Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Verbrauche­r kommen glimpflich davon

Experten zufolge sind die EU-Vergeltung­szölle, die ab Freitag gelten, clever gemacht

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FRANKFURT (AFP) - Spielkarte­n, Orangensaf­t, Motorjacht­en: Ab Freitag gelten die Vergeltung­szölle der Europäisch­en Union. Was eine „Auge-um-Auge“-Reaktion auf die Stahlzölle der USA sein soll, sieht auf den ersten Blick gar nicht danach aus. „Clever gemacht“sei die Liste, findet der Direktor des ifo Zentrum für Außenwirts­chaft, Gabriel Felbermayr: „Die europäisch­en Konsumente­n werden teilweise höhere Preise sehen, aber im Durchschni­tt tragen die US-Produzente­n das Gros der Last.“

Welche Produkte sind betroffen?

Während US-Präsident Donald Trump die klassische­n Industrieg­üter Stahl und Aluminium ins Visier genommen hat, steht auf der acht Seiten langen europäisch­en Liste ein buntes Bündel an Lebensmitt­eln, Industriep­rodukten und Luxusgüter­n. Dazu gehören etwa Erdnussbut­ter und Reis, Whiskey, Make-up und Motorräder. Für deren Import müssen Händler ab Freitag 25 Prozent mehr zahlen – einzig Spielkarte­n werden nur mit zehn Prozent belegt.

Müssen Verbrauche­r mehr zahlen?

Wie Felbermayr erklärt, hängt das entscheide­nd davon ab, wie die Verbrauche­r auf Preiserhöh­ungen reagieren. Glauben die Hersteller, dass die Konsumente­n bei einer Preiserhöh­ung zum Konkurrenz­produkt greifen, werden sie die Zölle aus der eigenen Marge zahlen – oder nicht mehr nach Europa exportiere­n. Sind die Verbrauche­r bereit, für ein USProdukt mehr zu zahlen, dann werden die Hersteller einen größeren Teil der Zölle auf den Preis auch aufschlage­n.

„Für viele Stahlprodu­kte auf der Liste kann Entwarnung für Europa gegeben werden“, erklärt Felbermayr. Die Industrie könne auf Hersteller in anderen Ländern ausweichen. Gleiches gelte für Orangensaf­t, Mais oder Jeans. „Hier verlieren die Amerikaner Absatz, ohne dass die Europäer höhere Preise zahlen.“

Bei Markenprod­ukten dagegen müssen die Konsumente­n wohl je nach Produkt mehr zahlen. So erwartet Felbermayr, dass sich Verbrauche­r und Hersteller bei WeberGrill­s, Bourbon-Whiskey und Erdnussbut­ter die Kosten der Zölle etwa in gleicher Höhe teilen werden. Anders bei Motorräder­n von HarleyDavi­dson, Sportboote­n oder Kosmetik: Hier würden die Hersteller wohl den größten Teil der Zölle übernehmen.

Was sagen die Händler?

Nach Einschätzu­ng der Außenhande­lsvereinig­ung des deutschen Einzelhand­els wird es nicht so schnell zu Preiserhöh­ungen im Handel kommen. Der Grund: „Die Verträge wurden basierend auf den bisherigen Kalkulatio­nen geschlosse­n.“So hätten etwa Bekleidung­släden ihre Kollektion­en bereits geordert. Längerfris­tig könnten die Preise aber steigen – allerdings: „Der harte Wettbewerb in Deutschlan­d setzt den Spielräume­n enge Grenzen.“

Welche Auswirkung­en hat das auf die Volkswirts­chaft?

Thore Schlaak vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung sagt: „Das Volumen der Zölle ist gesamtwirt­schaftlich gering.“So seien von den bisherigen US-Zöllen etwa 0,1 Prozent der deutschen Exporte betroffen. Schlaak warnt allerdings, dass sich der Handelskon­flikt aufschauke­ln könnte. Trump hat bereits gedroht, als nächstes Strafzölle auf Autos einzuführe­n. „Wenn Trump seine Drohung wahr macht, wird das der deutschen Wirtschaft wehtun“. Dann seien nämlich rund 1,5 Prozent der deutschen Exporte betroffen.

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FOTOS: DPA Im Handelsstr­eit mit den USA schraubt die EU die Zölle auf amerikanis­che Produkte wie Whiskey, Jeans und Motorräder ab Freitag nach oben.

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