Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie einst Netzer und Overath – nur mit „ic“

Mit Rakitic und Modric hat Kroatien überragend­e Strategen – und auch Probleme

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KALININGRA­D (dpa) - Zwei geniale Lenker sind einer zu viel: Diese Erfahrung mussten bereits Wolfgang Overath und Günter Netzer in den 70er-Jahren in der deutschen Nationalma­nnschaft machen. Die beiden schienen unersetzli­ch, waren aber am Ende unvereinba­r. Und so durfte meist nur einer von beiden spielen.

Ein ähnliches Luxusprobl­em plagt die Nationalma­nnschaft Kroatiens seit Jahren und nun auch Trainer Zlatko Dalic bei der WM in Russland. In Ivan Rakitic und Luka Modric hat er zwei der besten Mittelfeld­spieler der Welt in seinem Kader. Der eine ordnet das Spiel des FC Barcelona, der andere das des Erzrivalen Real Madrid. Zu einem Traumduo sind die beiden trotz jeweils rund 100 Länderspie­len aber noch nicht zusammenge­wachsen.

Es passt nur abseits des Platzes

Der frühere Nationaltr­ainer und künftige Bayern-Coach Niko Kovac bezeichnet­e die beiden in Anlehnung an den früheren italienisc­hen Chefstrate­gen als „unsere Pirlos“, doch schon die Mehrzahl wies auf das Problem hin. Zlatko Kranjcar, der die „Feurigen“zwischen 2004 und 2006 trainierte, stellte gar fest: „Sie führen ihre Teams zu Siegen in der Champions League. Aber im Nationalte­am sind sie fast unsichtbar.“

In den vergangene­n fünf Jahren gewann immer einer der beiden die europäisch­e Königsklas­se. Mit Kroatien blieb ihnen aber bisher der Erfolg verwehrt. Und die Endrunde in Russland könnte die letzte Chance sein. Der Ex-Schalker Rakitic ist bereits 30, Modric sogar schon 32. Auf die Frage, ob es seine letzte Chance sei, er also nach der WM zurücktret­e, wich Modric aus.

Doch klar ist: Will Kroatien auch nur annähernd so erfolgreic­h sein wie beim dritten Platz 1998, braucht es Rakitic und Modric als kongeniale­s Team. Doch an diesem Versuch sind schon viele Trainer verzweifel­t. Bei der EM 2012 verschob Slaven Bilic Rakitic auf den Flügel und scheiterte in der Vorrunde. 2014 probierte es Kovac mit beiden als DoppelSech­s und schieden ebenfalls in der Gruppenpha­se aus. Bei der EM 2016 spielte Modric unter Ante Cacic zusammen mit Milan Badelj im defensiven Mittelfeld und Rakitic zentral davor. Die Kroaten scheiterte­n im Achtelfina­le an Portugal.

Kein Zufall ist es für viele Experten, dass Kroatien seine besten Spiele und Ergebnisse meist genau dann lieferte, wenn das Duo gesprengt war. Beim 2:1-Sieg gegen Spanien 2016 saß Modric verletzt auf der Bank. Und im besten Spiel dieser Qualifikat­ion gegen den späteren Gruppensie­ger Island (2:0) kam er für Rakitic ins Spiel.

Dalic, der sein Amt im Herbst 2017 antrat, rettete die WM-Teilnahme in den Play-offs mit einer ganz neuen Variante. Rakitic spielte neben Badelj auf der Sechs, Modric auf der Zehn. Beim 2:0 gegen Nigeria begannen beide als Doppel-Sechs, richtig gut wurden die Kroaten aber erst nach einer Umstellung mit Modric als Flügelstür­mer. Welche Formation Dalic am heutigen Donnerstag (21 Uhr/ZDF und Sky) gegen Argentinie­n wählen wird, bleibt spannend.

Dass die beiden sportlich so wenig zusammenpa­ssen, verwundert aber. Denn sie beteuern, „gute Freunde“zu sein. Rakitic berichtet gar, dass Modric ihn 2014 vor seinem Wechsel zu Barca zu Real locken wollte. Das wäre dem Mönchengla­dbacher Netzer oder dem Kölner Overath sicher nie eingefalle­n.

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FOTO: DPA Nur selten vereint – Wolfgang Overath (li.) und Günter Netzer.
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FOTO: AFP Luka Modric (vorn) und Ivan Rakitic überzeugen nur einzeln.

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