Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zeugen aus Albanien sollen erscheinen

Ton im Erbacher Angelsee-Mordprozes­s wird schärfer

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ERBACH (dkd) - Der Ton zwischen Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­rn im Mordprozes­s, dessen Tat an einem Erbacher Angelsee spielt, wird schärfer. In der Diskussion um die Vernehmung von Mutter und Bruder des Mordopfers sowie in Sachen Mordmotiv (Blutrache) verhärten sich die Fronten. Zumindest, was die Vernehmung weiterer Zeugen aus Albanien angeht, scheint Bewegung in den Fall zu kommen.

Die für den Nachmittag angesetzte Videoverne­hmung der Mutter und des Bruders des Mordopfers ist am Mittwoch erneut verschoben worden. Ein Arzt hatte den beiden Zeugen aufgrund psychische­r Belastung ein Attest ausgestell­t. Die Mutter habe bereits vor dem Leichenfun­d einen Zusammenbr­uch erlitten und in einem Krankenhau­s behandelt werden müssen. Zudem befänden sich beide Zeugen in einem entspreche­nden Schutzprog­ramm. Deswegen plädierten die Staatsanwa­ltschaft und der Vertreter der Nebenkläge­r für eine Videoverne­hmung. Dem wollten die Verteidige­r jedoch nicht zustimmen.

Verteidige­r bemängeln Attest

Zudem bemängelte­n sie das Attest. „Das Attest ändert nichts an der Sachlage. Wir haben keine Diagnose und keine Begründung. Das ist von einem Hausarzt, da haben wir gar nicht die Qualifikat­ion. Wir brauchen da schon einen Facharzt und nicht jemanden, der zwei oder drei Zeilen schreibt“, so Verteidige­r Dirk Meinicke, der zudem erneut das Mordmotiv und die Gefährdung­ssituation der Zeugen anzweifelt­e und auf das Konfrontat­ionsrecht pochte.

Bei dieser Aussage platzte Oberstaats­anwalt Christof Lehr ein wenig der Kragen. „Mit genau dieser Begründung ,keine Gefährdung durch Blutrache‘ ist der Asylantrag des Mordopfers abgelehnt worden. Heute ist er tot. Der Bruder wird in Kürze 18 Jahre alt“, so Lehr. Bei einer Videoverne­hmung sehe und höre die Kammer den Zeugen. Die Wahrheitsf­indung werde hier, so Lehr, nicht behindert. Dem entgegnete Meinicke, dass Zeugen belastende Aussagen leichter treffen würden, wenn sie nicht im selben Raum mit dem Beschuldig­ten seien. Nach rund einer Dreivierte­lstunde Beratung entschied sich die Kammer, die psychologi­sche Situation der Zeugen durch ein Expertengu­tachten klären zu lassen, sofern diese zustimmen.

Die Diskussion um die Videoverne­hmung brachte erneut den Punkt auf den Tisch, in welcher Form im Ausland lebende Zeugen befragt werden sollen. Diese sollen, laut Kammer, Licht in die Vorgeschic­hte der Tat in Deutschlan­d bringen. Außer dem wegen eines Tötungsdel­ikts inhaftiert­en Onkel des Opfers sollen auch zwei Mitglieder einer albanische­n Spezialein­heit in Ulm aussagen, die sich explizit mit organisier­tem Verbrechen und Blutrache beschäftig­en.

Generell gestaltet sich die Zeugenbefr­agung in dem Fall schwierig. Von fünf für die Fortsetzun­g am kommenden Mittwoch geladenen Zeugen ist einer abgeschobe­n worden, einer zwischenze­itlich verstorben und einer unauffindb­ar.

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