Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wenn es auf Knopfdruck windstill wird
Laupheimer Hubschrauber-Besatzungen üben in einem besonderen Simulator
LAUPHEIM (jem) – Der starke Wind lässt Retter und Patienten am Windenseil rotieren. Der „Winch-Operator“reduziert die Geschwindigkeit seiner Winde. Sekunden später ist das Team an Bord des Helikopters, der immer noch mit starken Scherwinden zu kämpfen hat. Aber auf Knopfdruck ist es plötzlich windstill. Der Lärm der Rotorblätter ist verschwunden, es war kein Ernstfall. Die Zelle des Luftfahrzeuges hängt an 16 Stahlseilen ruhig in der Luft – 15 Meter über dem Boden und fünf Meter unter der Decke der Ausbildungshalle des „Bergwacht-Zentrums für Sicherheit und Rettung (BW-ZSA) in Bad Tölz – da wo Laupheimer Soldaten gerade üben konnten.
Unzählige Übungsmöglichkeiten
Die 1500 Quadratmeter große Halle bietet unzählige Übungsmöglichkeiten. Das besondere Highlight sind aber die zwei frei beweglichen Hubschraubersimulatoren. So wird in einer kleinen Zelle ein typischer Rettungshubschrauber dargestellt, während in der großen sogenannten „Mockup-Zelle“die Sikorsky CH-53 der Laupheimer Soldaten wie gewohnt simuliert werden kann. Türgröße, Position der Winde, Windenbedienung – alles entspricht dem Original. „Das Gefühl eines realen Hubschrauberfluges wird durch eine ausgeklügelte Kran- und Steuertechnik vermittelt“, bestätigt der für den Windenbetrieb zuständige Oberstabsfeldwebel. „Das realistische Fluggefühl und die bewegliche Zelle lösen ein Gefühl von Realität aus.“
Amtshilfe im Katastrophenfall
Die Kampfretter des Hubschraubergeschwaders 64 üben an diesem weltweit einzigartigen Simulator die Berg- und Luftrettung mit Hubschraubern. Nicht nur um Kameraden in Einsatzländern zu retten, sondern auch, um im Rahmen des Heimatschutzes der einheimische Bevölkerung zum Beispiel bei Naturkatastrophen Hilfe leisten zu können.
Denkbare Szenarien wären Amtshilfe bei Hochwasser und Lawinenabgängen, wo die Bundeswehr auch im Inland eingesetzt werden kann. Die Kampfretter sind einsatzerprobt und kennen widrige Bedingungen aus Afghanistan. Das Abseilen aus Hubschraubern gehört zu ihrem Handwerk und der Abwind
des Hubschraubers (Downwash) durch die Rotorblätter, oder wie hier durch große Ventilatoren simuliert, stört sie nicht. „Die Routine darf nicht zur lässig gehandhabten Normalität werden“, so ein Kursteilnehmer. „Für jeden Einsatz müssen wir uns über das Risiko bewusst sein. Die Höhe, der Wind, der Lärm – all das wird hier dargestellt und schult unser Risikobewusstsein“.
„Die Ausbildung hier in Bad Tölz ist umweltfreundlich, kostengünstig, zuverlässig, effizient und realistisch“,
erklärt der für die Ausbildung zuständige Oberstabsfeldwebel. „Und wir versuchen der Bergwacht auch etwas zurück zu geben.“So haben sich die Laupheimer Soldaten bereit erklärt, das Ausbildungszentrum an Wochenenden als Übungsleiter personell zu unterstützen, damit mehr zivile Rettungskräfte ausgebildet werden können. Ein Ausbilder: „Trotz der hohen Einsatzbelastung wird unser ziviles Engagement von unseren Familien ohne Wenn und Aber unterstützt.“