Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ständiges Wippen unbedingt erlaubt

Schreibtis­che und Drehstühle für Schulkinde­r sollten ein aktives Sitzen ermögliche­n und mitwachsen

- Von Katja Fischer, dpa

In der Schule gilt Stillsitze­n inzwischen als überholt. Das sollte auch deheim bei den Hausaufgab­en so sein, denn Stühle und Tische, die aktives Sitzen zulassen, gelten als rückenscho­nend. Was Eltern beim Kauf von Schreibtis­ch und Drehstuhl für Kinder beachten sollten:

„Ein Schreibtis­ch kann die Kinder über viele Jahre begleiten“, sagt Tanja Cordes von der Aktion Gesunder Rücken in Bremervörd­e. „Dafür muss er höhenverst­ellbar und ergonomisc­h sinnvoll gestaltet sein.“Die Höhenverst­ellung sollte zwischen 56 Zentimeter­n unten und 82 Zentimeter­n oben möglich sein. „Am besten ist es, die Kinder im Möbelhaus ausgiebig Probesitze­n zu lassen.“

Außerdem rät Michael Weber vom TÜV Süd, auf Verstellmö­glichkeite­n in vielen kleinen Schritten zu achten: „Kinder wachsen schnell. In einem halben Jahr können Schreibtis­ch und Stuhl schon zu klein sein.“Mindestens alle sechs Monate sollte man das überprüfen.

Dazu ist wichtig, ob die Technik des Schreibtis­ches auch für Kinder selbst praktikabe­l ist. Was passiert, wenn der Verstellhe­bel nicht richtig einrastet? Fällt dann die schwere Tischplatt­e herunter? „Am sichersten ist eine stufenlose Verstellun­g, möglichst gasfederun­terstützt“, sagt Weber.

Außerdem sollte man die Stabilität des Möbels beim Kauf klären: „Man kann sich im Möbelhaus ruhig mal auf eine Tischkante aufstützen. Droht der Schreibtis­ch dann zu kippen, hält er höchstwahr­scheinlich den Belastunge­n im Alltag auch nicht stand.“

Damit die richtige Kopfhaltun­g ermöglicht wird, muss der Tisch eine leichtgäng­ige Neigungsfu­nktion von mindestens 16 Grad aufweisen, erklärt Cordes. Das Abrutschen von Gegenständ­en auf dem Tisch vermeiden entspreche­nde Vorrichtun­gen. Da auch schon jüngere Kinder mit dem Laptop oder Computer arbeiten, macht eine zweigeteil­te Schreibtis­chplatte Sinn. So können sie auf der einen Seite malen oder schreiben, und auf der anderen steht der Computer. Praktisch sind auch Ablagen und seitliche Plattenerw­eiterungen. „Das Kind braucht 60 Zentimeter Platz zum Lesen, Schreiben, Rechnen und mindestens 80 Zentimeter für das Arbeiten mit dem Computer“, sagt Weber.

Die Tischplatt­e sollte aus strapazier­fähigem Material bestehen, das sich nass abwischen lässt. „Hier sind beschichte­te Holzwerkst­offe praktisch“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindus­trie in Bad Honnef in Bonn. Beliebt sind auch Beläge aus Linoleum, die eine matte und glatte Oberfläche haben. Sie sind pflegeleic­ht und haltbar. Von Schreibtis­chen aus Kunststoff hält die Möbelexper­tin wenig. „Sie lassen sich zwar gut reinigen, sind aber nicht stabil genug, wenn die Kinder herumtoben.“

Auch auf Lichteinfa­ll achten

Wichtig sei, den Schreibtis­ch an einen Platz im Zimmer zu stellen, wo das natürliche Licht ausgenutzt werden kann. „Bei Rechtshänd­ern muss das Licht von links und bei Linkshände­rn von rechts kommen“, erklärt Geismann.

Zu einem guten Schreibtis­ch gehört ein guter Stuhl. Auch er muss ergonomisc­h sein und dynamische­s Sitzen ermögliche­n. „Dazu reicht es nicht allein, dass er sich den Körpermaße­n des Kindes anpassen lässt“, erläutert Rückenexpe­rtin Cordes. „Es müssen auch während längerer Sitzzeiten natürliche, für den Nutzer unbewusste, variable Haltungswe­chsel möglich sein.“

Sind Stuhl und Tisch zu klein oder die Sitzfläche nicht beweglich, kann das ein Zusammensa­cken des Oberkörper­s, die sogenannte C-Haltung, zur Folge haben, was auf längere Sicht zu Rückenschä­den führt. „Wichtig ist, dass Sitzhöhe und Sitztiefe einstellba­r sind“, ergänzt TÜVExperte Weber. Auch die Rückenlehn­e und die Sitzneigun­g sollten sich individuel­l anpassen lassen.

Gefahrenqu­elle Stuhl

Die Einstellun­gen passen, wenn das Kind im Sitzen beide Füße flach auf dem Boden stellen kann. Ober- und Unterschen­kel bilden dabei einen Winkel von 90 Grad oder mehr. Außerdem sollte die Tischplatt­e knapp unter Ellenbogen­höhe liegen. Die Oberarme hängen dabei locker nach unten, und Ober- und Unterarme bilden einen Winkel von 90 Grad oder mehr.

Weber macht auf eine Gefahrenqu­elle aufmerksam, die oft unterschät­zt wird: „Die Rollen des Stuhls dürfen nicht zu leichtgäng­ig sein. Sonst rollt er beim Aufstehen weg, und das Kind setzt sich ins Leere.“Ein gutes Zeichen ist es, wenn sich der Stuhl ohne Belastung relativ schwer bewegen lässt, aber beim Hinsetzen leichtgäng­ig wird.

Eltern sollten auf das GS-Prüfzeiche­n achten, es steht für geprüfte Sicherheit. „Trotzdem kann es nicht schaden, den Schreibtis­ch auf mögliche Verletzung­squellen wie scharfe Kanten oder Quetschste­llen zu untersuche­n“, rät Weber.

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FOTO: DPA Im besten Fall wachsen Schreibtis­ch und Stuhl mit den Kindern mit.

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