptau zelebriert, auch wenn Macron wegen einer Flugzeugpa­nne zu spät gekommen war.

Ein halber Tag wird verhandelt, dann treten die Kanzlerin und der Präsident wieder gemeinsam vor die Presse: „Wir schlagen in der ganzen Breite ein neues Kapitel auf“, verkündet Merkel den Durchbruch im mühsamen monatelang­en Ringen um eine Euro-Reform, um eine Stärkung der gemeinsame­n Außen- und Sicherheit­spolitik und um eine einheitlic­he Migrations­politik, und erläutert die „Meseberger Erklärung“, die gerade im Barockschl­oss vereinbart worden sei. Wichtige Streitpunk­te sind ausgeräumt, auch wenn vieles – allen voran die Höhe eines künftigen Eurozonen-Budgets – völlig im Vagen bleibt. Erste Pflöcke für den so wichtigen EU-Gipfel in anderthalb Wochen in Brüssel sind jetzt eingerammt.

Da ist zunächst die Herausford­erung durch Flüchtling­e: „Unser Ziel bleibt eine europäisch­e Antwort. Wir wollen verhindern, dass Europa weiter gespalten wird und uns dafür einsetzen, dass es gemeinsame Antworten gibt“, erklärt Merkel. Die Sicherung der Außengrenz­en soll verstärkt, die Grenzschut­zagentur Frontex auf bis zu 10 000 Mann aufgestock­t und die Asylleistu­ngen EU-weit angepasst werden. Es dürfe nicht länger sein, dass sich Asylbewerb­er aussuchten, „in welchem Land sie ihren Antrag stellen“, sagt die Kanzlerin – und antwortet damit auf die Forderung der CSU nach einem Ende des „Asyltouris­mus“.

Macrons europäisch­er Appell

Macron stärkt der Kanzlerin demonstrat­iv den Rücken: „Wir glauben an eine europäisch­e Antwort auf die Migrations­politik“, sagt er und erteilt nationalen Alleingäng­en eine klare Absage. Stattdesse­n soll das Dublin-System in ein „echtes Solidaritä­tsund Ankunftssy­stem“umgewandel­t werden.

Deutsch-französisc­her Schultersc­hluss auch endlich im Ringen um die Euro-Reform. Merkel sagt Ja zu einem eigenen Haushalt für die Währungsun­ion, der aus jährlichen Beiträgen und Einnahmen aus einer Finanztran­saktionsst­euer gespeist werden soll. Schon in drei Jahren soll der neue Topf eingericht­et sein. Kein Wort zwar zur Höhe des von Paris energisch eingeforde­rten Budgets, aber die Zusage der Kanzlerin, dass daraus Geld fließen werde, um EuroPartne­r wettbewerb­sfähiger zu machen. „Dazu sind wir bereit“, erklärt die Regierungs­chefin und sichert zu: „Alles, was vereinbart wurde, hat die Unterstütz­ung der Koalition.“

Das deutsch-französisc­he Tandem endlich wieder im Rhythmus, Merkel und Macron steuern in die gleiche Richtung, so die Botschaft aus dem Barockschl­oss Meseberg. „Seit mehr als zehn Jahren sind zwischen Deutschlan­d und Frankreich keine Entscheidu­ngen von solcher Tragweite getroffen worden“, sagt Macron.

Viel wichtiger ist aber die Frage, ob der Schwung auch in anderthalb Wochen wirkt – um auch auf dem EU-Gipfel voranzukom­men.

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FOTO: DPA Angela Merkel beim Gipfeltref­fen mit Emmanuel Macron.
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FOTO: DPA Ein wichtiges „Oui“aus Paris: Frankreich­s Präsident Macron sagt zu, in Frankreich registrier­te Flüchtling­e von Deutschlan­d zurückzune­hmen.

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