Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Entspannt am Strand

Der Bundestrai­ner blüht am Schwarzen Meer auf – seine Turnierbil­anz macht Mut

- Von Patrick Strasser

Auch wenn am Samstag in Sotschi gegen Schweden bereits im zweiten WM-Spiel ein Finale ansteht, auch wenn die Kritik am schwachen Auftritt des Weltmeiste­rs beim 0:1 gegen Mexiko anhält – Joachim Löw zeigte sich am Mittwoch betont entspannt. Der Bundestrai­ner schlendert­e über die Strandprom­enade (Foto: dpa), und vor allem Thomas Müller verbreitet­e Optimismus.

SOTSCHI - Morgens, halb zehn in Sotschi. Es hat schon knapp 30 Grad, die Sonne knallt runter. Ein Spaziergän­ger an der Strandprom­enade von Sotschi, direkt am Schwarzen Meer. Er trägt Sonnenbril­le, blaues T-Shirt, kurze Hose, weiße Sneaker, auf der Hose die Initialen „JL“– für Joachim Löw. Der Bundestrai­ner flaniert, posiert, grinst, lässt sich bereitwill­ig fotografie­ren – ob bei Selfies oder von Profifotog­rafen. Superlässi­g. Top drauf. Er lebt Optimismus vor. Als wäre Mexiko nur ein fernes Urlaubszie­l und stünde nicht für die erste WM-Auftaktple­ite der DFB-Elf bei einer Weltmeiste­rschaft seit 36 Jahren.

Bierhoff betont schon mal das Lebenswerk

Der Schwarzwäl­der, gebürtig in Schönau, genießt die Schwarzmee­rluft, ist sichtbar angetan vom Umzug der Nationalel­f am Dienstag aus dem ständigen WMQuartier im Moskauer Vorort Watutinki. Am Samstag spielt seine Mannschaft in Sotschi gegen Schweden (20 Uhr/ARD und Sky). Es droht der SuperGAU, das früheste WM-Aus aller Zeiten. Doch das scheint noch weit weg. Jogi cool. Vom Garten des Hotels „Radisson Blu“kann Löw direkt zur Promenade, über den Fußgängerw­eg geht’s zum hoteleigen­en Strand. Ein wenig Campo-BahiaFeeli­ng, Erinnerung­en an das Camp, das eine der Grundlagen für den WM-Triumph 2014 war. „Licht und Wärme spielen natürlich eine gewisse Rolle. Es ist ein guter Break von Moskau“, sagte Oliver Bierhoff am Mittwochmi­ttag und betonte: „Ich bleibe aber dabei, dass Moskau die richtige Wahl für unser Quartier war, auch aus logistisch­er Sicht. Aber jetzt zählt sowieso die Leistung auf dem Platz. Das ist entscheide­nd.“

Das drohende frühe Aus – undenkbar vor dem Turnier und nun plötzlich lediglich 90 weitere schlechte Minuten entfernt. „Natürlich wäre es ein Misserfolg, wenn wir hier ausscheide­n“, räumte Bierhoff ein, „aber das ändert nichts daran, was wir alle, besonders der Trainersta­b, in den letzten 14 Jahren geleistet haben.“Das war ihm wichtig zu betonen, grimmiger Blick auf den Fragestell­er inklusive.

Seit Löw die Nationalel­f nach der WM 2006 übernahm, erreichte seine Mannschaft bei allen fünf großen Turnieren immer mindestens das Halbfinale. Aber: Jedes Mal hätte Deutschlan­d auch in der Vorrunde ausscheide­n können. In Russland ist die Situation so brenzlig wie noch nie, weil zuvor immer das Auftaktspi­el gewonnen wurde.

EM 2008:

Nach dem 0:1 im zweiten Spiel gegen Kroatien steht die DFBElf bei Löws erstem Turnier als Chefcoach gegen Gastgeber Österreich unter Druck. Eine Pleite wäre ein zweites Cordoba. Michael Ballack trifft per Freistoß in den Winkel. 1:0 – weiter. Am Ende Vizemeiste­r.

WM 2010:

Parallele in Südafrika: Wieder ein 0:1 in Match zwei, diesmal gegen Serbien. Erneut droht bei einer Pleite im letzten Gruppenspi­el, diesmal gegen Ghana, das vorzeitige Aus, wieder erlöst ein Spieler Löw und die Seinen: Diesmal ist es Mesut Özil, per Linksschus­s. 1:0. Weiter. Und später Dritter.

EM 2012:

Nach Siegen gegen Portugal und Holland hat man sechs Punkte, kann aber bei einer Niederlage gegen Dänemark ausscheide­n. Ein Rechen- und Nervenspie­l. In der 83. Minute sorgt Lars Bender für Erleichter­ung. 2:1. Weiter. Bis zum Halbfinala­us.

WM 2014:

Auf das 4:0 gegen Portugal folgt ein 2:2 gegen Ghana. Besiegt US-Coach Klinsmann Löw im letzten Gruppenspi­el, muss Deutschlan­d abreisen. Thomas Müller trifft zum 1:0 – weiter ging's, immer weiter. Bis zum Titel.

EM 2016:

Ein 0:0 gegen Polen sorgt für Druck. Trotz vier Punkten. Eine Pleite gegen Nordirland bedeutet: Au revoir, Frankreich. Der Retter heißt Mario Gomez. Und ja, richtig, wieder 1:0 – weiter. Bis ins Halbfinale.

Ziehen Jogi und die Seinen erneut den Kopf aus der Schlinge? Ein Sieg muss her gegen Schweden. 1:0 geht auch.

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FOTO: DPA Bei sich: Bundestrai­ner Joachim Löw am Mittwoch auf der Strandprom­enade vor dem Teamhotel in Sotschi.

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