Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Lebbe geht weider
Erinnert sich noch jemand an den Fußballtrainer Dragoslav Stepanovic, das sympathische Schlitzohr mit dem Zigarillo im Mundwinkel? Als die Frankfurter Eintracht, sein Team, einst 1990 in Rostock den Meistertitel vergeigte (und so dem VfB die Schale überließ), reagierte er souverän. Während einer seiner Kicker eine Fernsehkamera zertrat, strich sich der Coach durchs lange Haar, gratulierte den Stuttgartern und sprach drei weise Worte: „Lebbe geht weider.“
Gewiss kennt Spaniens Ex-Premier Mariano Rajoy den hessischen Serben nicht. Auch ist der Verlust einer parlamentarischen Mehrheit natürlich nicht annähernd so schlimm wie ein verspielter Titel, Rajoy beendete aber dennoch prompt seine Politkarriere – und somit auch seinen Kampf gegen den abtrünnigen Katalanen Carles Puigdemont. Auf die Frage, welche Tipps er für seinen Nachfolger hätte, erklärte Rajoy: „Keine. Das Leben geht weiter.“
Gestern ging für den 63-Jährigen das Berufsleben weiter – im Grundbuchamt von Santa Pola. Vor 28 Jahren hatte sich Rajoy dort beurlauben lassen, nun trat er seine Stelle wieder an. Nervös sei er nicht, sagte Rajoy. Warum auch? In zwei Jahren geht er in Rente, und im Fernduell mit dem weiter mit Haftbefehl gesuchten Katalanen hat er es auch klar besser getroffen: Puigdemont soll soeben von Berlin ins verregnete Hamburg umgezogen sein, Rajoy arbeitet im Surferparadies an der Costa Blanca, einem hübschen Badeort, in dessen Salzlagunen Flamingos heimisch sind. Geöffnet hat das Grundbuchamt täglich von 9 bis 17 Uhr, natürlich nur an Wochentagen.