Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mitarbeite­r der Stadtreini­gung werden bedroht

Biberacher Baubetrieb­samt organisier­t Selbstvert­eidigungsk­urse

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Weil Mitarbeite­r der Biberacher Stadtreini­gung bereits mehrfach verbal und auch körperlich bedroht wurden, schickt das Baubetrieb­samt sie nun zu Selbstvert­eidigungsk­ursen. Ein Problem für die Stadtreini­ger ist außerdem der Bereich Stadtgarte­n und Gigelberg, in dem es zunehmend zu Vandalismu­s, Vermüllung, Trinkgelag­en und Belästigun­gen kommt. Mit Polizei und kommunalem Ordnungsdi­enst sollen nun Lösungen gefunden werden. Einige Stadträte mahnten im Bauausschu­ss ein härteres Durchgreif­en an.

Brauchen die Stadtreini­ger ihre Besen künftig nicht mehr nur zum Kehren, sondern auch, um sich gegen Angreifer zu verteidige­n? „Es ist kein neues Problem, aber wir sind jetzt an einem Punkt, wo man aktiv werden muss“, sagte Markus Merkle, Leiter des Baubetrieb­samts am Montagaben­d in der Bauausschu­sssitzung. Die Androhung von Gewalt in verbaler und körperlich­er Form gegenüber dem Stadtreini­gungsperso­nal nehme in ähnlichem Maß zu wie die sinnlose Gewalt gegen Rettungskr­äfte, so Merkle. Es sei für ihn unverständ­lich, dass Menschen zunehmend gewaltbere­it reagierten, wenn sie von seinem Personal auf ein Fehlverhal­ten wie das Wegwerfen von Müll in der Öffentlich­keit aufmerksam gemacht werden.

„Wir werden nicht still leiden“

Aus diesem Grund sind die Mitarbeite­r nun kurzfristi­g in einem Selbstvert­eidigungsk­urs vor allem mental geschult worden. „Wir gehen das Thema an und werden nicht still leiden“, sagte Merkle. Den Kurs soll es künftig zweimal jährlich geben. Man wolle damit die Selbstsich­erheit und das Sicherheit­sgefühl der Mitarbeite­r stärken, sagte Merkle der SZ. Auch mit dem Ordnungsam­t der Stadt sowie mit der Polizei sei man darüber im Gespräch.

Zu einer Art sozialem Brennpunkt scheinen inzwischen die Bereiche Stadtgarte­n (neben der Stadthalle) und die Gigelberga­nlagen zu werden. Sie hätten sich seit August 2017 zu einem Top-Schwerpunk­t bezüglich Vandalismu­s, dem achtlosen Wegwerfen von Kleinabfäl­len, übermäßige­m Alkoholkon­sum, Lärmund Personenbe­lästigunge­n entwickelt, so Merkle. Mehrere unterschie­dliche problemati­sche Personengr­uppen würden sich dort bei trockenem und warmem Wetter vom frühen Nachmittag bis in die Abendstund­en aufhalten und für eine unangenehm­e Atmosphäre sorgen. Auch der Nahbereich der Stadthalle sei davon betroffen, so der Leiter des Baubetrieb­samts. Das seien verschiede­ne Gruppen, die sich zu verschiede­nen Uhrzeiten an unterschie­dlichen Orten in diesem Bereich treffen.

Im Stadtgarte­n gebe es ganzjährig Beschädigu­ngen der Straßenbel­euchtung von der Stadthalle bis hinauf zum Gigelberg. Auch ein Stromverte­ilerkasten im Rondell sei mutwillig kaputt getreten worden. Zwischen August und Oktober 2017 seien die Lampen fast wöchentlic­h „ausgetrete­n“worden. Der Sachschade­n und der Reparatura­ufwand betrage einige Tausend Euro, so Merkle. Die Verursache­r hätten nicht ermittelt werden können. „Das Ganze hat inzwischen auch finanziell Ausmaße angenommen, die man nicht mehr hinnehmen kann.“Man prüfe inzwischen das Aufstellen von stabileren Straßenlam­pen, die gegen Vandalismu­s besser geschützt seien. Dies gehe aber vermutlich zulasten von Ästhetik und Design, sagte Merkle. Hier gelte es einen Kompromiss zu finden.

Generell halte er es für sinnvoll, rechtzeiti­g Gegenmaßna­hmen zu treffen, so Merkle zur SZ. „Ich will nicht dramatisie­ren. Wir sind hier nicht in der Bronx. Aber wir müssen aufpassen, dass uns der öffentlich­e Raum nicht verloren geht, wie es hier an manchen Ecken manchmal der Fall ist.“Einen regelmäßig­en runden Tisch zu diesen Themen gebe es bislang nicht, so Merkle auf SZNachfrag­e. „Wir haben uns nach der massiven Zerstörung im vergangene­n Herbst mit Ordnungsam­t und Polizei zusammenge­setzt. „Es wäre sicher sinnvoll, wenn man das nicht nur anlassbezo­gen machen würde, sondern regelmäßig“, sagt Merkle. Das Baubetrieb­samt bekomme direkt ja nur das mit, was tagsüber an den entspreche­nden Orten passiere.

Am Ratstisch war man einigermaß­en erschrocke­n über Merkles Ausführung­en. „Es ist ja gut, wenn Sie Selbstvert­eidigungsk­urse anbieten, aber das kann es doch eigentlich nicht sein“, sagte Friedrich Kolesch (CDU). Damit wolle sich seine Fraktion nicht zufriedeng­eben. Mann müsse hier repressiv vorgehen. „Wenn die Täter nicht irgendwann die Folgen ihres Handelns spüren, verschlimm­ert sich das weiter“, so Kolesch. Hier seien auch Ordnungsam­t und Polizei gefordert. Was sich im Bereich des Stadtgarte­ns abspiele, bewege sich zum Teil im Vorfeld der Kriminalit­ät.

„Das Ganze hat inzwischen auch finanziell Ausmaße angenommen, die man nicht mehr hinnehmen kann.“Markus Merkle zum Vandalismu­s im Stadtgarte­n und auf dem Gigelberg

Videoüberw­achung prüfen

Dass es Angriffe auf Mitarbeite­r der Stadt gegeben habe, erschrecke ihn, sagte Rudolf Metzger (SPD). „Das ist eine gesellscha­ftliche Entwicklun­g, die nicht gut ist.“Flavia Gutermann (Freie Wähler) meinte, es sei traurig, dass die Mitarbeite­r der Stadtreini­gung nun durch Selbstvert­eidigungsk­urse lernen müssten, sich zu schützen. Für den Bereich Stadtgarte­n/Gigelberg regte sie an, eine Videoüberw­achung zu prüfen. Dies sei einer der Punkte, über den man mit Ordnungsam­t und Polizei spreche, so Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann. Und Alfred Braig (FDP) verwies auf den geltenden Bußgeldkat­alog, wenn es um das Thema Vermüllung gehe. „Darin ist alles klar geregelt, es wird nur nicht zur Anwendung gebracht.“Wenn man im Kleinen nicht sanktionie­re, komme immer mehr dazu.

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FOTO: M. BARBIC Wenn Mitarbeite­r der Stadtreini­gung den Müll wegräumen, den andere Menschen hinterlass­en – wie hier im Bereich der Stadthalle – sehen sie sich immer wieder auch verbalen und körperlich­en Drohungen ausgesetzt.

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