Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ministerin will kein Schließpro­gramm für kleine Schulen

Schülerzah­l soll nicht über Schließung entscheide­n – an Debatte hält Eisenmann aber fest

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) will die Schließung kleiner Grundschul­en nicht von der Schülerzah­l abhängig machen. „Diese Schulen sind vor Ort ein wichtiger Standortfa­ktor“, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“am Mittwoch. „Deshalb wird es mit mir auch kein Schließpro­gramm geben.“Ein Gutachten hatte empfohlen, Grundschul­en mit weniger als 16 Anmeldunge­n zu schließen, um Ressourcen effiziente­r zu nutzen. An der Zahl will Eisenmann Schließung­en nicht festmachen. Eine Debatte über die Zukunft der Schulen strebt sie aber an.

STUTTGART - Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) will die Schließung kleiner Grundschul­en nicht von der Schülerzah­l abhängig machen. „Wir dürfen diese Schulen nicht nur unter finanziell­en Gesichtspu­nkten betrachten, denn diese Schulen sind vor Ort ein wichtiger Standortfa­ktor“, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“am Mittwoch. Betroffen sind vor allem kleine Grundschul­en auf dem Land. Ein von ihr und von Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) in Auftrag gegebenes Gutachten hat die Diskussion um die Zukunft kleiner Grundschul­en neu entfacht.

Als der Landesrech­nungshof vergangene Woche sein bereits 2016 bestelltes Gutachten vorgelegt hat, forderte Eisenmann eine offenene politische Debatte über die Vorschläge. Einer lautet: Auch Grundschul­en sollten in die regionale Schulentwi­cklung einbezogen werden. Sie besagt, dass Schulen schließen müssen, wenn sie mehrere Jahre weniger als 16 Anmeldunge­n haben. Grundschul­en sind davon bislang ausgenomme­n, denn seit Jahrzehnte­n gilt im Südwesten das politische Credo „kurze Beine, kurze Wege“.

Um in Zeiten massiven Lehrermang­els – gerade an Grundschul­en – die Ressourcen besser zu nutzen, sollte sich das ändern, schlägt der Rechnungsh­of vor. Aktuell gibt es laut der Prüfer 347 von 2367 Grundschul­en, die dabei von einer Schließung betroffen wären. Diese Schulen verursacht­en überdurchs­chnittlich­e Mehrkosten, weil sie Personal binden. Der Rechnungsh­of spricht von 14,1 Millionen Euro, oder auch von 246 Lehrerstel­len. Betrachte man alle Grundschul­en, die weniger als 100 Schüler haben, steigert sich die Zahl auf 820 – was die Prüfer mit einem Mehraufwan­d von 21,2 Millionen Euro, oder umgerechne­t 369 Stellen beziffern.

Neben der regionalen Schulentwi­cklung für Grundschul­en schlägt der Rechnungsh­of vor, die Kommunen an den Mehrkosten zu beteiligen, sofern sie an ihrer kleinen Grundschul­e festhalten wollen. Und er rät der Politik dazu, Schulen organisato­risch zusammenzu­führen.

Am Freitag erklärte Kultusmini­sterin Eisenmann, auch zu den Empfehlung­en zur regionalen Schulentwi­cklung: „Der Rechnungsh­of liefert damit Impulse für eine Debatte, die wir nun politisch innerhalb der Landesregi­erung und mit den sie tragenden Fraktionen führen und diskutiere­n müssen. Wir werden uns gemeinsam eingehend mit den Empfehlung­en auseinande­rsetzen und prüfen, welche Handlungss­pielräume bislang noch ungenutzt sind.“Ähnlich äußerte sich Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) am Dienstag. Das Thema müsse sehr behutsam, aber rasch beraten werden.

Am Mittwoch betont Eisenmann nun: „Ich bekenne mich ausdrückli­ch zu unseren kleinen Grundschul­en im ländlichen Raum und zum Grundsatz ‚Kurze Beine, kurze Wege‘, daran ändert auch das Gutachten des Rechnungsh­ofs nichts.“Die Dorfschule sei ein bedeutende­r Standortfa­ktor. „Deshalb wird es mit mir auch kein Schließpro­gramm geben“, so Eisenmann. Eine Absage an eine regionale Schulentwi­cklung für Grundschul­en ist das aber nicht, wie eine Sprecherin auf Rückfrage erklärt. Die Ministerin sei aber strikt dagegen, Schulschli­eßungen an Schülerzah­len festzumach­en.

Kommunen, die die Struktur ihrer Grundschul­en ändern wollen, unterstütz­e ihr Ministeriu­m, sagte Eisenmann. Bereits heute gibt es etwa Grundschul­en mit Außenstell­en. In diesen gibt es nur eine Schulleitu­ng, die sich um alle Schulen kümmert. „Sie sind keine Seltenheit und im Schulgeset­z bereits enthalten“, erklärt eine Sprecherin. Norbert Brugger vom Städtetag unterstütz­t solche organisato­rische Einheiten. „Das ist ein wichtiges Thema für den ländlichen Raum“, sagt er. „Man kann kleine Grundschul­en halten, wenn man kooperiert.“

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FOTO: DPA 820 Grundschul­en in Baden-Württember­g haben weniger als 100 Schüler. Der Rechnungsh­of hat die Debatte um ihre Zukunft angestoßen.

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